Familiengrab

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Familiengrab

Der allerletzte Film vom besten, größten und einflussreichsten Regisseur aller Zeiten, war gar nicht als Abschied geplant. Hitchcock hat stets mitgeteilt, dass „Family Plot“ nicht sein Abschied ist und in der Tat arbeitete er direkt am nächsten Film weiter und befand sich schon in der Vorproduktion, bis er einsah, dass er körperlich dazu nicht mehr in der Lage ist und verkündete per Telefon seinen Rückzug. Kurze Zeit später verstarb er.

Insgesamt wird der Film auch nicht so sehr geliebt und auch damals kam er nicht sonderlich gut. Eventuell hätte sich das geändert, wenn es einfach ein Film, zwischen anderen Filmen gewesen wäre. Dabei mag ich ihn sehr gerne, wobei ich natürlich ebenfalls sage, dass er hinter seinen Meisterwerken ansteht, aber er ist weit davon entfernt ein schlechter Film zu sein.
Musikalisch ist hier sogar ein Leckerbissen zu vernehmen, da man hier John Williams hören kann, der ein großer Fan von Bernard Herrmann ist und ihn zuvor auch wegen des Films kontaktiert hat.

Das Gaunerpärchen Blanche und George verdient sich ein wenig Geld dazu, in dem Blanche vortäuscht Kontakt zu den Toten zu haben und verdient sich damit ein nettes Zubrot, in dem sie arglose Kunden mit Informationen aus der Schattenwelt überrascht. In Wirklichkeit ermittelt George in den Hintergründen der jeweiligen Personen, damit sie glaubwürdige Dinge liefern kann. Eines Tages bekommt sie dadurch einen Zusatzauftrag über 10000 Dollar von einer reichen Frau, die sie beauftragt aus der Geisterwelt Informationen über ein Kind einzuholen, das vor vielen Jahren zur Adoption freigegeben wurde, um ihm ihr Vermögen zu hinterlassen. Sie beginnen zu ermitteln und die Spur führt zu einem besonders zwielichtigen Menschen, der im Verbund mit seiner Frau Leute entführt, um Lösegeld in Form von Diamanten zu besorgen. Dieser möchte natürlich nicht gefunden werden und schreckt auch vor Mord nicht zurück.

Die Story ist wild, clever und einfach spaßig, wobei sie natürlich auch ernste Töne anschlägt. Trotzdem verfolgt man den Film immer mit einem gewissen Schmunzeln, da die Konstellation der Personen einfach viel zu abgefahren ist, wobei aber auch genügend Spannung geboten wird, da man nie vorhersehen kann, wie sich alles entwickeln wird. Vielleicht nicht ganz so komödiantisch wie „Immer Ärger mit Harry“, aber wenn man daran Gefallen fand, könnte man auch „Familiengrab“ mögen. Etwas verliert er allerdings dennoch in der eigentlich spannenden Szene, wenn sie mit dem Fahrzeug ohne Bremsen, den Abhang hinunter donnern. Hier agiert mir Blanche deutlich zu albern für diese Gefahrensituation und spätestens hier weiß man dann aber auch, dass der Film keine Hochspannung wie sonst entwickeln wird. Dennoch bleibt man komplett amüsiert bei den ungleichen Pärchen, wie sie ihre Ziele verfolgen.


Wieder einmal drückt man also in einem Hitchcock-Film den Kriminellen die Daumen, weil sie nicht ganz so kriminell wie die Gegenspieler sind. Er schaffte es immer wieder eigentliche Ganoven als Sympathieträger zu etablieren und das ist auch diesmal der Fall. Die Locations stimmen, die Kamera ebenfalls. Die eigentliche Kritik am Film besteht also lediglich darin, dass er nicht so gut ist wie seine Filme zwischen 1955 und 1963. Ansonsten macht „Familiengrab“ eine Menge Freude. Wirklich Schade ist aber, dass der Einfall von Bruce Dern nicht verwendet wurde. Er schlug vor, dass in der letzten Szene die Kamera zu Hitchcock schwenkt und er die Zuschauer mit einem Augenzwinkern verabschieden soll. Laut Legende soll er lange darüber nachgedacht haben. In Hinblick darauf, dass es sein letzter Film war, wäre das aus heutiger Sicht einfach gigantisch gewesen. Ein letzter Gruß, vom Meister persönlich. Als letzte Szene in seinem letzten Film. Ich glaube genau deshalb wollte er das nicht, weil es nach Abschied roch und er sich sicher war, noch weiter drehen zu können.
 

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Der allerletzte Film vom besten, größten und einflussreichsten Regisseur aller Zeiten, war gar nicht als Abschied geplant. Hitchcock hat stets mitgeteilt, dass „Family Plot“ nicht sein Abschied ist und in der Tat arbeitete er direkt am nächsten Film weiter und befand sich schon in der Vorproduktion, bis er einsah, dass er körperlich dazu nicht mehr in der Lage ist und verkündete per Telefon seinen Rückzug. Kurze Zeit später verstarb er.
Vielleicht ist es jetzt etwas albern das zu schreiben aber seit gestern, nachdem ich den Film gesehen hatte und die letzten Kapitel in meinen Büchern gelesen habe traure ich. Natürlich ist Hitchcock schon viele Jahrzehnte vorher gestorben, aber dadurch das ich in den letzten Monaten mich so intensiv mit seinem Filmen aber auch mit seiner Person beschäftigt habe, war er irgendwie für mich lebendiger den je gewesen und dann den letzten Film zu sehen, zu lesen wie schwer es ihm gefallen sein muss diesen Rückzug mitzuteilen und zu wissen das er nie wieder einen Film drehen wird, das muss so unfassbar schwer für diesen Mann gewesen sein.

Bereits bei den Dreharbeiten zu Familiengrab viel es ihm ja immer schwerer bei den Außenaufnahmen vor Ort zu sein. Sein Gesundheitszustand war halt nicht mehr der Beste und man darf nicht vergessen das er zu dem Zeitpunkt der Dreharbeiten bereits 76 Jahre alt war und damals die Medizin noch nicht soweit war wie sie heute ist und mit seinen ganzen chronischen Leiden er heutzutage vielleicht noch ein paar weitere Jahre hätte seiner zweiten großen Liebe dem Filmemachen nachgehen können. Es wäre mit Sicherheit faszinierend gewesen zu erleben wie Hitchcock die 70er Jahre geprägt hätte, wäre er eben noch gesundheitlich besser aufgestellt gewesen und hätte in den 70ern genauso Filme von der "Schlagzahl" drehen können, wie er es damals in den 50er/60er Jahren noch getan hat. Immerhin hat er in den 50er Jahren ganze 12 Filme gedreht, eingentlich eine unfassbare Zahl wenn man dann auch noch bedenkt welche Qualität diese Filme alle hatten! Hätte er in den 70er nur halb soviel gedreht hätte es bedeutet das er ganze 4 Filme mehr noch hätte drehen können was wirklich interessant gewesen wäre.

Natürlich darf man auch nicht bergessen, das seine erste große Liebe, seine Frau Alma, auch gesundheitlich sehr angeschlagen war und er somit mit Sicherheit auch dadurch nicht mehr soviel arbeiten konnte wie er wollte, weil er sich natürlich auch um sie kümmern wollte, sie aber auch nicht mehr in der Lage war ihn bei seinem kreativen Schaffensprozess zu unterstützen. Sie hat ja nicht nur bei vielen Drehbüchern mitgewirkt, sie hat mit großer Sicherheit immer Ihre Meinung zu jedem seiner Filme ihm wärend des Drehs gesagt und so wie ich das Verhältnis der Beiden durch viele Erzählungen in Büchern mitbekommen habe, war sie auf jeden Fall seine engste Vertraute die mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auch für ihn eine wichtige Inspiration aber auch größte Kritikerin war wenn etwas mal nicht so gut war und er es dann angepasst hat.

Insgesamt wird der Film auch nicht so sehr geliebt und auch damals kam er nicht sonderlich gut. Eventuell hätte sich das geändert, wenn es einfach ein Film, zwischen anderen Filmen gewesen wäre. Dabei mag ich ihn sehr gerne, wobei ich natürlich ebenfalls sage, dass er hinter seinen Meisterwerken ansteht, aber er ist weit davon entfernt ein schlechter Film zu sein.
Ich glaube auch das er einen anderen Stellenwert hätte wenn es eine x-beliebige Nummer seiner Filmographie gewesen wäre. Aber es war nunmal der letzte Film und man spürt deutlich das es nicht von ihm geplannt war das es sein letzter Film wird. Sonst hätte er sich vielleicht auch für ein ganz anderes Sujet entschieden, um mal aus der hervorragenden Interview Reihe mit Francois Truffaut zu zitieren.

Durch die sehr interessante Doku zum Film ist mir erst bewusst geworden wie sehr Hitchcock hier versuchte in diesem Film mit der Zeit zu gehen. Gerade die Erzählungen von Bruce Dern haben mir dies gezeigt. Jeder der sich mit Hitchcock tiefer beschäftigt weiß das er seine Filme gerne bereits im Vorfeld bis ins kleinste geplannt hat und ihn teilweise sogar die Dreharbeiten dadurch, überspitzt gesagt, etwas langweilten, da der Film bereits in seinem Kopf nach der Vorbereitungsphase fertig war. Anders aber hier bei Familiengrab, bei dem er sogar seinen Darstellern freie Hand gab zu improvisieren. Das wäre früher undenkbar gewesen! Natürlich könnte man jetzt als Hitchcock Kritiker auch sagen das er einfach nicht mehr fit genug war um alles unter Kontrolle zu halten und von daher die Darsteller dies so empfunden haben. Aber das glaube ich ehrlich gesagt nicht. Ich denke schon, da er immer dafür bekannt war neue Dinge zu probieren und Trends zu schaffen, das dies eine bewusste Entscheidung war, weil er sich eben nochmal weiterentwickeln wollte und seine Stärken mit in die 70er Jahre zu transportieren, aber eben auch moderne Filme zu drehen. Und das ist Familiengrab auf jeden fall! Zwar nicht so ein genialer Film wie Frenzy, aber immer noch ein schöner Beitrag aus den 70er Jahren!

Musikalisch ist hier sogar ein Leckerbissen zu vernehmen, da man hier John Williams hören kann, der ein großer Fan von Bernard Herrmann ist und ihn zuvor auch wegen des Films kontaktiert hat.
Das wusste ich vorher absolut nicht das John Williams hier für die Filmmusik verantwortlich war. Auch das zeigt mir das Hitchcock seinen "Riecher" noch nicht verloren hatte und zu dem Zeitpunkt noch nicht die Legende war zu der er danach wurde. Natürlich ist er durch Der weiße Hai schlagartig bekannter geworden, aber dennoch bestimmt nicht auf dem Zettel von jedem Regisseur!


Die Story ist wild, clever und einfach spaßig, wobei sie natürlich auch ernste Töne anschlägt. Trotzdem verfolgt man den Film immer mit einem gewissen Schmunzeln, da die Konstellation der Personen einfach viel zu abgefahren ist, wobei aber auch genügend Spannung geboten wird, da man nie vorhersehen kann, wie sich alles entwickeln wird. Vielleicht nicht ganz so komödiantisch wie „Immer Ärger mit Harry“, aber wenn man daran Gefallen fand, könnte man auch „Familiengrab“ mögen.
Das Cast hat mir hier wirklich gut gefallen. Bruce Dern hat extrem gut gespielt und es war auch finde ich von Hitchcock eine tolle würdigung das er ihm hier eine Hauptrolle noch gegeben hat, nachdem er ja bereits in seinen TV Produktionen mitwirken durfte und in Marnie eine kleine, wenn auch sehr wichtige Rolle übernehmen konnte.

Barbara Harris hat mir auch gut gefallen und sie kam mir direkt so bekannt vor. Ein kurzer Blick auf ihre Filmographie hat mir dann auch schnell offenbart woher ich sie kannte, nämlich als Fanny Eubanks in Zwei hinreidend verdorbene Schurken mit Michael Caine und Steve Martin, den ich wirklich auch sehr mag! Auch wenn Sie da gute 10 Jahre älter war, habe ich sie hier, 10 Jahre jünger, sofort erkannt, also zumindest das ich sie schonmal in einem Film gesehen hatte.

Ähnlich ging es mir mit Karen Black und William Devane, die man ja auch aus diversen Filmen kannte. Auch wenn keiner aus diesem Cast zur ersten Garde Hollywoods gehörte, so fand ich die Kombination gut und sie haben den Film lebendig gemacht.

Etwas verliert er allerdings dennoch in der eigentlich spannenden Szene, wenn sie mit dem Fahrzeug ohne Bremsen, den Abhang hinunter donnern. Hier agiert mir Blanche deutlich zu albern für diese Gefahrensituation und spätestens hier weiß man dann aber auch, dass der Film keine Hochspannung wie sonst entwickeln wird. Dennoch bleibt man komplett amüsiert bei den ungleichen Pärchen, wie sie ihre Ziele verfolgen.
Hierzu habe ich leider keine eindeutige Antwort bei meinen Recherchen gefunden ob es von Hitchcock Absicht war den Film lustiger anzulegen, oder ob es vielleicht auch der Tatsasche geschuldet war das er eben seinen Darstellern hier etwas mehr Freiheit gelassen hat. Ich vermute zumindest das er hier auch kaum noch Suspence verbreiten wollte sondern es für ihn wirklich eher eine Komödie war, zumindest wenn man den Aussagen von Bruce Dern vertraut der ja gerade bei der besagten Szene meinte das sich Hitch bei einer Aussage von ihm köstlich ammüsiert hat. Von daher kann ich mir auch vorstellen das Barbara Harris hier bewusst nicht still und verängstigt schreiend gespielt hat, sondern eben improviziert hat und eher an eine Slapstik Komödie gedacht hat. Das Buch auf dem der Film beruht, ist wohl auch offenbar deutlich ernster gewesen, aber ich glaube wie gesagt für mich persönlich das Hitchcock hier bewusst eher einen lustigen Film drehen wollte.

Wieder einmal drückt man also in einem Hitchcock-Film den Kriminellen die Daumen, weil sie nicht ganz so kriminell wie die Gegenspieler sind. Er schaffte es immer wieder eigentliche Ganoven als Sympathieträger zu etablieren und das ist auch diesmal der Fall.

Ich fand tatsächlich beide Paare sehr unterhaltsam und könnte jetzt nicht sagen welches Paar mir besser gefallen hat. Natürlich hat man mehr aus der Sicht von Blanche und George die Geschichte wahregenommen, aber auch Fran und Arthur waren für mich Symphathieträger. Und davon mal ganz abgesehen das William Devane hier Mr. Charming in Person war, fand ich auch die Chemie zwischen den Beiden gut. Alleine die Unterhaltung der beiden nach der ersten Lösegeld Übergabe, herrlich!
Die Locations stimmen, die Kamera ebenfalls. Die eigentliche Kritik am Film besteht also lediglich darin, dass er nicht so gut ist wie seine Filme zwischen 1955 und 1963. Ansonsten macht „Familiengrab“ eine Menge Freude.
Dem schließe ich mich auf jeden Fall an!

Wirklich Schade ist aber, dass der Einfall von Bruce Dern nicht verwendet wurde. Er schlug vor, dass in der letzten Szene die Kamera zu Hitchcock schwenkt und er die Zuschauer mit einem Augenzwinkern verabschieden soll. Laut Legende soll er lange darüber nachgedacht haben. In Hinblick darauf, dass es sein letzter Film war, wäre das aus heutiger Sicht einfach gigantisch gewesen. Ein letzter Gruß, vom Meister persönlich. Als letzte Szene in seinem letzten Film. Ich glaube genau deshalb wollte er das nicht, weil es nach Abschied roch und er sich sicher war, noch weiter drehen zu können.
Rückwirkend betrachtet wäre das natürlich eine tolle Verabschiedung eines meisterhaften Regisseurs gewesen aber ich kann ihn da schon sehr gut verstehen, da er sowas bisher nie gemacht hatte, also so offensichtlich die vierte Wand durchbrochen innerhalb eines Filmes. Es gab von ihm zuvor Einführungen, aber nicht sowas.

Aber tatsächlich hat er in diesem Film dennoch etwas gemacht was er vorher noch nie gemacht hat, seinen ursprünlichen Cameo hatte er in Familiengrab ja nur als Silhouette. Sonst war er ja immer physikalisch oder zumindest eine Fotographie von ihm mit im Film zu sehen, aber es war immer ganz klar zu erkennen das er es war. Gut an der Silhouette erkennt man es auch und vielleicht interepretiere ich jetzt da auch zuviel rein, aber vielleicht war es von Hitchcock auch für ihn ein Abschied aus seinen Filmen, da er eben nicht mehr als erkennbare Person zu sehen war, sondern eben nur als eine Silhouette sozusagen als Geist, der nochmal kurz die Filmwelt besucht um dann danach komplett aus ihr zu verschwinden. Offiziell hat er zwar schon an einem nächsten Projekt gearbeitet, zumindest was die Findung und erste Ideen angeht, aber vielleicht wusste bzw. merkte er selbst bei den Dreharbeiten zu Familiengrab schon sehr deutlich das er dies nicht mehr leisten kann. Und weitergedacht, hätte er von Anfang an gesagt das dieser Film sein letzter wird, er wäre sicherlich ganz anderes von den Zuschauern und den Kritikern wahrgenommen und in einem ganz anderen Licht betrachtet worden. Und da bin ich mir ziemlich sicher genau das wollte Hitch nicht. Er wollte das alle mit einem ganz normalen Blick sich seinen neusten Film anschauen und ihn ganz objektiv genießen und bewerten.

Von daher wäre es natürlich toll gewesen wenn Frenzy sein letzter Film geworden wäre, denn danach hat er ja nochmal großes Lob von allen Seiten bekommen und der Kreis hätte sich dadurch auch geschlossen, da der Film ja in Großbritannien gedreht wurde, also Hitchcock da wo er angefangen hat Filme zu drehen auch es beendet hätte. Aber tatsächlich, gerade nach der Doku zu Familiengrab wie wertschätzend und auch dankbar die Darsteller sich über Hitchcock geäußert hatten, hat es mich ungemein für alle vier Hauptdarsteller gefreut das sie auch in einem Hitchcock Film konnten mitwirken. Gerade für Bruce Dern hat es mich gefreut, aber auch Karen Black, so wirkte es zumindest auf mich, schien sehr dankbar und erfreut für dieses Erlebnis in Ihrer Karriere gewesen zu sein.
 

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Vielleicht ist es jetzt etwas albern das zu schreiben aber seit gestern, nachdem ich den Film gesehen hatte und die letzten Kapitel in meinen Büchern gelesen habe traure ich. Natürlich ist Hitchcock schon viele Jahrzehnte vorher gestorben, aber dadurch das ich in den letzten Monaten mich so intensiv mit seinem Filmen aber auch mit seiner Person beschäftigt habe, war er irgendwie für mich lebendiger den je gewesen und dann den letzten Film zu sehen, zu lesen wie schwer es ihm gefallen sein muss diesen Rückzug mitzuteilen und zu wissen das er nie wieder einen Film drehen wird, das muss so unfassbar schwer für diesen Mann gewesen sein.
Das ging mir komplett genauso. Da machte sich eine gewisse Traurigkeit breit. Wie ich schrieb, hat man ihn ja auch bei unseren Sichtungen komplett durch sein Leben begleitet. Das macht dann schon was mit einem.
Bereits bei den Dreharbeiten zu Familiengrab viel es ihm ja immer schwerer bei den Außenaufnahmen vor Ort zu sein. Sein Gesundheitszustand war halt nicht mehr der Beste und man darf nicht vergessen das er zu dem Zeitpunkt der Dreharbeiten bereits 76 Jahre alt war und damals die Medizin noch nicht soweit war wie sie heute ist und mit seinen ganzen chronischen Leiden er heutzutage vielleicht noch ein paar weitere Jahre hätte seiner zweiten großen Liebe dem Filmemachen nachgehen können. Es wäre mit Sicherheit faszinierend gewesen zu erleben wie Hitchcock die 70er Jahre geprägt hätte, wäre er eben noch gesundheitlich besser aufgestellt gewesen und hätte in den 70ern genauso Filme von der "Schlagzahl" drehen können, wie er es damals in den 50er/60er Jahren noch getan hat. Immerhin hat er in den 50er Jahren ganze 12 Filme gedreht, eingentlich eine unfassbare Zahl wenn man dann auch noch bedenkt welche Qualität diese Filme alle hatten! Hätte er in den 70er nur halb soviel gedreht hätte es bedeutet das er ganze 4 Filme mehr noch hätte drehen können was wirklich interessant gewesen wäre.
Man sah es ihm auch einfach ein wenig an, das er nicht mehr so fit war. :(
Natürlich darf man auch nicht bergessen, das seine erste große Liebe, seine Frau Alma, auch gesundheitlich sehr angeschlagen war und er somit mit Sicherheit auch dadurch nicht mehr soviel arbeiten konnte wie er wollte, weil er sich natürlich auch um sie kümmern wollte, sie aber auch nicht mehr in der Lage war ihn bei seinem kreativen Schaffensprozess zu unterstützen. Sie hat ja nicht nur bei vielen Drehbüchern mitgewirkt, sie hat mit großer Sicherheit immer Ihre Meinung zu jedem seiner Filme ihm wärend des Drehs gesagt und so wie ich das Verhältnis der Beiden durch viele Erzählungen in Büchern mitbekommen habe, war sie auf jeden Fall seine engste Vertraute die mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auch für ihn eine wichtige Inspiration aber auch größte Kritikerin war wenn etwas mal nicht so gut war und er es dann angepasst hat.
Klar, das waren insgesamt alles Faktoren, die eine Rolle gespielt haben.
Ich glaube auch das er einen anderen Stellenwert hätte wenn es eine x-beliebige Nummer seiner Filmographie gewesen wäre. Aber es war nunmal der letzte Film und man spürt deutlich das es nicht von ihm geplannt war das es sein letzter Film wird. Sonst hätte er sich vielleicht auch für ein ganz anderes Sujet entschieden, um mal aus der hervorragenden Interview Reihe mit Francois Truffaut zu zitieren.
Das denke ich auch. Aber ich glaube er war einfach nicht der Mensch, der seinen letzten Film geplant hätte. Er wollte wohl immer weitermachen.
Durch die sehr interessante Doku zum Film ist mir erst bewusst geworden wie sehr Hitchcock hier versuchte in diesem Film mit der Zeit zu gehen. Gerade die Erzählungen von Bruce Dern haben mir dies gezeigt. Jeder der sich mit Hitchcock tiefer beschäftigt weiß das er seine Filme gerne bereits im Vorfeld bis ins kleinste geplannt hat und ihn teilweise sogar die Dreharbeiten dadurch, überspitzt gesagt, etwas langweilten, da der Film bereits in seinem Kopf nach der Vorbereitungsphase fertig war. Anders aber hier bei Familiengrab, bei dem er sogar seinen Darstellern freie Hand gab zu improvisieren. Das wäre früher undenkbar gewesen!
Das hat er auch anderen Darstellern schon zugestanden. Mit der Begrenzung, das sie spielen und auch improvisieren durften, sofern sie sich genau auf den Zentimetern im Bild bewegen, wo er sie platziert hat.
Das wusste ich vorher absolut nicht das John Williams hier für die Filmmusik verantwortlich war. Auch das zeigt mir das Hitchcock seinen "Riecher" noch nicht verloren hatte und zu dem Zeitpunkt noch nicht die Legende war zu der er danach wurde. Natürlich ist er durch Der weiße Hai schlagartig bekannter geworden, aber dennoch bestimmt nicht auf dem Zettel von jedem Regisseur!
Ja, ich habe auch gestaunt. Ich hatte das zumindest so nicht mehr im Kopf.
Hierzu habe ich leider keine eindeutige Antwort bei meinen Recherchen gefunden ob es von Hitchcock Absicht war den Film lustiger anzulegen, oder ob es vielleicht auch der Tatsasche geschuldet war das er eben seinen Darstellern hier etwas mehr Freiheit gelassen hat. Ich vermute zumindest das er hier auch kaum noch Suspence verbreiten wollte sondern es für ihn wirklich eher eine Komödie war, zumindest wenn man den Aussagen von Bruce Dern vertraut der ja gerade bei der besagten Szene meinte das sich Hitch bei einer Aussage von ihm köstlich ammüsiert hat. Von daher kann ich mir auch vorstellen das Barbara Harris hier bewusst nicht still und verängstigt schreiend gespielt hat, sondern eben improviziert hat und eher an eine Slapstik Komödie gedacht hat. Das Buch auf dem der Film beruht, ist wohl auch offenbar deutlich ernster gewesen, aber ich glaube wie gesagt für mich persönlich das Hitchcock hier bewusst eher einen lustigen Film drehen wollte.
Ich denke auch, das er gezielt mitteilen wollte, das dies kein Suspense Film ist.
Rückwirkend betrachtet wäre das natürlich eine tolle Verabschiedung eines meisterhaften Regisseurs gewesen aber ich kann ihn da schon sehr gut verstehen, da er sowas bisher nie gemacht hatte, also so offensichtlich die vierte Wand durchbrochen innerhalb eines Filmes. Es gab von ihm zuvor Einführungen, aber nicht sowas.
Klar, absolut verständlich. Es wäre lediglich aus heutiger Sicht einfach toll gewesen.
Aber tatsächlich hat er in diesem Film dennoch etwas gemacht was er vorher noch nie gemacht hat, seinen ursprünlichen Cameo hatte er in Familiengrab ja nur als Silhouette. Sonst war er ja immer physikalisch oder zumindest eine Fotographie von ihm mit im Film zu sehen, aber es war immer ganz klar zu erkennen das er es war.
Vielleicht auch, weil er keinen fitten Eindruck gemacht hat. Vielleicht wollte er nicht, dass man das so sieht.
Gut an der Silhouette erkennt man es auch und vielleicht interepretiere ich jetzt da auch zuviel rein, aber vielleicht war es von Hitchcock auch für ihn ein Abschied aus seinen Filmen, da er eben nicht mehr als erkennbare Person zu sehen war, sondern eben nur als eine Silhouette sozusagen als Geist, der nochmal kurz die Filmwelt besucht um dann danach komplett aus ihr zu verschwinden. Offiziell hat er zwar schon an einem nächsten Projekt gearbeitet, zumindest was die Findung und erste Ideen angeht, aber vielleicht wusste bzw. merkte er selbst bei den Dreharbeiten zu Familiengrab schon sehr deutlich das er dies nicht mehr leisten kann. Und weitergedacht, hätte er von Anfang an gesagt das dieser Film sein letzter wird, er wäre sicherlich ganz anderes von den Zuschauern und den Kritikern wahrgenommen und in einem ganz anderen Licht betrachtet worden. Und da bin ich mir ziemlich sicher genau das wollte Hitch nicht. Er wollte das alle mit einem ganz normalen Blick sich seinen neusten Film anschauen und ihn ganz objektiv genießen und bewerten.
Ich bin nicht sicher, ob er das merkte. Es lief ja bereits das Casting für seinen nächsten Film. Ich denke schon, das er daran geglaubt hat, noch einen weiteren Film zu drehen.
Von daher wäre es natürlich toll gewesen wenn Frenzy sein letzter Film geworden wäre, denn danach hat er ja nochmal großes Lob von allen Seiten bekommen und der Kreis hätte sich dadurch auch geschlossen, da der Film ja in Großbritannien gedreht wurde, also Hitchcock da wo er angefangen hat Filme zu drehen auch es beendet hätte. Aber tatsächlich, gerade nach der Doku zu Familiengrab wie wertschätzend und auch dankbar die Darsteller sich über Hitchcock geäußert hatten, hat es mich ungemein für alle vier Hauptdarsteller gefreut das sie auch in einem Hitchcock Film konnten mitwirken. Gerade für Bruce Dern hat es mich gefreut, aber auch Karen Black, so wirkte es zumindest auf mich, schien sehr dankbar und erfreut für dieses Erlebnis in Ihrer Karriere gewesen zu sein.
Ja, das Bonusmaterial rundete den Film irgendwie nochmal richtig ab und ich mag ihn wirklich. Den kann ich mir losgelöst, auch einfach so anschauen, da ich sehr viele Szenen total mag. Der Film hatte schon was und ich bin sehr froh, das er ihn noch gedreht hat.
 

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Das ging mir komplett genauso. Da machte sich eine gewisse Traurigkeit breit. Wie ich schrieb, hat man ihn ja auch bei unseren Sichtungen komplett durch sein Leben begleitet. Das macht dann schon was mit einem.
Auch weil es halt so ein langer Zeitraum war. Der Mann hat jahrzehnte lang Filme gedreht, hat Filmepochen und Genres mitgeprägt teilweise sogar Dinge erfunden. Und das mit einer Leidenschaft wie man sie heutzutage nur noch sehr selten findet. Natürlich stimmte auch das finazielle bei ihm, aber es war denke ich mal nie seine Hauptmotivation Filme zu drehen. Und auch immer zu hören oder zu lesen wie begeistert und schwärmerisch er über seine Filme gesprochen hat, das war schon etwas ganz besonderes. Und dann halt, nach so einer Reise die Gewissheit zu haben, das man nie wieder einen neuen Hitchcock Film sehen wird, wobei ich immer noch insgeheim hoffe das Der Bergadler irgendwo auftaucht und veröffentlicht wird.

Man sah es ihm auch einfach ein wenig an, das er nicht mehr so fit war. :(
Ja das stimmt leider.

Das denke ich auch. Aber ich glaube er war einfach nicht der Mensch, der seinen letzten Film geplant hätte. Er wollte wohl immer weitermachen.
Auch da gehe ich mit und ich kann es auch absolut nachvollziehen. Wer gibt schon etwas freiwillig auf was man liebt. Das kann man nicht vergleichen mit einem Arbeitnehmer der irgendwann mal in Rente geht. Natürlich macht man, so sollte es zumindest sein, seinen Job gerne, aber ich glaube die wenigsten machen beruflich das was sich auch privat machen würden ohne Bezahlung. Es gibt leute die haben das Glück das sie dies tun können, aber das ist nicht der Normalfall. Und Hitchcock war einer von diesen Leuten die damit Geld verdient haben was sie geliebt haben. Und sich dann eingestehen zu müssen das man genau das aus gesundheitlichen Gründen nie wieder machen kann ist mehr als nur schwer. Ich würde mal behaupten fast unmöglich. Er musste dann ja leider diesen Schritt auch gehen, aber hat das mit Sicherheit solange hinausgezögert wie es nur geht.

Klar, absolut verständlich. Es wäre lediglich aus heutiger Sicht einfach toll gewesen.
Absolut. Es wäre natürlich dann auch auf der Leinwand ein letzer filmischer Gruß von ihm gewesen!

Vielleicht auch, weil er keinen fitten Eindruck gemacht hat. Vielleicht wollte er nicht, dass man das so sieht.
Das kann natürlich auch sein!

Ja, das Bonusmaterial rundete den Film irgendwie nochmal richtig ab und ich mag ihn wirklich. Den kann ich mir losgelöst, auch einfach so anschauen, da ich sehr viele Szenen total mag. Der Film hatte schon was und ich bin sehr froh, das er ihn noch gedreht hat.
Ich denke auch das es einer der Filme sein wird die ich mir von Zeit zu Zeit immer mal wieder anschauen werde, eben weil es natürlich auch ein weiterer Film aus den 70ern ist.

Ich finde es halt schön wie wertschätzend die Leute im Bonusmaterial dort über Hitchcock gesprochen haben und musste an einer Stelle total lachen als Karen Black erzählte das sie gerne den zweiten Take der Küchenszene auch kopiert haben möchte für den Film, da sie in dem besser vom Timing geweint hätte und sie sich wohler mit dem Take fühlte und er es ihr dann eingestanden hat und dann schlussendlich im fertigen Film kein Bildmaterial zu sehen war. Ich fand es auch lustig, ohne das es von Ihrer Seite oder von Bruce Dern so wirkte, wie sie Hitchcocks Art zu sprechen imitiert haben und ihn dadurch aber auch sehr menschlich und symphatisch haben darstellen lassen.

Auch die Anektote mit dem realen Set der Garage und das die Szene dann doch später im Studio gedreht wurde fand ich herrlich.
 

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Auch weil es halt so ein langer Zeitraum war. Der Mann hat jahrzehnte lang Filme gedreht, hat Filmepochen und Genres mitgeprägt teilweise sogar Dinge erfunden. Und das mit einer Leidenschaft wie man sie heutzutage nur noch sehr selten findet. Natürlich stimmte auch das finazielle bei ihm, aber es war denke ich mal nie seine Hauptmotivation Filme zu drehen. Und auch immer zu hören oder zu lesen wie begeistert und schwärmerisch er über seine Filme gesprochen hat, das war schon etwas ganz besonderes. Und dann halt, nach so einer Reise die Gewissheit zu haben, das man nie wieder einen neuen Hitchcock Film sehen wird, wobei ich immer noch insgeheim hoffe das Der Bergadler irgendwo auftaucht und veröffentlicht wird.
Ja, man hat ja auch immer wieder in den Bonusmaterialen mitbekommen, dass er bereits während den Dreharbeiten, schon im Kopf beim nächsten Film war und sich dazu auch mit anwesenden Darstellern ausgetauscht hat. Hitch war einfach ein Verrückter, der für Filme gelebt hat.
Auch da gehe ich mit und ich kann es auch absolut nachvollziehen. Wer gibt schon etwas freiwillig auf was man liebt. Das kann man nicht vergleichen mit einem Arbeitnehmer der irgendwann mal in Rente geht. Natürlich macht man, so sollte es zumindest sein, seinen Job gerne, aber ich glaube die wenigsten machen beruflich das was sich auch privat machen würden ohne Bezahlung. Es gibt leute die haben das Glück das sie dies tun können, aber das ist nicht der Normalfall. Und Hitchcock war einer von diesen Leuten die damit Geld verdient haben was sie geliebt haben. Und sich dann eingestehen zu müssen das man genau das aus gesundheitlichen Gründen nie wieder machen kann ist mehr als nur schwer. Ich würde mal behaupten fast unmöglich. Er musste dann ja leider diesen Schritt auch gehen, aber hat das mit Sicherheit solange hinausgezögert wie es nur geht.
So denke ich mir das auch. Aufhören kam wohl nur in Frage, wenn ihm bewusst war, das sein Ende naht. Genauso ist es ja dann auch passiert. Er wusste das er den nächsten Film nicht mehr realisieren kann, gab auf und starb.
Ich denke auch das es einer der Filme sein wird die ich mir von Zeit zu Zeit immer mal wieder anschauen werde, eben weil es natürlich auch ein weiterer Film aus den 70ern ist.
Ja, es ist kein Topfilm, aber einer den man zwischendurch einfach schauen kann. Die gleiche Kategorie ist für mich "Jung und unschuldig". Der macht verdammt viel Spaß, ist herrlich anzusehen und ist dennoch nicht weit vorne. Trotzdem kann man sich den einfach so anschauen, weil er irgendwie herrlich ist.
Ich finde es halt schön wie wertschätzend die Leute im Bonusmaterial dort über Hitchcock gesprochen haben und musste an einer Stelle total lachen als Karen Black erzählte das sie gerne den zweiten Take der Küchenszene auch kopiert haben möchte für den Film, da sie in dem besser vom Timing geweint hätte und sie sich wohler mit dem Take fühlte und er es ihr dann eingestanden hat und dann schlussendlich im fertigen Film kein Bildmaterial zu sehen war. Ich fand es auch lustig, ohne das es von Ihrer Seite oder von Bruce Dern so wirkte, wie sie Hitchcocks Art zu sprechen imitiert haben und ihn dadurch aber auch sehr menschlich und symphatisch haben darstellen lassen.
Das fand ich auch total witzig. :lol:
Auch die Anektote mit dem realen Set der Garage und das die Szene dann doch später im Studio gedreht wurde fand ich herrlich.
Ja, die kompletten Bonusmaterialien der Filme waren wirklich herrlich. Entweder total informativ oder komplett unterhaltsam. Auch die ganzen Interviews mit ihm oder sein Auftritt im hessischen Fernsehen sind einfach total klasse und ich bin unendlich froh, das diese Sachen die Zeit überdauert haben und nun auf Disc erhältlich sind.
 
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