Oh ja! Und deshalb hoffe ich, das hier noch einige mehr Leute mitdiskutieren und sich bald zu Wort melden!
Viele Jahre ist es nun her das ich das erste Mal von diesem Film gehört habe. Damals bei Erscheinung wäre er definitiv nichts für mich gewese. Zu dem Zeitpunkt war mein Filmgeschmack noch viel zu Mainstream lastig als das ich mit diesem Film etwas anfangen hätte können.
Als dann letztes Jahr der Film dann erstmals in Deutsch auf Blu-ray erschienen ist wurde es Zeit das ich ihn mir als Blindkauf in die Sammlung gestellt habe. Eins vorweg ich habe den Kauf nicht berreut.
Daher also nochmal rückwirkend vielen Dank an SAB und Willy, den ohne diesen Thread wäre ich damals wohl nicht neugierig auf den Film geworden. Ob ich einen Blindkauf gewagt hätte nur wegen
Vincent Cassel und
Monica Bellucci weiß ich nicht. Ich mag Beide zwar sehr, aber ich kann es schlecht einschätzen. Aber durch diesen Thread hier war der Film vor Jahren schon in meinen Fokus gerückt und gestern war dann endlich auch der Abend wo ich ihn mir angeschaut habe.
Bevor ich ins Detail gehe möchte ich wirklich nochmal klarstellen das der Film ein richtig tiefer Schlag in die Magengegend ist und ich mir auch bei zwei Szenen ernsthaft die Frage gestellt habe ob man es unbedingt in dieser Detailiertheit hätte zeigen müssen. Die erste Szene, ich nenne sie einfach mal Gesichtszertrümmerung mit einem Feuerlöscher hätte aus meiner Sicht defintiv nicht so detaliert gezeigt werden müssen. Ich glaube hätte man hier einen Schlag gesehen, dann aus einer etwas weiterem Blickwinkel einen total in Rage agierenden Pierre der noch mehrfach drauf einhaut und dann zum Schluss nochmal ein kurzer Cut auf den zertrümmerte Kopf, hätte meiner Meinung nach vollkommen ausgereicht um dieselbe Wirkung zu erzeugen. Da brauchte ich keine extreme Nahaufnahme.
Bei der zweiten Szene bin ich aber auch absolut der selben Meinung wie Willy. Nicht das ich diese Szene genossen habe mir anzusehen und ich fand sie auch sehr extrem und verstörend, aber auch hier gebe ich Willy recht den zweiten, auch aus meiner Sicht viel tieferen Härtegrad, erreicht sie erst nach den weiteren Szenen in denen man Alex richtig kennen lernt. Zuvor war es nur eine sehr aufreizend gekleidete Frau ohne Hintergrund. Das soll natürlich keine Vergewaltigung rechtfertigen, sowas geht absolut garnicht und aus meiner Sicht sind die Strafen hierfür wirklcih zu milde. Aber das ist ein anderes Thema und sowas blende ich bei Filmen auch immer aus, da Filme für mich Kunst sind und nicht die Realität darstellen. Und ein Kunstwerk hat
Gaspar Noé hier erschaffen.
Ich sehe in dem Film noch eine weitere Botschaft und zwar wollte der Regisseur mit dem Film ein Tabu brechen.
Und zwar das die heutige Gesellschaft trotz der harten Szenen von der Vergewaltigung nicht ganz mitfühlen kann oder gar nicht mitfühlt. Erst durch die Details wie, das die Frau nett und lieb ist, gutmütig und auch schwanger ist nimmt die Katastrophe einen größeren Ausmaß an.
Als man das Erfahren hat, ist die emotionale Reaktion des Zuschauers doch viel größer. Doch hat eine schwangere Frau mehr Mitgefühl verdient als eine Frau, welche wir nicht kennen?
Für mich ist es die Entfremdung der Gesellschaft die Noe anprangert und diese ist wahrscheinlich auch Irreversibel also nicht umkehrbar.
Eine wirklich tolle Analyse dieser Szene. Das sehe ich ähnlich. Wie bereits oben erwähnt war die Szene für mich, als ich noch nichts über Alex wusste, lediglich das sie offenbar die Freundin von zwei total durchgeknallten Typen (Marcus und Pierre) ist. Von daher war das Gesehene natürlich hart für mich, aber nicht emotional.
Die zweite und somit auch tiefere Wirkung kam bei mir wirklich erst nach der ersten ausgiebigen Szene zwischen Ihr und Marcus in der die beiden sehr verliebt wirkten und zumindest der Zuschauer auch erfahren hat das Alex schwanger ist. Wobei ich finde das hier
Gaspar Noé auch etwas manipulativ unterwegs war
. Gäbe es diese Szene nicht und man hätte nur die Alex von der Party kennen gelernt hätte man, so war zumindest mein Empfinden, nicht so einen tiefen Schlag versetzt bekommen wie nach der zweiten langen Szene zwischen Alex und Marcus. Auf der Party wirkten nämlich beide auf mich noch sehr unsymphatisch. Er der obwohl er an der Seite einer wunderschönen Frau ist, nichts besseres zu tun hat als jedem Rock der dort ist hinterherzusteigen und sich mit Drogen dort zudröhnt und sie schien da auch nicht die Unschuld vom Lande zu sein in dem Kleid und so aufreizend wie sie getanzt hat, noch dazu auch mit ihrem Ex Pierre, der ja offenbar noch was für sie übrig hatte, geflirtet hat. Übrigens auch eine Eigenschaft die, so zumindest meine Meingung, kein Mann wirklich toll finden würde mit dem Ex Freund der Partnerin zusammen auf so eine Feier zu gehen. Den das war ja klar ersichtlich das es Alex war die wollte das sie gemeinsam mit Pierre dahin gehen und Marcus glaub ich davon nicht so richtig angetan war, es eher ihr zum gefallen getan hat. Und es ist ja auch noch ein Unterschied ob man auf einer Party ist wo zufällig der Expartner auch da ist oder ob man, so wie es hier der Fall war, sogar gemeinsam mit dem Expartner auf diese Party hingeht/fährt.
Also wäre die erste Szene in der Wohnung von Alex und Marcus nicht gewesen glaube ich nicht das ich zu den beiden dieselbe Bindung aufgebaut hätte, da sie mir wie gesagt auf der Party noch unsymphatisch waren.
Es ist wirklich plakativ, aber ich denke es ist so gewollt, aber nicht weil er einen harten Film machen wollte, sondern er wollte es detaliert zeigen und den Zuschauer fragen fühlt ihr was?
Von daher schließe ich mich dieser Meinung an und spreche damit auch hier gerne eine Warnung aus an alle die sich diesen Film nur auf Grund der Gore Szenen anschauen. Nur aus Sicht von Gore wird der Film nicht funktionieren. Man muss da schon mehr sich mit dem Film beschäftigen um ihn zu mögen.
Eine konventionellere Inszenierung hätte die Wirkung des Films vollkommen zerstört.
Das sehe ich auch so. Es gibt bereits unzählige Revenge Filme. Hätte er hier eine andere Inszenierung gewählt wäre der Film im Meer der Vergessenheit untergegangen.
Die Kameraarbeit ist eine völlig andere und in den Clubszenen erkennt man immer nur Bruchstücke. Hinzu kommt noch ein heftiges Dröhnen was die aggressiven Impulse der Charaktere noch hervorhebt. Für mich die verstörendesten Sequenzen des Films.
Allerdings. Ich glaube alleine die Clubszene müsste man sich noch mehrere Male ansehen um wirklich alle Details warzunehmen. Alles ist sehr hektisch aber dadurch auch sehr gut inszeniert, weil es eben mit einer Handkammera gefilmt wurde und genau das vermittelte wie es in einem Club ist. Man hat dort, wenn man nach jemanden sucht, keine 360 Grad Kammerafahrtübersicht, wie es sonst so immer abläuft. Man muss sich durch Menschenmassen drängeln, es ist laut und meistens auch sehr dunkel. Das es da zu einer Verwechslung kommt ist mehr als normal, wenn hier auch wirklich fatal da ja noch nichtmal der richtige erwischt wurde.
Der Film endet im Park, wo Alex in Ruhe ein Buch liest und sehr glücklich zu sein scheint. Dann dreht sich die Kamera aus der Vogelperspektive unaufhörlich um einen Rasensprenger und Kinder die darum laufen.
Zum Schluss wird alles hell und helle Blitze flackern über den Fernseher. Wenn man intensiv hinguckt, auch wenn die Augen langsam anfangen zu tränen, meint man den Weltraum zu erkennen. Ist das Ende also der eigentlich Beginn der Geschichte der Zusammenstoß zwischen Anfang und Ende? Das unausweichliche? Schicksal? Übersetzt heißt Irreversibel nichtumkehrbar und das ist einer der zentralen Punkte der Geschichte.
Auch sehr schön zusammen gefasst! Wobei ich gestehen muss das helle Flackern fand ich schon sehr extrem und es wundert mich auch das auf der Hülle bzw. vor Start des Films keine Epilepsi Warnung kommt, denn wer da ein gesundheitliches Problem hätte würde spätestens hier bestimmt einen Anfall von bekommen. Ich bin ehrlich ich musste auch weg schauen weil es mir zu heftig wurde.
Für mich hat
Gaspar Noé jedoch einen inszenatorischen Fehler begangen. Und zwar sah man zwar wie Alex abtransportiert wurde und nach oben erwähnter Szene denke ich mal stehen ihre Überlebenschancen auch sehr schlecht, aber das weiß man natürlich auch nur als Zuschauer. Marcus sah sie nur kurz und bekam den Hinweis das sie im Koma ist, aber wie es genau mit Ihr weitergeht und das sie Schwanger war wusste er nicht. Hier wäre eigentlich, Rache hin oder her, bei jedem doch die normalste Reaktion gewesen erstmal mit in das Krankenhaus zu fahren um dort von einem Arzt eine genaue Einschätzung zu erfahren um dann vielleicht sogar zu erfahren das sie Schwanger war. Das hätte zwar seinen irren Rachefeldzug nicht gerechtfertigt aber es etwas nachvollziebarer gemacht. Ich vermute Mal
Gaspar Noé hat solch eine Sequenz aber bewusst nicht gedreht, da sie natürlich die Dynamik des Films zerstört hätte. So war quasi die gezeigten Szenen einfach nur irre hektisch und wahnsinnig. Ohne Sinn und Verstand ist er diesen zwei komischen Vögeln gefolgt, hat einen unschuldigen Taxifahrer seines Taxis entledigt und dieses später auch noch ordentlich demoliert und ist eben wie eine Axt im Wald in den Gay Club reingestürumt und hätte dort jeden der sich ihm in den Weg stellt angegangen. Ironischer Weise war hinter seiner Wut offenbar nicht viel Power hinter, den es dauerte ja nicht lange bis er relativ schnell außer Gefecht gesetzt wurde und dann als Überraschung der bis dahin noch vernüftig wirkende Pierre dann wie von der Terantel gestochen dazu kam. Klar Marcus war auf Koks, das darf man auch nicht vergessen, aber Pierre war es nicht. Was ich damit sagen will dafür das Marcus wie ein Irrer auf Rache aus war, ist da wenig gekommen. Man denke da nur an so Charaktere wie den Punisher oder Bryan Mills aus 96 Hours (Taken), die hätten den Club komplett auseinander genommen wenn es notwenig gewesen wäre, hätten aber auch den richtigen gefunden.
Irreversible ist ein Film bei dem ich zwar nicht zur Höchstnote greife, aber ihn dennoch für sehenswert finde und der mich wirklich gefesselt hat. Die etwas mehr als 90 Minuten vergingen wie im Flug.
Wertung:
8.5/10
Ich habe mir übrigens die Kinoversion angesehen. In dem Steelbook ist zwar auch der Strait Cut enthalten, irgendwie bezweifele ich aber das der Film genauso funktionert wenn man ihn sich in der chronologisch richtigen Reihenfolge der Szenen ansehen würde. Wobei es natürlich interessant wäre wie er dann wirken würde, da man dann so ja quasi mit den beiden Charakteren anfangen würde, sie besser kennen lernen würde und dann halt in der Mitte schon diesen extremen harten Schlag abbekäme. Mal sehen ob ich ihn mir auch nochmal im Strait Cut ansehe, aber wenn werden erstmal ein paar Monate/Jahre vergehen den zum einen gibt es noch genügend andere Filme und zum anderen ist es ein Film der mich zwar sehr mitgenommen und begeistert hat, aber den ich zugleich auch so schnell nicht wieder sehen will da er eben sehr extrem ist.