AW: Pans Labyrinth
Kritik von LivingDead
Pans Labyrinth
Auszüge aus meiner
ofdb.de - Kritik:
Guillermo Del Toro sagt über seinen Film, er habe ein Märchen für Erwachsene machen wollen. Ein Märchen für Erwachsene. Und dennoch hat dieser Film weniger mit den Gebrüdern Grimm gemeinsam, als man vermuten möchte; obwohl ständig Fabelwesen wie Feen, Pane oder auch Prinzessinnen vorkommen, denn „Pans Labyrinth“ ist im Endeffekt eher ein Kriegs-Drama, angereichert mit fantastischen Elementen, als es umgekehrt der Fall ist.
Guillermo Del Toro („Blade 2“) zeigt mit diesem Film, dass er weitaus mehr kann, als nur Horrorfilme oder Actioner zu drehen. Er präsentiert mit „Pans Labyrinth“ seinen bisher stärksten und reifsten Film; und zugleich eine ergreifende Parabel auf die Hoffnung, die Träume und die Unschuld, welche von der kleinen Ofelia ausgeht.
Ofelia, erstaunlich feinfühlig dargestellt von der 13-Jährigen Ivana Baquero, ist dabei Haupt- und Angelpunkt der Handlung. Sie ist komplett gefangen in der Welt der Märchen, in denen es von Feen und Prinzessinnen nur so wimmelt. In Anbetracht der grausamen Realität verschwimmen für sie die Grenzen des Fiktiven mit der Wahrheit von mal zu mal. Del Toro schreckt dabei auch nicht vor sehr brutalen und blutrünstigen Szenen zurück, welche völlig unerwartet und äußerst explizit gezeigt werden. So zerschmettert der Hauptmann in einer Szene mit einer Flasche das Gesicht eines armen Bauern, oder wir werden Zeugen von Folterungen, Verstümmelungen und einer äußerst blutigen Geburt. Wer jetzt aufschreckt, dem sei gesagt, dass auch Grimmsche Märchen von Gewalt durchzogen waren und die Grausamkeiten ebenso wie bei diesem Film fester Bestandteil der Geschichten sind und niemals dem Selbstzweck verfallen. Und nochmals: Für Kinder ist der Film definitiv nicht geeignet.
Doch auch in Ofelias Traumwelt spiegelt sich dieser Aspekt wider. So begegnet sie dort dem Kinder fressenden Pale Man, welcher durch die Habgier des kleinen Mädchens zum Leben erweckt wird, und seine Augen in den Händen trägt. Eine wahrlich schaurige Szene, welche einmal mehr deutlich macht, dass Ofelia selbst in ihrer Traumwelt stets von Gewalt und Ängsten umgeben ist, denen sie sich stellen muss.
Del Toro beweist hier erstmals seinen Feinsinn für das sensible Geschichtenerzählen und präsentiert überzeichnete, aber nichtsdestotrotz äußerst glaubwürdige und greifbare Charaktere, welche sich komplett in die magische Geschichte einverleiben. Dazu tragen auch die durchweg sehr guten Schauspielleistungen bei.
„Pans Labyrinth“ ist ein schwieriges, aber nichtsdestotrotz fantastisches Erlebnis. Das heißt nicht, dass er jedem gefallen wird. Vor allem das Mainstream-Publikum wird dem Film nicht viel abgewinnen können, denn leichte Kost ist Del Toros beeindruckendes Horror-Märchen beileibe nicht. Und dennoch: Wer sich wieder einmal an die grausamen Märchen alter Kindheitstage erinnert fühlen, oder einfach nur einem magischen und selten gewordenem Filmerlebnis beiwohnen möchte, dem sei „Pans Labyrinth“ wärmstens empfohlen.
9/10