AW: Frankenstein (1931) + Sequals
Kritik von Vince
FRANKENSTEIN TRIFFT DEN WOLFSMENSCHEN
Ausschnitte aus meiner
ofdb-Kritik
Franchise-Crossovers wie das vorliegende Aufeinandertreffen zwischen Frankenstein und dem Wolfsmenschen liefen trotz nicht zu leugnender Qualitätsabfälle in den 40ern immer noch erfolgreich genug, um die Reihen hiermit nicht etwa zu beenden, sondern gar noch weitere “Meetings” zu arrangieren, die dann die ganzen Vierziger Jahre beherrschten: hiernach folgten noch “Frankensteins Haus” (1944) und “Draculas Haus” (1945), zwei Filme, denen die Logik inzwischen vollkommen egal geworden zu sein schien. Im vorliegenden Fall ist aber noch ein Bemühen zu erkennen, wenigstens ein bisschen auf eine harmonische Zusammenführung der Handlungsstränge aus der “Frankenstein”- und der “Wolfman”-Franchise zu achten. Beauftragt mit dieser Aufgabe wurde Curt Siodmak, der zuvor schon das Skript zum “Wolfman”-Original sowie zweier Sequels aus der Reihe mit dem “Unsichtbaren” zu verbuchen hatte. Nicht nur dies war ein Grund, auf eine ordentliche Zusammenführung der beiden Reihen zu hoffen; immerhin musste Siodmak sich hier nur mit zwei Monsterreihen aufhalten, während Universal ja bekanntlich später in den Eintopf-Wahn verfiel und alles, was nicht bei drei auf den Bäumen war, in einen Film stopfte. Außerdem sollte ihm zugute gekommen sein, dass die diachronische und örtliche Eingrenzung sowohl beim Wolfsmenschen als auch bei Frankenstein zumindest teilweise im Unklaren gelassen wurde, was es deutlich erleichterte, die beiden Monster aufeinandertreffen zu lassen.
Was geschah mit dem Frankensteinmonster? Hinter dessen Maske verbirgt sich nun eine kleine menschliche Tragödie: Bela Lugosi, der noch zwölf Jahre zuvor aus Stolz und Eitelkeit die Rolle des Monsters abgelehnt hatte, quält sich nun in der bis dato schwächsten und streckenweise wirklich schon peinlichen Frankensteinmonster-Interpretation durch den fünften Teil einer qualitativ abfallenden Reihe, an der er eigentlich niemals teilhaben wollte - während Karloff mit der Rolle zum Star wurde und sie rechtzeitig ablegen konnte, bevor sie an Würde verlor. Obwohl Lugosi in den zwei vorhergehenden Prequels Ygor spielte, dessen Gehirn in “Ghost” in den Schädel des Monsters verpflanzt wurde, ist Lugosi eben leider nicht die erhoffte gute Wahl des Studios, weil er schon rein körperlich nicht für die Rolle geeignet ist, und schauspielerisch wird ihm inzwischen die Motivation vergangen sein, sich in den abgetragenen Schuhen Karloffs nochmal zu Höchstleistungen zu zwingen. Es liegt aber nicht nur an Lugosi, dass der Frankenstein-Part des Films nicht funktioniert. Man merkt auch, dass Curt Siodmak in diesem Bereich nicht allzu sehr bewandert war. Enorme Brüche mit den Vorgaben aus “Ghost” bestimmen die Szene vor Ort, minimale Anteile des Monsters an der Screentime bestimmen die Handlung. Der Trend, das Frankenstein-Monster zur Kulisse zu degradieren, wird hier erstmals klar spürbar, setzte sich dennoch in den darauffolgenden Filmen fort. Karloff hatte also seinerzeit durchaus gut daran getan, seine Arbeit niederzulegen. Es scheint so, als wisse Universal nach vier “Frankenstein”-Filmen nicht mehr so recht etwas mit seinem Monster anzufangen, so dass es inzwischen kaum mehr als ein Mittel ist, die Intentionen anderer, so scheint es wichtigerer Monster zu bedienen. Der unaufgeklärte Nonsens, dass der Wolfsmensch überhaupt bei Frankenstein eine Heilung sucht, bestätigt nur, dass der ganze Frankenstein-Plot überhaupt nicht nötig gewesen wäre, um die Geschichte um Chaneys Figur weiterzustricken.
Zurück bleibt die Frage, weshalb sich die Horrorfilme der Vierziger Jahre vollends von den expressionistischen Gedanken löste, die gesellschaftlichen Zustände zu umreißen, um relativ sinnfreie Unterhaltung auf primitivem Niveau zu fabrizieren - ausgerechnet während des Zweiten Weltkriegs. Unterhaltung ist dabei wirklich das Höchste, was man den 40er-Jahre-Horrorfilmen Universals unterstellen kann. Dank Siodmaks Skript erreicht zumindest der Wolfsmensch-Abschnitt dieses niedere Ziel, während Frankensteins Monster, und mit ihm zusammen auch Bela Lugosi, langsam seine Faszination und seinen Schrecken verlor.
5/10