Vielleicht ist mir die von dir erwähnte Zähigkeit nicht so extrem aufgefallen, da ich mich, gerade zur ersten Hälfte auf dem Jahrmarkt wirlich an den Sets und dem tollen Szenenbild nicht satt sehen konnte. Besonders hat mir hier gefallen das vieles, so schien es mir jedenfalls, nicht per CGI erzeugt wurde, sondern tatsächlich physikalsich gebaut wurde. Inszenatorisch fand ich den ganzen Film gut, aber vom Setdesign her hat mir sogar die erste Hälfte deutlich besser gefallen!
Was mich mal interessieren würde wie Du generell den Look des Filmes fandes. Der Film spielt ja in den 1940ern und hin und wieder, gerade bei aktuellen Produktionen, wirken diese Filme nicht authentisch und meist sogar etwas künstlich. Dieses Gefühl hatte ich bei Nightmare Alley nicht! Das sah für mich alles recht rund aus.
Ich fand das Setdesign ebenfalls hervorragend, weshalb ich ja auch der ersten Hälfte (trotz meines Hinweises betreffend „Zähigkeit“) sehr viel abgewinnen konnte. Zu diesem Punkt hatte ich eine große Erwartungshaltung an den Film, weil ich von Guillermo del Toro erwartete, dass er hier „alles gibt“. Zuletzt hatte mich hier „Shape of Water“ überzeugt. Wenn ich dort alleine schon an die erste halbe Stunde denke: Augenschmaus pur!
Auch dort waren ja das Setdesign und die Optik TOP! So etwas ist für mich ein entscheidender Faktor, warum ich Kino so liebe. Natürlich sind auch die Geschichten selbst, die Dramaturgie, das Schauspiel, Spannung, Emotionen, Sound, Story-Wendungen, Inhalte zum Nachdenken …. weitere wichtige Faktoren, aber die Optik gehört für mich ganz vorne dazu. Ich fotografiere ja auch sehr gerne. Deshalb sind mir die visuellen Aspekte von Filmen sehr wichtig.
Den Look von „Nightmare Alley“ fand ich entsprechend klasse! Bei mir kam die Darstellung der Zeitepoche auch nicht künstlich, sondern authentisch rüber. Und der Jahrmarkt bot ja hier einiges. Auch die Räume und Locations in der zweiten Hälfte überzeugten hier.
Das klingt auf jeden Fall interessant. Mich würde hier einmal interessieren, hättest du das Original zuvor gesehen, wie im direkten Vergleich das Remake weg kommt bei Dir. Hat es eine Daseinsberchtiung oder profitiert der Film davon, das hier das Orignal nicht so bekannt ist und man daher das Remake so gut findet?
Diese Frage stelle ich mir halt immer wieder. Wenn ich das Original im Vorfeld bereits kenne ist es häufig so das ich das Remake sehr schlecht finde! Manchmal, was allerdings sehr selten der Fall ist, finde ich dann das Remake aug gut, da es einen anderen Ansatz verfolgt. Aber in 80% aller Fälle, meiner Meinung nach, braucht man das Remake eigentlich nicht. Ich hatte zumindest nach meiner Kinosichtung die Hoffnung das hier Guillermo del Toro einen anderen Ansatz verfolgt hat und das Remake daher anders ist.
Deine lobenden Worte zu Original machen mich nun aber jedoch sehr stutzig und ich könnte mir vorstellen, das ich meine Meinung zum Remake nochmal änder werde/muss.
Grundsätzlich muss man sagen, dass das Remake sehr starke Parallelen zum Original aufweist. Vieles ist direkt wieder erkennbar, man könnte schon fast sagen: manches wird zitiert. Ich würde sagen, der verfolgte Ansatz ist auf jeden Fall der gleiche. Natürlich gibt es auch ein paar Abweichungen, so z.B. auch die Schluss-Szene.
Insgesamt lässt sich del Toro sehr viel mehr Zeit für die Einführung. Die Episode zum sterbenden Vater gibt es hier auch nicht. Der Hauptpart um Ezra Grindle wird - wie schon geschrieben - im Original etwas zu schnell abgehandelt. Dafür fand ich die Szene im Park, als Molly, die Frau des „Mentalisten“(hier: Tyrone Power), als frühere Geliebte von Grindle erschien, athmosphärisch super!
Auf jeden Fall hat der neue Film seine Daseinsberechtigung, zumal er knapp 75 Jahre später andere Sehgewohnheiten bedient und alleine schon wegen der technischen Möglichkeiten nochmal ein anderes Kindoerlebnis beschert. Ich muss sagen, ich bin schon dafür dankbar, dass man durch den neuen Film überhaupt auf diesen Stoff und das Original hingewiesen wird!
Schon das Original sieht phantastisch aus! Auch hier ist das Setdesign toll, was ja nicht verwundert, wenn ein Film, der in den 40er spielt, in den 40ern gedreht wurde.
Es kommen tolle S/W-Bilder und Einstellungen dazu. Ich denke auch, dass der Film einen guten Platz im Ranking des „Film Noir“ hat. Er wird dort offensichtlich als Klassiker gehandelt - auch wenn wir zwei ihn vorher nicht kannten. Ich fand jetzt auch Anmerkungen und Bilder zum Film in einem Buch zum „Film Noir“, welches ich im Regal habe.
Auch schauspielerisch ist das Original sehenswert! So auch u.a. die Wandlung von Tyrone Power zum Schluss hin (siehe Foto). Übrigens ist noch erwähnenswert, dass ein Unterschied zum Remake darin besteht, dass das Original völlig ohne Gewalt auskommt.
Ich kann Dir nur empfehlen, das Original mal zu sichten. Auf YouTube findet man eine qualitativ sehr gute Originalfassung (Criterion Collection). Leider aber nur im O-Ton.
Ich füge hier mal ein paar Bilder ein, die Eindrücke vom Original vermitteln.
Gerade die letzten beiden Fotos fand ich im Film optisch saustark.