Eva und der Priester

Tarantino1980

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Eva und der Priester
Die junge Witwe Barny Aronowitsch versteckt sich mit Ihrer Tochter während des zweiten Weltkrieges, zur Zeit der Besatzung deutscher Truppen, in einer französischen Kleinstadt. Da Ihre Tochter halbjüdischer Abstammung ist, wählt sie dieses Gebiet auf, um möglichst unerkannt zu bleiben. Dort trifft sie auf den neuen Priester Leon Morin. Barny findet schnell gefallen an den Diskussion mit dem Priester, die weit über das übliche Maß einer Gemeindebetreuung hinausgehen.

Jean-Pierre Melville inszenierte dieses Drama im Jahr 1961 nach dem Roman Léon Morin, prêtre von Béatrix Beck. Es war der letzte Film von Ihm, bevor er sich, mit Ausnahme von Armee im Schatten, nur noch dem Genre Kriminalfilm gewidment hat. Ich finde man merkt hier schon noch einen Unterschied wie er diese Art von Filme, also außerhalb des Kriminalfilms inszeniert hat. Natürlich spürt man hier schon recht schnell, durch seine tollen Bildkompositionen, sein geniales Talent. Aber anders als in seine späteren Filmen inszinierte er Eva und der Priester noch etwas konventioneller, ohne diesen Film mit dieser Aussage abwerten zu wollen. Den er ist alles ander als konventionell. Was ich damit meine ist eher die Tatsache, dass er hier z.B. häufig die Gedankenwelt der Hauptprotagonistin Barny dem Zuschauer offenbart. Mit einigen Passagen, in der man als Zuschauer, durch gesprochene Off Texte von Barny, erfährt wie sie fühlt oder sogar Teile der Story so erzählt werden, weicht Jean-Pierre Melville hier sehr deutlich von seinen späteren Inszenierungen ab. Was ich aber alles andere als negativ empfinde, da diese Passagen für mich absolut funktionieren und dem Verlauf des Filmes dienlich sind. Der Zuschauer versteht so die Handlungen und Motive von Barny und kann sogar eine Symphatie zu ihr aufbauen. Eine Tatsache, die in späteren Melville Filmen nicht mehr so häufig vorkommt. Bei der Sichtung stelle sich mir auch häufig die Frage wie dieser Film damals überhaupt funktioniert hat, da einige Passagen nur im OmU vorlagen und somit für mich ein klares Indiz waren, das diese Szenen es nicht in die ursprüngliche deutsche Filmfassung geschafft haben und erst später, wahrscheinlich im Rahmen der HD Restauration, wieder hinzugefügt wurden, daher nicht nachsynchronisiert wurden. Ohne Spoilern zu wollen, es waren alles Szenen die sehr wichtig waren und ohne die der Film bestimmt eine andere Wirkung gehabt hätte. Sicherlich war es zur Entstehungszeit des Filmes ein heikles Thema welches Jean-Pierre Melville hier verfilmt hat, aber dennoch bin ich froh den Film in dieser Version gesehen zu haben.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, welchen ich gerne erwähnen würde, ist die Tatsache das hier eine starke Frau im Vordergrund steht. In einer Zeit wo man es als alleinstehende Frau wahrlich nicht einfach hatte. Das finde ich aus filmhistorischer Sicht sehr interessant da Jean-Pierre Melville dies bereits 1961 den Leuten klar gemacht hat und es nicht so mit der "Feminismus Keule" dem Zuschauer präsentiert wurde, so wie es leider heutzutage häufig der Fall ist. Die Rolle und die Darstellung von Emmanuelle Riva als Barny war einfach authentisch! Ich habe ihr diese Rolle zu 100 Prozent abgekauft und Ihre Gespräche mit Jean-Paul Belmondo als Léon waren sehr spannend, aber auch tiefgründig. Beide haben mir extrem gut gefallen. Belmondo konnte hier auch noch eine ganz andere Seite von sich einmal zeigen! Generell fand ich den Film sehr gut besetzt.

Einmal abgesehen von dem mehr als nur blöden deutschen Titel ist dieser Film von Melville vielleicht nicht einer seiner bekanntesten, aber ein Film der mich wirklich gefesselt hat und mich vollkommen in seinen Bann gezogen hat. Jeder der den französischen Film mag kann gerne mal einen Blick riskieren. Für Melville Fans ist dieser Film absolutes Pflichtprogramm!

Wertung: 8.5/10
 
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