Tannöd
Der Mordfall Hinterkaifeck
1922
6 Menschen werden auf einem abgelegenen Bauernhof in Bayern erschlagen. Bis einschließlich heute, ist der Fall ungelöst, auch wenn es inzwischen mehrere Menschen gibt, die die Lösung des Falls für sich beanspruchen. Da es aber völlig verschiedene „Auflösungen“ sind, erkennt man wie Komplex dieser Fall gewesen ist. Tatsächlich ist und bleibt der 6-fach Mord verworren, mysteriös und geheimnisvoll. Einmal der Umstand, dass für den Täter eine ungemeine Ortskenntnis notwendig war, weshalb man einen zufälligen Raubmord eher ausschließen kann aber auch der seltsame Fakt, dass die Tiere über mehrere Tage nach dem Mord, mit Futter versorgt wurden, sorgt für bizarre Ungereimtheiten. Warum blieb der Täter am Hof? Was hat es mit der Zeitung auf sich, die zwar gefunden wurde aber niemandem gehörte? Wieso gab es Spuren im Schnee, die zum Hof führten, aber nicht mehr von dort weg? Warum wurden alle Leichen abgedeckt?
2006
Die Autorin Andrea Maria Schenkel nimmt den Mord als Grundlage für den Roman „Tannöd“ in dem sie Ort, Zeit und die Namen der Menschen ändert und um einige fiktive Dinge erweitert. Dennoch ist der klare Bezug auf den Originalfall zu erkennen. Der Roman hatte sich über 1 Million mal verkauft, was das Interesse an dem Fall neu entfachte.
2007
15 angehende Polizisten der Dienststelle Fürstenfeldbruck, wählten das Thema für ihre Abschlussarbeit aus und ermittelten in dem alten Fall. Die 2009 erschienene Dokumentation „Hinterkaifeck – Die wahre Geschichte hinter Tannöd“, greift diese Arbeit auf.
2009
Regisseurin Bettina Oberli verfilmte den Roman mit Julia Jentsch und Monica Bleibtreu in den Hauptrollen. Der Film spielt, wie der Roman, Anfang der 50er Jahre und unterlässt ebenfalls den Bezug zu echten Namen und Örtlichkeiten, verpackt aber unglaublich viele Fakten und gängige Theorien im Film. Wenn man sich mit dem Fall ein wenig auskennt, hat man als Zuschauer wahrscheinlich gewisse Vorteile, da man sonst viele Feinheiten im Film gar nicht erst erkennt. Aber auch „Einsteiger“ können mit „Tannöd“ viel Freude haben, wenn man düstere Mystery-Thriller mag, die irgendwie den skandinavischen Hauch des „Nordic-Noir“ atmen. Die Atmosphäre ist fantastisch eingefangen und die graublauen Töne aus der Vergangenheit unterstützen das Ambiente maßgeblich. Der Film spielt nämlich in 2 Zeitebenen. Einmal in der Mordnacht und eben 2 Jahre später. Die Wechsel der Ebenen sind immer sehr gut eingebracht und wohl dosiert. In der Mitte verliert der Film dann kurzzeitig etwas das unheilvolle Ambiente, wenn es sich den eher dörflichen Gegebenheiten widmet, aber er findet den Weg zurück. Die musikalische Untermalung unterstützt den Film unaufdringlich, aber sehr gekonnt und trägt einen guten Anteil zur Atmosphäre bei. Vielleicht auch deshalb die Nähe zum Nordic Noir, da sie von dem Schweden Johann Söderqvist stammt. Insgesamt also für mich ein sehenswerter Film, der auf ruhige Bilder setzt, eine Mischung aus Fakten und Fantasie präsentiert und die Ereignisse respektvoll und ohne allzu reißerische Bilder schildert. Im gleichen Jahr ist noch ein weiterer Film zum Thema, „
Hinter Kaifeck“, in die Kinos gekommen.
2024
Der Fall ist weiterhin ungeklärt, aber inzwischen sind weitere Theorien aufgetaucht, die zum Teil völlig abstrus, aber zum Teil auch wieder sehr interessant sind. Im Ort Waidhofen, in der Nähe des ehemaligen Bauernhofs, bietet das Gasthaus Bogenrieder regelmäßig eine Führung inklusive Fackellauf zum Ort des Geschehens an, was man zusammen mit einem 3-Gänge Menü buchen kann. Da ich nicht mal 1 Autostunde entfernt wohne, ziehe ich das mal in Erwägung. Aber auch 102 Jahre nach dem Mord, bleibt der Fall letztendlich ungeklärt und hinterlässt weiterhin lediglich Spuren, Geheimnisse, Mysterien und Theorien. Die Wahrheit wird man wahrscheinlich nie mehr erfahren.