AW: Jackie Brown
Jackie Brown
Mit Jackie Brown begab sich Quentin Tarantino in vielerlei Hinsicht auf neue Pfade. Zunächst einmal handelt es sich hierbei um eine Adaption des Romanes Rum Punch, geschrieben von Elmore Loeonard. Da Tarantino ein großer Fan dieses Autors ist, war es nur eine logische Wahl ausgerechnet von ihm einen Roman zu verfilmen. Tarantino hat sein Drehbuch sehr nah an den Roman angelegt, hat aber bewusst einige Elemente des Romanes weggelassen.
Dadurch das er diesmal eine bereits existierende Story verfilmt hat, kam er zu der Entscheidung, anders wie bei Reservoir Dogs und Pulp Fiction, diesen Film linear zu drehen. Eine Entscheidung die aus meiner Sicht für diesen Film genau richtig war, aber dafür sorgte das die damalige Erwartungshaltung einiger Zuschauer bitter enttäuscht wurde, weil sie sich einen zweiten Pulp Fiction erhofft haben. Aber Jackie Brown ist alles andere als ein zweiter Pulp Fiction, was ich jetzt nicht negativ meine! Der Film ist für mich der am meisten unterschätzte Quentin Tarantino Film seiner bisherigen Filmographie. Es gibt zwar enige Leute, so wie mich, die ihn sehr mögen, aber von der breiten Masse bzw. sogar von einigen Tarantino Fans wird er als langweilig abgestempelt, was ich beim besten Willen nicht verstehen kann.
Der Film ist nicht nur eine filmische Liebeserklärung an Pam Grier sondern auch an Filme aus den 70er Jahren. Tarantino schafft es mit fabelhafter Filmmusik und schön fotographierten Bildern stellenweise ein richtiges filmisches 70er Jahre Feeling aufkommen zu lassen, ohne das die Handlung des Filmes in dieser Zeit angesiedelt ist. Bereits mit der Eröffnungsszene hatte er mich damals total begeistert. Pam Grier so gekonnt in Szene zu setzen und dann absolut passend dazu noch den Soul-Hit Across 110th Street von Bobby Womack zu hören war absolut stimmig! Der Film ist übrigens voll von solcher Musik. Sei es Randy Crawfords Street Life, oder natürlich der Song der definitiv im Ohr hängen bleibt, Didn't I Blow Your Mind This Time von den Delfonics welcher im Film eine zentrale Rolle einnimmt. Genauso wie in Pulp Fiction hat es Tarantino hier geschafft Musik mit Bildern so gekonnt zu verbinden, das mir alleine beim hören des Songs sofort die entsprechende Szene im Film dazu einfällt. Was auch noch erwähnt werden sollte ist, das anders als in Reservoir Dogs, in dem man den Banküberfall nur erählt bekommt, ihn also nicht in Bildern sieht, man bei Jackie Brown den eigentlichen "Coup" sogar aus mehreren Perspektiven gezeigt bekommt. Mir gefallen diese Einstellungen wirklich sehr gut. Damals haben sie mich natürlich noch etwas mehr begeistert, da ich zu dem Zeitpunkt noch nicht soviele Filme welche nach diesem Schema gedreht worden sind, gesehen habe. Aber auch Heute sehe ich mir diese Passage noch sehr gerne an, weil sie einfach schön in Szene gesetzt wurden und sie mein Filmherz immer höher schlagen lassen. Dies trifft übrigens auf sehr viele Szenen im Film zu!
Mit dem Cast hat Tarantino erneut eine sehr interessante Wahl getroffen. Neben Pam Grier und Robert Forster, welche mir beide in dem Film sehr gut gefallen, hatte er noch Samuel L. Jackson, Michael Keaton, Bridget Fonda und keinen geringeren als Robert De Niro für seinen Film gewinnen können! In der Rolle des
Louis Gara spielt De Niro einen Charakter, den er in seinigen sonstigen Gangster Filmen immer als Bodensatz des Business bezeichnen würde, einen Kleinkriminellen der alles andere als organisiert ist. Genau diese Tatsache macht seine Darstellung so interessant, weil er hier nicht den großen Mafia-Boss spielt, sondern einen Handlanger von
Ordell Robbie der hier wundervoll von Samuel L. Jackson verkörpert wird. Aber die beiden Charaktere die mich am meisten überzeugt haben sind Jackie Brown (Pam Grier) und Max Cherry (Robert Forster). Man spürt einfach das die Chemie bei den beiden gestimmt hat und es ist einfach herrlich mit anzusehen, wie beide vor der Kamera gemeinsam spielen! Einer der größten Kritikpunkte des Filmes, er sei zu dialoglastig, ist für mich eine seiner größten Stärken. Ich finde es einfach perfekt umgesetzt wenn man die Hauptcharaktere in Situationen und Gesprächen wiederfindet, die mit der eigentlichen Handlung nichts zu tun haben. In vielen Filmen führen Charaktere nur Unterhaltungen um die Story voran zu treiben. Sei es über das Hauptthema des Filmes oder irgendwelche Erzählungen aus ihrer Vergangenheit um ihnen mehr Tiefe zu verleihen. Anders ist das bei Jackie Brown. Man erfährt natürlich auch etwas aus der Vergangenheit der Charaktere, aber es werden auch ganz normale Gespräche geführt die wirklich nichts mit der Handlung zu tun haben. Sie dienen nur dazu dem Zuschauer den Charakter näher zu bringen, was wie ich finde eine sehr interessante Herangehensweise ist. Alleine in manchen Dialogen könnte ich versinken und sie mir immer und immer wieder ansehen bzw. anhören.
Mit Jackie Brown ist Quentin Tarantino aus meiner Sicht ein sehr schöner Thriller gelungen, der vieleileicht nicht die Leute aus der Tarantinomania Ecke, welche nach Pulp Fiction entstanden ist, abholt aber dadurch nicht weniger gut ist. Leider wurde um den Film so ein großer Hype gemacht, das er eigentlich nur zerissen werden konnte. Ich persönlich denke, hätte man damals nicht gewusst das es der neue Tarantino ist, wäre er besser beim Kinopublikum angekommen. Vieleicht wären dann nicht soviele Zuschauer bereit gewesen ihn sich anzusehen, aber die Leute die auf Grund der Darsteller ihn sich angesehen hätten wären bestimmt nicht enttäuscht worden. Da der Film aber als "Der neue Tarantino" oder "Nach Pulp Fiction kommt Jackie Brown" beworben wurde, konnte er natürlich die breite Masse nur enttäuschen da es eben kein zweiter Pulp Fiction ist! Es ist ein Film der ohne eine große Story daher kommt, aber durch seine Inzenierung, seine Dialoge, seine Filmmusik und seinen Cast einfach auf ganzer Linie überzeugen kann und daher für mich einer meiner Lieblings-Tarantino-Filme ist. Aber auch nicht Tarantino-Fans sollten einmal einen Blick riskieren, weil dieser Film definitiv anders ist und eine schöne Hommage an Pam Grier und Filme aus den 70er Jahren ist!
Wertung: 10/10