AW: Outlander
Outlander
Wer hin und wieder einen Blick in meine kleinen (oder manchmal doch etwas größeren) KKs wirft, der könnte unter Umständen wissen, dass ich hier und da eine Schwäche für Trash aufzuzeigen pflege. Diese erstreckt sich zwar eher auf Horror- und SF-Filme aus der guten, alten Zeit (also 50er bis, sagen wir mal, frühe 1980er Jahre), aber hin und wieder fällt auch eine größere und aktuellere Hollywood-Produktion in mein Beuteschema. So auch gestern abend geschehen, als „Outlander“, der irgendwann mal auf meine Leihliste gesetzt worden war, unversehens im Player landete. Über die Handlung wusste ich nur wenig; „Aliens und Wikinger“ schien mir seinerzeit Grund genug, den Film überhaupt auf die Liste zu packen. Und mit neutralen Erwartungen ging ich flugs ans Werk.
Zum Inhalt (hi hi) schreibe ich mal nichts, da oben eigentlich schon alles steht, was man wissen muß (und die KK soll ja auch nicht
zu lang werden).
James Caviezel ist dabei, ein ähnliches Schicksal wie Kollege Adrien Brody zu erleiden: mit einer einzigen Rolle in aller Munde, und danach auf dem besten Weg, in völliger Bedeutungslosigkeit zu versacken. Das ist recht schade, denn James „Für Mel Gibson habe ich aramäisch gelernt, und nun kann ich auch wikingerisch“ Caviezel ist ein recht sympathischer Typ, der jedoch mit seinem Außerirdischen Krieger/Familienvater/Siedler/Schiffbrüchigen Kainan entweder völlig über- oder bemerkenswert unterfordert sein dürfte (so genau weiß ich das nicht, jedenfalls ist er für die Rolle schlicht eine totale Fehlbesetzung), was aber eigentlich auch nicht so richtig wichtig ist, denn mit großen Darstellerleistungen will so ein Film vermutlich auch gar nicht glänzen.
So schwelgt man erst einmal in ganz ansehnlicher Ausstattung, die durchaus einen vernünftigen Eindruck macht. Leider macht irgendwann mal einer den Mund auf, und da haben wir das erste ganz große Problemchen des Films: die Dialoge. Die sind, mit Verlaub, das so ziemlich bescheuertestesteste, das mir seit langem untergekommen ist. Von Wandlungen wie „
heute Vormittag werden wir dich vierteilen, aufspießen, zu Tode kitzeln, kochen und aufessen, aber wenn das nicht klappt, machen wir dich morgen zum König“ ganz zu schweigen. Abziehbild-Wikinger gegen einen Abziehbild-Helden wider Willen, der natürlich ein großes Trauma und letzten Endes selbst schuld an seinem Verlust hat (wer da eine feine Zivilisationskritik sehen mag, dem sei dies gestattet, obwohl ich bezweifle, dass diese mehr als ein Versehen ist). Das ist alles so doof, dass es Spaß macht. Denn im Gegensatz zu Fantasy-Vollschund wie dem „Kampf der Titanen“-Remake ist es in „Outlander“ vor allem die verbissene Ernsthaftigkeit, mit der alle Beteiligten ihre strunzdämlichen Charaktere verkörpern. Keine Spur von Eigenironie (die bei einer so komplett blöden Handlung eigentlich unumgänglich sein sollte), und
das macht „Outlander“ eben doch amüsant: die unfreiwillige Komik, die von den ersten Filmminuten anhält und bis zum Schluß nicht abklingen mag. Ganz und gar ohne Zweifel unbeabsichtigt, aber das macht die Sache nur noch lustiger und „Outlander“ zu einem perfekten „Party“-Film, der mit reichlich Bier und in geselliger Runde für allerlei Vergnügen sorgen dürfte. Allein Kainans erster Auftritt in seiner Bärenfell-Stola (frisch gepflückt vom Bärenfellbaum) ist zum Niederknien. Ok, das Ding ist eine Weste, aber es
sieht aus wie eine Stola.
Die rund 50 Mio. Dollar, die in den Film gepumpt worden, sind ein für Hollywood-Verhältnisse vergleichsweise geringes Budget, und diese wurden offenbar hauptsächlich in die Ausstattung und Effekte investiert. Erste ist, wie schon bemerkt, ordentlich, die Effekte wissen im Großen und Ganzen auch zu gefallen (von ein paar wirklich üblen Blue Screen-Einstellungen abgesehen, die man schon vor 30 Jahren besser hinbekommen hat), aber es fehlen irgendwie die „Aha“-Effekte. Das Viech bzw. die Viecher schauen nett aus, als hätte man das Alien mit irgendeinem Ding aus „Final Fantasy“ gekreuzt. Wirklich unheimlich wird das Tierchen dadurch aber nicht. Dafür geizt man nicht mit Kunstblut, welches endlich wieder mal echte Suppe und keine binäre, undefinierbare Masse aus dem PC ist.
Die Musik, aus irgendeinem Hans-Zimmer-Klon-Labor geklaut, ist so dermaßen heroisch und pathetisch, dass man sich ein Grinsen auch nur selten verkneifen kann. Man muß schon gesehen bzw. gehört haben, wie ernst und voller Heldenmut es klingen kann, wenn wackere Nordmänner ein Loch buddeln. Episch.
Schauspielerisch tut sich nicht viel: Ron Perlman holt sich seinen Scheck ab, als König hat man immerhin John Hurt gewinnen können, und James Caviezel weiß einfach nichts mit sich und seiner Rolle anzufangen. Keine Ausfälle sichtbar; weder nach oben noch nach unten. Die Wikinger sind so, wie man es erwarten würde: saufen und raufen, wobei sie zweiteres erstmal von Kainan lernen müssen, der ihm zeigt, wie man ein richtiges Schwert zu schmieden hat; und nicht diese popligen Zahnstocher, mit denen die Nordmänner sich für gewöhnlich eins auf die Ömme geben.
Wie gesagt, „Outlander“, im Kino gefloppt, ist schwergewichtiger Trash der gehobenen Art. Trash in der Königsklasse, könnte man sagen. Er zieht seine Faszination vor allem daraus, dass er so dermaßen bierernst daherkommt, dass man meinen möge, alle Beteiligten hätten eine Dokumentation drehen wollen; mindestens für den Nobel-Preis. Aber am Ende hat’s dann doch nur für’s Lokalfernsehen gereicht.
„Outlander“ schaut gut aus und macht irre viel Spaß, aber er ist so dermaßen blöde (und weiß dies nicht), dass es schmerzt (noch blöder ist eigentlich nur „Pathfinder“, der schaut sogar einen Ticken besser aus, ist aber selbst unter Amüsement-Aspekten unerträglich).