Hotel Ruanda

crizzero

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AW: Hotel Ruanda

Hotel Ruanda

Ein dramatisches Meisterwerk über den Bürgerkrieg 1994 zwischen den verfeindeten Stämmen Hutu und Tutsi.

Wenn man über diesen Film spricht, muss man zwangsläufig auch über den Hauptdarsteller sprechen, der den Film trägt wie ein Pferd seinen Reiter: Don Cheadle. Er brilliert hier in seiner bisher vielschichtigsten Rolle als Chef eines international renommierten Hotels in Ruanda. Er ist ehrgeizig, will seinem Job verantwortungsvoll nachgehen und das Hotel im Sinne der Bosse in Belgien führen. Allerdings ist er auch ein Vater und Ehemann, der seine Familie um jeden Preis beschützen will. Zu guter Letzt ist er - selbst ein Hutu - aber auch ein Landsmann, der seine Mitmenschen - egal ob Hutu oder Tutsi - nicht einfach ihrem grausamen Schicksal überlassen kann und helfen will.

Die verschiedenen Facetten dieser Rolle kommen durch ihren großartigen Darsteller hervorragend zum Ausdruck. Cheadle hat in Filmen wie "State of Mind", "Traffic", "Ocean's Eleven", "After the Sunset" oder "L.A. Crash" bereits bewiesen, dass er eigentlich alles spielen kann, doch mit dieser schauspielerischen Leistung setzt er sich selbst ein Denkmal. Die Figur des aufopferungsvollen Hotelchefs aus Ruanda wird man jedenfalls nicht mehr vergessen können.

Der Film an sich fesselt und schockiert. Mit welcher Brutalität die Hutu-Miliz im zerrütteten Ruanda selbst gegen Kinder vorgeht, ist beängstigend. Menschen werden mit Macheten abgeschlachtet, Leichen säumen die Straßen. Dass zudem belgische Soldaten und die UN vor Ort waren und nicht einschreiten durften, hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack. Den Zuschauer erschlägt hierbei die Ahnungslosigkeit über diese Zustände. Man fragt sich ebenso wie der Protagonist, warum die Welt wegsieht, wenn Afrika Hilfe braucht...

Beeindruckend, was Regisseur Terry George hier abliefert. Ein wunderbarer Film über ein Land im Ausnahmezustand und einen Mann, dessen Mut, Wille und Einsatz letztlich über 1.200 Menschen das Leben rettete. Don Cheadle sieht man in der Rolle seines Lebens.

10/10
 
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Die wilde 13

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AW: Hotel Ruanda

Ich kann mich crizzos Worten nur anschließen. Eine beeindruckende Leistung von Don Cheadle in einem Film der in seiner Intensität und auch in der Hilflosigkeit des Zuschauers stark an Schindlers Liste erinnert. Daraus resultiert leider,das die Menschheit absolut nichts gelernt hat. Es muss "nur" irgendwo,irgendwann,irgendeinem Idioten einfallen,das man etwas besseres ist als der andere(andersdenkendem),und schon wird dieses Szenario sich leider wiederholen. Das allerschlimmste an Ruanda ist die Tatsache,das die Welt tatenlos zugeschaut hat.
In einer Nebenrolle ist übrigens Jean Reno zu sehen,der jedoch im Cast nirgenwo erwähnt wird.
10/10
 

Farman

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AW: Hotel Ruanda

Ich muss da leider aus der Reihe tanzen. Ich finde es einfach entgegen jeden Anlasses zum Filmemachen, wenn man eine so ungeheuerliche Begebenheit in ein Genre verwandelt, das Völkermord-Drama mit einem kleinen pragmatischen Helden und seiner Familie und dem Happy-End zwischen all den Leichen. Das hat mit einer kreativen Arbeit nichts zu tun und dem fehlt da in Anbetracht seines Themas einfach jedwede Existenzberechtigung.
Ich bin nicht gegen Suspense, gegen Unterhaltung, auch nicht gegen die Ehrerweisung von Helden, auf deren Konto die Rettung von sovielen Leben geht. Aber Hotel Ruanda ist meiner Ansicht nach einfach nur ein Genrefilm, der klassische Suspense, klassische Unterhaltung, klassische Ehrerweisung von Helden bietet. Der von Don Cheadle gespielte Charakter hätte ebenso in einem pompösen imaginären Katastrophenfilm Heldentaten vollbringen können und genau der gleiche sein. 08/15-Identifikationsfiguren sind moralisch verwerflich für einen solchen Film, wenn ihr mich fragt. Wenn ich zuhause mit nem Kölsch bequem vorm Fernseher sitze und zufällig in den Nachrichten sehe, dass jetzt mal eben im Gazastreifen 500 Tote gezählt wurden, möchte ich emotional in einer anderen Verfassung sein als beim Schauen eines Fußballspiels, in dem ich wen anfeuere oder mitfiebere. Ein guter Film sollte adäquate Emotionen vermitteln.
 

crizzero

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AW: Hotel Ruanda

Ich muss da leider aus der Reihe tanzen. Ich finde es einfach entgegen jeden Anlasses zum Filmemachen, wenn man eine so ungeheuerliche Begebenheit in ein Genre verwandelt, das Völkermord-Drama mit einem kleinen pragmatischen Helden und seiner Familie und dem Happy-End zwischen all den Leichen. Das hat mit einer kreativen Arbeit nichts zu tun und dem fehlt da in Anbetracht seines Themas einfach jedwede Existenzberechtigung.

Bitte was? "Hotel Ruanda" hat keine Existenzberechtigung? Das muss ich nicht verstehen. Der Film hat Millionen Menschen die grauenhaften Ereignisse in Ruanda nähergebracht. Das ist ein Film der wachrütteln und aufklären kann. Und das vor dem Hintergrund einer ergreifenden Geschichte um einem Mann, der einfach Mut bewiesen hat. Nach deiner Argumentation müsste man grandiosen Filmen wie "Schindlers Liste" oder auch "Flug 93" ebenso die Daseinsberechtigung entziehen, was natürlich absoluter Quatsch wäre...

Ein guter Film sollte adäquate Emotionen vermitteln.

Und das schafft "Hotel Ruanda" ja auch von Anfang bis Ende.
 
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JaredKimberlain

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AW: Hotel Ruanda

Ich würde da crizzo beipflichten.
"Hotel Ruanda" hat überhaupt ein Bewußtsein geweckt für eine Thematik, die außer in den Nachrichten so gut wie keine Erwähnung mehr fand.
Afrika war und ist wieder in Vergessenheit geraten.
Natürlich ist der Film auf ein breiteres Publikum ausgerichtet und verlangt grundsätzlich keine Vorkenntnisse zu den dortigen Geschehnissen.
Das ist ja gerade der Vorteil für ein größeres Publikum. Machen wir uns nichts vor, der Standardkonsument hat keine Ahnung von irgendwelchen Afrikakonflikten (und sie sind ihm auch egal).
Und ich würde mal behaupten, dass man nach den reinen Berichten sich mit der dargestellten Person von Don Cheadle fast automatisch identifiziert (menschlich) und vorallem sympatisiert hätte. Und sollte nicht ein Fim so etwas zwingend transportieren?
Fand den Film selbst mit einem relativ guten Vorwissen sehr ansprechend und vor allem seine Wirkung auf die Masse eindeutig erstrebenswert.
Nur durch diese Art Film wird man auch mehr als ein paar "Freaks" erreichen.
Das mag für den sich intensiv mit der Thematik auseinandergesetzten "Freak" sehr unbefriedigend sein, fällt aber in den Bereich "von der Masse verschluckt".

Gruß,
J.K.
 

Farman

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AW: Hotel Ruanda

Wie gesagt, ich tanze hier etwas aus der Reihe, zustimmen muss man mir nicht.

Nach deiner Argumentation müsste man grandiosen Filmen wie "Schindlers Liste" oder auch "Flug 93" ebenso die Daseinsberechtigung entziehen, was natürlich absoluter Quatsch wäre...

"Flug 91" habe ich noch nicht gesehen, aber sehr viel gutes drüber gelesen. Über "Schindlers Liste" erlasse ich mal kein Urteil, weil ich den zwar bereits zweimal gesehen habe aber das letzte Mal jetzt wirklich lange zurückliegt. Du musst aber akzeptieren, dass "Schindlers Liste" immerhin ein kontroverser Film ist und es einige Quergeister gibt, ob sie nun aus aufrichtigen oder eher aus besserwisserischen Gründen Quergeister sind sei mal dahingestellt. Sooo klar sind Dinge nicht.

Die Sache mit der Existenzberechtigung war ziemlich polemisch, das gebe ich zu. Aber das ist für mich halt immer die Frage: War der Film jetzt nötig oder nicht? Sicher kann man im Falle von Hotel Ruanda sagen, das ist ein Fall von Aufklärung und Anerkennung eines Verbrechens, über das wir sonst nicht geredet hätten. Die Argumentation akzeptier ich. Es ist ja in meinem Fall gar nicht mal anders. Ich brauche auch Auflkärung und hab über die meisten Dinge, die sich auf der Welt abspielen, keine Ahnung.
Wenn es jetzt einen Film geben würde, den ich schlecht fände, durch den ich aber von einem Ereignis erfahre, von dem vorher nicht wüsste, wäre es für mich immer noch ein schlechter Film. Mich interessiert die Form eines Films und dementsprechend die rein filmische Klasse, nicht die Anzahl Menschen, die durch ihn aufgeklärt werden. Im Falle von Hotel Ruanda sollte man sich mehr über die Form unterhalten. Meine Beobachtung, die man ablehnen oder der man zustimmen kann, ist halt die folgende: Die Form in "Hotel Ruanda" ist nicht besonders verschieden mit der Form in einem imaginären Katastrophenfilm.
 

kelte

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AW: Hotel Ruanda

Meine Beobachtung, die man ablehnen oder der man zustimmen kann, ist halt die folgende: Die Form in "Hotel Ruanda" ist nicht besonders verschieden mit der Form in einem imaginären Katastrophenfilm.
wie soll sie auch verschieden sein? haben beide dinge doch den headliner -> "katastrophe"
nun ist es aber doch ein grosser menschlicher unterschied die poseidon sinken zu sehen und ein wenig action, tricks und frisur fx zu bestaunen,- eben was rein erfundenes
oder
ob ich action ala Tränen der Sonne, Black Hawk Down sehe, die mir auch am Arsch vorbei geht,- weil man diese schnell vergisst. Ja schade um die Leute, die diese Story möglich machten. Kriege passieren nunmal...
oder oder oder
Hotel Ruanda , Schindlers Liste, Der Pianist , etc. wo die Schicksale kleben bleiben wie ein cineastisches Mahnmal. Eigentlich sollen diese Filme lehren was Gewalt bewirkt aber .... genau das Gegenteil sollte der Fall sein. Denn John Rambo hat dummerweise im Dschungel zu Birma recht...
Cineastisch ist das Rad eh erfunden, seihen wir dankbar das es dann und wann Leute gibt die es zu drehen wissen. Egal ob mit Story, Stilmittel etc. :)
 

Farman

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AW: Hotel Ruanda

wie soll sie auch verschieden sein? haben beide dinge doch den headliner -> "katastrophe"
nun ist es aber doch ein grosser menschlicher unterschied die poseidon sinken zu sehen und ein wenig action, tricks und frisur fx zu bestaunen,- eben was rein erfundenes

Das ganze Dilemma perfekt auf den Punkt gebracht. Ob in Poseidon jetzt jemand ertrinkt oder in "Hotel Ruanda" jemand mit der Machete erstochen wird, sind doch beides zwei Filmtode? Wenn man das zweitere zu kritisch betrachtet, heißt es dann, dass in Poseidon die Leute auf der Leinwand ertrinken können, weil es nicht auf einer wahren Begebenheit beruht?

Es ist auch nicht möglich, sowas wie einen Völkermord in Ruanda "echt" oder "authentisch" wiederzugeben, keine Frage. Also wieso das ganze Rumdiskutieren?
Ich denke mal deswegen, weil bei einem authentischen Thema die ganze Frage nach unserem Wirklichkeitsbezug im Kino ohne es zu wollen automatisch kommt. "Basierend auf wahren Begebenheiten" ist ein Feature, wie ein Qualitäts- und Verkaufsmerkmal, und die Tonlage des Filmes passt sich dem an. Sicher sollte man nicht von einem Film etwas verlangen, was man selber in diese Thematik reinlegt. Aber ich denke, es ist nicht verkehrt, wenn man Filme miteinander vergleicht und zu dem Schluss kommt, dass der eine wertvoller ist als der andere. Zwischen "Der Pianist", der von all dieser Debatte unbeeindruckt ein eigenständiges Werk ist und in kein Konzept reinpasst und "Hotel Ruanda", dessen eigenständige Qualitäten ich (vielleicht wegen schlechter Augen) nicht erkenne, liegen für mich Welten.
 

crizzero

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AW: Hotel Ruanda

Die Sache mit der Existenzberechtigung war ziemlich polemisch, das gebe ich zu. Aber das ist für mich halt immer die Frage: War der Film jetzt nötig oder nicht?

In der Retrospektive behaupte ich, dass er nötig war. Er hat mir einen "schwarzen Fleck auf der Landkarte" erhellt und mich auf eine Thematik gestoßen, an der ich wohl vorbeigerudert wäre. Nicht dass die Tatsache etwas ändern könnte, aber darum geht's ja auch gar nicht. Ich wurde durch dieses Medium erreicht und auf etwas aufmerksam gemacht. Und nebenbei auf dramatischste Art und Weise perfekt unterhalten.

Mich interessiert die Form eines Films und dementsprechend die rein filmische Klasse, nicht die Anzahl Menschen, die durch ihn aufgeklärt werden.

Das ist aber doch eine Qualität dieses Films. Erst sterben Menschen aufgrund grauenvoller Taten qualvolle Tode, dann kommt ein Film darüber und unzählige Menschen mehr werden diesbezüglich wachgerüttelt. Was man unter dem monotonen Ablesen der Tagesschau-Moderatoren einfach aufnimmt und wegsteckt, wird hier mit Emotionen und einer heldenhaften Geschichte eines ganz normalen, verängstigten Mannes erzählt. So ein Film berührt doch viel mehr, als die Nachrichten im Fernsehen dazu. Mir geht diese Rolle jedenfalls nicht mehr aus dem Kopf. Und selbst die Rahmenereignisse stimmen. Keiner greift ein, alle denken nur an sich. Nur Cheadle als Hotelchef denkt an die anderen. Diese Geschichte strotzt in Bezug auf ihren Protagonisten nur so vor Menschlichkeit und Nächstenliebe und das kann der Film hervorragend vermitteln. Besser als jedes Nachrichtentelegramm.

Die Form in "Hotel Ruanda" ist nicht besonders verschieden mit der Form in einem imaginären Katastrophenfilm.

Nein, da kann ich nicht zustimmen. Als Katastrophe kann man die Ereignisse nicht einfach abtun. Völkermord ist in meinen Augen etwas Schlimmeres als eine Katastrophe. Was dort passiert ist, war menschliche Orientierungslosigkeit in ihrer schlimmsten Form. Dass sich Menschen Waffen besorgen, in gleichgesinnten Gruppen organisieren und dann das andere Lager abschlachten, weil es nunmal das andere Lager ist, lässt sich für mich mit der Terminologie "Katastrophe" nicht passend umschreiben. Wenn eine Flutwelle kommt oder ein Erdbeben ausbricht, will jeder automatisch helfen und Leben retten. Alle gegen die Katastrophe.

Aber bei "Hotel Ruanda" passieren eindeutig vielschichtigere Dinge. Wer versorgt denn die beiden Lager mit Waffen? Warum gibt es keine politische Lösung? Wurde sich dafür überhaupt eingesetzt? Warum wollte der Hotelchef zunächst nicht helfen und lieber wegsehen? Wann kam der Punkt, an dem er nicht mehr wegsehen konnte? Und warum konnten es die UN-Soldaten nach wie vor (unabhängig von Befehlen aus Übersee)? War es für die belgischen Hotelbesitzer eine Katastrophe, was dort passiert ist? Oder einfach nur eine schlechte Zeit, die in Afrika nunmal dazugehört und die man einfach aussitzen muss? Welche Lager überhaupt von einer Katastrophe sprechen würden, ist das eigentlich Spannende an den schrecklichen Ereignissen, die hierbei visualisiert wurden.

Außerdem macht man sich bei einem 08/15-Katastrophenfilm immer daran, die Katatstrophe zu überstehen und dann den Neuanfang zu beginnen. Soweit geht dieser Film aber nicht. Er zeigt lediglich einen minimalen Ausschnitt von Menschlichkeit, der aber längst nicht das Ende aller Probleme bedeutet hat. Zudem vermittelt er die richtige Aussage, dass sich die Dritte Welt immer wieder neue Probleme schafft, wenn man nicht zusammenarbeitet und sich gegenseitig hilft.
 
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Farman

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AW: Hotel Ruanda

@crizzo: Danke für deine ohne Gehässigkeit auskommende Darstellung deiner Sichtweise. Ich hatte mich gerade imaginär bereits hinter einem Schützengraben versteckt.

Halten wir mal fest, was wir ähnlich sehen: Eine Film-Katastrophe und ein Völkermord sind zwei ihrer Definition nach verschiedene Dinge und das eine mit dem anderen in einen Topf zu werfen ist verwerflich. Ein Film dieser Art kann Leute erreichen, kann Leute bewegen, wie es die Nachrichten nicht können. Mit dem Film ist, ohne dass man es will, automatisch ne Art "Mission" verbunden, da man ja einen Film über die Dritte Welt macht, den hauptsächlich Leute zu sehen kriegen, die Hungernöte oder Völkermord aus nächster Nähe nicht gesehen haben. All das holt uns für die zwei Stunden aus unserem Alltag heraus und lässt uns emotional an vielen Dingen teilhaben, für die wir sonst im Alltag keine Zeit finden.

Nun das, worin wir uns unterscheiden: Wir gehen mit einem ganz verschiedenen "Glauben" und überhaupt mit einer verschiedenen Ideologie an die Sache ran, was nichts damit zu tun hat, dass sich einer von uns etwa mehr mit dem Thema Völkermord beschäftigt als der Andere oder andere politische Ansichten hat. Es geht eher darum, dass für dich der Inhalt eines solchen emotional bewegenden Films keiner Skepsis bedarf, solange die Emotion und die Kraft des Geschehens, dessen Zeuge man vor der Mattscheibe wird, ihre Wirkung entfacht, weil diese Emotionen eine wesentlich echtere Sprache sprechen als jede in bedeutungsschwangere Phrasen gekleidete Skepsis und die vielen Leute, die durch den Film bewegt waren, für das ganze Anliegen ebenfalls eine deutliche Sprache sprechen: Ruanda ist jetzt seit dem Film bekannt und vorher war es das nicht.
Ich hingegen erkenne all das an, bleibe aber skeptisch bezüglich des Werts als Film, der für mich in diesen Maßstäben nicht messbar ist, sondern andere, etwas abstraktere Maßstäbe hat. Für mich ist sozusagen das Medium selbst die Message, und das verlangt nach einer manchmal völlig irrsinnigen Skepsis, die aber gefühlt ist und nicht berechnet oder konstruiert. Ein guter Film ist einer, nachdem ich danach sage "Das habe ich so noch nie gesehen", und deswegen reagiere ich weniger auf die Wichtigkeit des Inhalts, sondern eher auf die Form. Meine Skepsis kann aber ebenso leer sein wie die Wichtigkeit eines "wichtigen" Films, dafür gibt es keine Regel, sondern ich bin da auf mich selbst angewiesen. Ich versuche lediglich die Skepsis ein wenig hier zu kommunizieren, wenn man sie als leer enttarnt genießt man den angegriffen Film noch mehr.
 

kelte

Filmvisionaer
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AW: Hotel Ruanda

Das ganze Dilemma perfekt auf den Punkt gebracht. Ob in Poseidon jetzt jemand ertrinkt oder in "Hotel Ruanda" jemand mit der Machete erstochen wird, sind doch beides zwei Filmtode? Wenn man das zweitere zu kritisch betrachtet, heißt es dann, dass in Poseidon die Leute auf der Leinwand ertrinken können, weil es nicht auf einer wahren Begebenheit beruht?

Es ist auch nicht möglich, sowas wie einen Völkermord in Ruanda "echt" oder "authentisch" wiederzugeben, keine Frage. Also wieso das ganze Rumdiskutieren?
es gibt ein Unterschied was Filmtode betrifft ebenso wie es einen Unterschied gibt bei Gewalt.
Siehst Du Gewalt in einem Film, kommst du damit klr. Es ist was gedrehtes.
Siehst Du aber was real gefilmtes wo wirklich rohe Gewalt gezeigt wird, wird einem schon etwas mulmig.
Mir sind die Filmtode absolut egal,- die jucken mich nicht denn ich mach ja keine Body-Count Liste. Eher wäre es ne tatsache das ein vielzahl von Konsumenten wenig bis kein Buch lesen, sich wenig bis garnicht Informieren was in der Welt abgeht und nur dem trauen was RTL 2 ihnen bringt. Denen reicht es wenn in St. Andreas ein Auto geklaut wird.
Zeigst du denen aber so einen Film wirst Du eine Regung entdecken. Vielleicht nicht bei allen, aber bei einigen hab ich nachdenklichkeit entdeckt wenn wir auf diesen Film kommen.
Da frag ich mich was wichtiger ist?! Um jeden Preis das Rad neu erfinden oder eben auch mal 08/15 Geschichtsbegeisterte "eine interessante Geschichte" präsentieren.
daher halte ich auch Rambo 4 für einigermassen wichtig,- denn was ist die Kernaussage dieses Filmes? Nicht nur Bumm Bumm und "du bist was du bist und wirst nie was anderes sein"...
Einige Leute wussten für nen kurzen Zeitraum das in Birma was schiefläuft....
nur damit Du mich verstehst,-> niemand wird je zeigen können was Krieg, Völkermord, Vergewaltigung, Kindermord in seiner Wirkung bedeutet dieses zu erleiden. Lediglich eine ahnung bekommt man als Gefühl präsentiert beim betrachten und wirken lassen der Bilder.
 

Frankie

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AW: Hotel Ruanda

daher halte ich auch Rambo 4 für einigermassen wichtig,- denn was ist die Kernaussage dieses Filmes? Nicht nur Bumm Bumm und "du bist was du bist und wirst nie was anderes sein"...
Einige Leute wussten für nen kurzen Zeitraum das in Birma was schiefläuft....

Ich bezweifel mal das 90% der Leute am Ende des Filmes nicht wissen ob es Birma, Burma oder Berchtesgaden war. Was das angeht halte ich Rambo 4 für völlig unwichtig. Wo der Film gespielt hat, wird nach dem Abspann kaum Gegenstand einer Diskussion sein.
 

kelte

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AW: Hotel Ruanda

mh
in einigen foren war man schon recht ordentlich über die menschenrechtsverletzungen am diskutieren. wobei das eher unsinn ist. ändert man eh nix dran. jupp...damit hast du nicht unrecht. ich zumindest hab in dem film ne verdammt gute kernaussage gefunden.
 

Frankie

Leinwandlegende
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AW: Hotel Ruanda

ich zumindest hab in dem film ne verdammt gute kernaussage gefunden.

Das finde ich klasse, aber auch ungewöhnlich. Bei mir hat der Film nix in dieser Richtung bewegt. Für mich ein guter Actionfilm, kurzweilig und gradlinig. Mehr nicht.
Bezweifel ich auch nicht das einige wenige durch den Film auf Birma aufmerksam geworden sind. Auch Stallone hat ja gesagt das Birma mal in den Blickpunkt gerückt werden muss. Aber das ist alles nur der Aufhänger für den Film. Bei Rambo 4 geht es nur um Gewalt der Gewalt willen. Er wollte nochmal Gas geben um zu zeigen was er noch drauf hat.

Ohne jetzt Hotel Ruanda zu kennen, denke ich mal das der doch eine wesentlich drastischere Kernaussage hat.
 

Despair

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AW: Hotel Ruanda

Ohne jetzt Hotel Ruanda zu kennen, denke ich mal das der doch eine wesentlich drastischere Kernaussage hat.

Hat er. Ich war nach dem Ansehen definitiv schlauer. Was nach dem Anschauen von Rambo 4 definitiv nicht der Fall war... :D

Insgesamt ist mir "Hotel Ruanda" aber etwas zu sehr "mainstream" gewesen. Dadurch wirkt der Film in meinen Augen stellenweise etwas unglaubwürdig.
 

kelte

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AW: Hotel Ruanda

Das finde ich klasse, aber auch ungewöhnlich. Bei mir hat der Film nix in dieser Richtung bewegt. Für mich ein guter Actionfilm, kurzweilig und gradlinig. Mehr nicht.
Bezweifel ich auch nicht das einige wenige durch den Film auf Birma aufmerksam geworden sind. Auch Stallone hat ja gesagt das Birma mal in den Blickpunkt gerückt werden muss. Aber das ist alles nur der Aufhänger für den Film. Bei Rambo 4 geht es nur um Gewalt der Gewalt willen. Er wollte nochmal Gas geben um zu zeigen was er noch drauf hat.

Ohne jetzt Hotel Ruanda zu kennen, denke ich mal das der doch eine wesentlich drastischere Kernaussage hat.
es geht sicherlich um reine Gewalt.
die aussage des Films selber ist ebenso roh wie auch ehrlich.
denn,-> tausche Birma gegen Ruanda aus. Oder gegen jedes andere Loch auf diesen Planeten wo Gewalt ausgeübt wird. Die Frage ist, wie kam es zu der Gewalt und wie be-endet man diese. Ruanda ist da wesentlich mutiger denn es gab mal diesen Menschen der dieses durchlebte. Sicherlich mag einiges dazugedichtet werden, das weiß ich nicht trotzdem würde ich nicht das im Ansatz erleben wollen, was die Menschen dort erlebten.
Nur wo bitte hat der Film die drastischere Kernaussage? genau die finde ich in Rambo 4,- denn so erschreckend es ist. Gewalt oder Tyrannei wurde noch nie mit friedlichen Worten gelöst...
In der Sache hat der martialische Übersöldner den Planeten etwas besser verstanden um in solchen Krisengebieten zu überleben.
und jetzt kommt mir bitte keiner mit ner platten "soll jetzt jeder ein Maschinengewehr umbinden" aussage...
Rambo ist symbolisch und ist eigentlich genau die Marschrichtung welche die "Weltpolizei" gehen sollte wenn Massenmord zum Abendessen zur Mode wird...
davon mal ab
mir sollen Filme was geben und ich werde diese gewiss nicht als Lehrfilme ansehen oder nach Petersens Troja denken ich würde Homers Heldengedicht verstehen/kennen :D
Bin mir aber sicher das mehr über Birma geredet wurde beim rauskommen von Rambo 4 als über Ruanda, denn Ruanda ging leider etwas unter.
 

deadlyfriend

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AW: Hotel Ruanda

Hotel Ruanda steht jetzt bei mir seit einem Jahr ungesehen rum. Bislang verspürte ich wenig Interesse, da ich alle Afrika Filme die in den letzten paar Jahren rauskamen, für nicht sonderlich gut befand. Vor allem habe ich so meine Probleme mit verfilmten realen Begebenheiten die unbedingt Fiktion benötigen um "spannender" zu werden. Ich habe Probleme mit den gefeierten Meisterwerken wie "München", "Der letzte König von Schottland" und auch mit "Schindlers Liste" wobei ich mir letzteren nochmal genauer ansehen werde. Wie ist es aber jetzt mit "Hotel Ruanda"? Reine Fiktion in realer Umgebung oder die Verfilmung eines existierenden Helden bei dem dann kräftig geschummelt wurde?
 

crizzero

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AW: Hotel Ruanda

Deadly, dann sieh' dir bitte mal "Der ewige Gärtner" an. Für mich einer der besten Filme aller Zeiten!

Reine Fiktion in realer Umgebung oder die Verfilmung eines existierenden Helden bei dem dann kräftig geschummelt wurde?

Wie kann das denn reine Fiktion sein, wenn die Ereignisse wirklich so passiert sind? Das ist alles authentisch nachgedreht. Was Genaueres weiß man aus den Zeitungen und Nachrichten doch auch nicht. Ich hatte jedenfalls den Eindruck, dass es genauso gewesen sein muss. Authentizität vom Allerfeinsten.
 

Despair

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Wie ist es aber jetzt mit "Hotel Ruanda"? Reine Fiktion in realer Umgebung oder die Verfilmung eines existierenden Helden bei dem dann kräftig geschummelt wurde?

Ich würde sagen: Ambitionierte Verfilmung eines heiklen, realen Themas in Mainstream-Verpackung. Und gerade bei realen Themen stört mich dieser typische Filmaufbau ziemlich, da die Geschichte an manchen Stellen dadurch etwas konstruiert wirkt. Aber wie crizzo schon sagte: durch diese Machart wird ein größeres Publikum angesprochen, was in diesem Fall ja nicht verkehrt ist. Ich hätte mir aber einen etwas unkonventionelleren Film gewünscht. Was natürlich reine Geschmacksache ist.
 
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