Erpressung (Blackmail)

deadlyfriend

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Erpressung (Blackmail)

Die etwas naive Alice begleitet eine netten, aber unbekannten Mann in seine Wohnung. Sie ist eher arglos an seiner Malerei interessiert, während er gänzlich andere Interessen verfolgt. Als sie nicht will, greift sie in Notwehr zum Messer und ersticht ihn. Sie verschweigt die Tat und geht traumatisiert nach Hause. Ihr Verlobter hingegen arbeitet bei Scotland Yard und wird mit der Aufklärung des Falls betraut. Er findet Spuren, die ihn zu Alice führen, aber gleichzeitig existiert noch ein unangenehmer Zeitgenosse, der sie gesehen hat und nun über Erpressung an Geld kommen will.

Der zweite Thriller von Alfred Hitchcock ist aus vielerlei Sicht ein bemerkenswerter Film, der filmgeschichtlich gleich mehrfach genannt werden muss. Einmal ist es der erste britische Tonfilm überhaupt und trotzdem markiert er gleichzeitig den letzten Stummfilm, den Hitchcock gedreht hat. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist Anny Ondra, die hier die erste Synchronisation der Filmgeschichte erfuhr. Doch der Reihe nach. Zu Beginn der Dreharbeiten, war „Blackmail“ als Stummfilm ausgelegt. Allerdings ahnte Hitchcock, dass durch das Aufkeimen des Tonfilms, die Produzenten noch umschwenken könnten. Deshalb legte er einige Teile des Films bereits so an, dass man sie nachvertonen könnte. Deswegen existieren zwei Fassungen. Tatsächlich war die Stummfilm Version erfolgreicher, was aber auch daran lag, dass die meisten Kinos noch nicht für den Tonfilm ausgerüstet waren. Viele Szenen aus der Stummfilm-Fassung konnte Hitchcock, aufgrund seiner Weitsicht stehen lassen, andere drehte er mit Ton nochmal neu. Problematisch war jetzt nur der Akzent von Anny Ondra. Das Studio wollte eher einen Neudreh mit einer anderen Darstellerin, aber Hitchcock setzte sie durch, da er ja bereits in „Champagne“ auf sie verzichten musste. Deshalb ließ er sie live synchronisieren. Joan Barry, die später bei „Endlich sind wir reich“ die Hauptrolle spielte, saß bei den Dreharbeiten daneben und sprach den Text, während Anny Ondra die Lippen bewegte. Irgendwie schade, denn ich fand ihre Synchronstimme nicht perfekt, während ich ihre eigene Stimme, die man in den Extras auf der DVD hören kann, sehr schön fand. Da sie aber eine echte Londonerin spielen sollte, hätte der Akzent trotzdem nicht gepasst. Beim ersten Tonfilm der britischen Filmgeschichte aber direkt mit so einer Idee an den Start zu gehen, hatte einfach was.

Den Film selbst finde ich absolut klasse. Er ist wirklich spannend, da man hier nicht voraussehen kann, wie er ausgehen wird, da hier viele Möglichkeiten im Fortgang offen sind. Wenn man die komplette Filmographie von Hitchcock kennt, ist das Ende sogar außergewöhnlich, obwohl er es völlig anders drehen wollte, was aber nicht gestattet wurde. Mir hätten wahrscheinlich beide Varianten gefallen. Die Inszenierung ist zudem einfach stark. Wie sich die Leuchtreklame in ein Messer verwandelt und das Wort Messer im Dialog der Tonfilmfassung, immer lauter wird und schließlich als Einziges stehen bleibt, ist grandios. Auch das sensationelle Finale auf dem Dach des „British Museum“ ist beeindruckend, wie auch die Tricks, das Innenleben des Museums im Studio zu filmen. Ebenso liefert er eine fantastische Kameraarbeit beim Treppenaufgang ab. Der Film hat einfach eine Menge denkwürdige Szenen. Hitchcock hat hier für mich einen bärenstarken Übergang vom Stumm- zum Tonfilm geschaffen, wobei ich beide Fassungen gleich stark sehe. In der stillen Variante, gefällt mir Anny Ondra besser, was wahrscheinlich an der Synchro liegt und in der Tonfilmfassung hat der Erpresser eine wirklich fiese und markante Stimme, die sein Erscheinen unheimlicher macht. Beide Versionen haben also Vor- und Nachteile. Glücklicherweise befinden sich beide Varianten auf der mir vorliegenden DVD.
 

Tarantino1980

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Der zweite Thriller von Alfred Hitchcock ist aus vielerlei Sicht ein bemerkenswerter Film, der filmgeschichtlich gleich mehrfach genannt werden muss.
Ich bin auch hin und weg von dem Film! Die Laufzeit verging wie im Flug! Tatsächlich, wenn man hier etwas Kritik üben will, war er auch etwas zu kurz, was aber bestimmt auch an dieser Tatsache lieben kann....

Einmal ist es der erste britische Tonfilm überhaupt
... den ich kann mir vorstellen das dies das Produktionsbudget des Filmes ordentlich in die Höhe getrieben hat. Zumal Hitchcock....

und trotzdem markiert er gleichzeitig den letzten Stummfilm, den Hitchcock gedreht hat.
..... mal wieder so innovativ und vorallem weitsichtig war das er hier zwei Versionen des Filmes gedreht hat. Alleine das ist schon wieder total genial! Es ist ja nicht nur einfach so das der Film einmal mit Ton und einmal ohne Ton existiert, er hat ja für den Tonfilm sogar einige Szenen komplett neu gedreht, aber dennoch die Stummfilmszenen so gedreht, das es in der Postproduktion für ihn kein Problem war diese nachträglich zu vertonen! Das nenne ich mal absolute Weitsicht, da zum einen die Branche sich zu diesem Zeitpunkt ja noch sicher war, dass der Tonfilm nur eine Moderscheinung ist und zum anderen zu diesem Zeitpunkt es eher üblich war das man quasi hintendran noch ein paar Dialogszenen dran gepackt hat. Also auch hier muss man sich einfach wieder erwürdig für Hitchcock verneigen!

Tatsächlich war die Stummfilm Version erfolgreicher, was aber auch daran lag, dass die meisten Kinos noch nicht für den Tonfilm ausgerüstet waren.
Ich glaube hier kam wahrscheinlich aber auch noch der finanzielle Aspsekt für den Kinobesucher hinzu. Zum einen hätte man sicherlich häufig etwas weiter fahren müssen, da, wie Du ja auch erwähnt hast, die meisten Kinos noch nicht modernisiert waren, aber zum anderen denke ich haben sich diese moderneren Kinos den Umbau sicherlich auch in Form eines deutlich höheren Eintritts refinanziert. Und das Phänomen hatten bzw. haben wir ja sogar noch heute. Obwohl es dasselbe Kino ist und man teilweise ja sogar die 3D Brille mitbringen kann, muss man dennoch einen Aufschlag bezahlen, was viele davon abhält sich eine Film in 3D anzuschauen. Darüber will ich jetzt hier keine Diskussion lostreten, ich wollte es nur erwähnen weil mir dies auch sofort in den Sinn kam und es daher für mich absolut nachvollziebar war, da es den Film in beiden Versionen gibt, das hier die Stummfilm Version kommerziell erfolgreicher war.


Problematisch war jetzt nur der Akzent von Anny Ondra. Das Studio wollte eher einen Neudreh mit einer anderen Darstellerin, aber Hitchcock setzte sie durch, da er ja bereits in „Champagne“ auf sie verzichten musste. Deshalb ließ er sie live synchronisieren. Joan Barry, die später bei „Endlich sind wir reich“ die Hauptrolle spielte, saß bei den Dreharbeiten daneben und sprach den Text, während Anny Ondra die Lippen bewegte. Irgendwie schade, denn ich fand ihre Synchronstimme nicht perfekt, während ich ihre eigene Stimme, die man in den Extras auf der DVD hören kann, sehr schön fand. Da sie aber eine echte Londonerin spielen sollte, hätte der Akzent trotzdem nicht gepasst. Beim ersten Tonfilm der britischen Filmgeschichte aber direkt mit so einer Idee an den Start zu gehen, hatte einfach was.
Eine total faszinierende Sache! Ich hatte mir natürlich dann nach der Sichtung der beiden Filmfassungen auch diese kurze Screening Szene zwischen Alfred Hitchcock und Anny Ondra angesehen und ich kann Dir nur absolut zustimmen ihr originale Stimme hätte definitiv besser gepasst, aber es gab hier natürlich zwei große Probleme. Zum einen konnte sie wohl nicht so gut Englisch sprechen und zum anderen der Akzent, der für mich als nicht nativ Speaker kaum hörbar war und absolut okay gewesen wäre, aber wahrscheinlich für den Engländer ein großes Problem dargestellt hätte, nicht vom Verstehen her, sondern weil sie eben eine junge Dama aus London gespielt hat, was man natürlich heutzutage mit einem geschickten Drehbuchkniff hätte lösen können, aber damals wohl einfach nicht so üblich war. Dennoch war die Idee, die Hitchcock hier hatte und angewendet hat auch wieder einfach nur genial! Ich bin mir sicher viele hätten hier einfach eine Umbesetzung gemacht, was aus technischer Sicht einfacher gewesen wäre. Aber Hitchcock hat sich durchgesetzt und hat diese Variante gewählt. Einfach nur genial!

Den Film selbst finde ich absolut klasse. Er ist wirklich spannend, da man hier nicht voraussehen kann, wie er ausgehen wird, da hier viele Möglichkeiten im Fortgang offen sind.

Wenn man die komplette Filmographie von Hitchcock kennt, ist das Ende sogar außergewöhnlich, obwohl er es völlig anders drehen wollte, was aber nicht gestattet wurde.
Tatsächlich gefällt mir das Filmende, so wie es ist, sehr gut, auch wenn es natürlich etwas zu humoristisch angelegt ist und das gelächter zum Ende hin nicht so ganz zu eigentlichen Grundton des Filmes passt. Aber gerade weil es ein komplett anderes Ende ist, was für Hitchcock so untypisch ist, also das jemand unschuldiges, zumindest was diesen Mord angeht, auf Grund der Polizeijagd dann um leben kommt und die eigentliche Schuldige, auch wenn es ihr sicherlich als Notwehr hätte ausgelegt werden können, lachend und auf freiem Fuss ist. Schon bemerkenswert.

Im Übrigen fand ich die komplette Seqzenz zwischen Alice und dem Künstler, der im übrigen perfekt von Cyril Ritchard gespielt wurde, einfach nur super! Hier hat Hitchcock wieder soviele geniele Ideen umgesetzt. Angefangen über den phänomenalen Treppenaufstieg der beiden in das Appartment, das man auch mit einem kleinen Schnitt hätte einfach lösen können ohne diesen Aufstieg zu zeigen, aber auch so Kleinigkeiten was Alice und er dort kurz gemalt haben. Hitchcock hätte alles zeigen können auf der Leinwand aber es wurde, wenn natürlich auch nur sehr rudimentär angedeut, ein Akt einer Frau. Wieder mal eine kleine schelmische Szene von ihm. Aber auch, zumindest in der Tonfilmfassung, das Klavier mit einzubauen was man sozusagen zugleich als Abschiedswinken zum Stummfilm aber auch als neue Möglichkeit des Tonfilms sehen kann. Einfach eine tolle Idee hier direkt in seinem ersten Tonfilm dies mit einzubauen das man wirklich das Klavier, welches zuvor in den Stummfilmen als Begleitung diente, so prominent zu platzieren und es als Teil der Handlung zu verwenden. Und natürlich der Mord, der auf eine versuchte Vergewaltigung folgt. Auch wenn man davon nichts sieht, das wäre dann für die damalige Zeit natürlich viel zu viel gewesen, hat man unweigerlich wieder Bilder im Kopf die, da sind wir wieder beim Vergleich das die extremsten Bilder in der Vorstellung des Zuschauers erzeugt werden. Selbst wenn er es hätte zeigen können wäre es sicherlich nicht so brutal ausgefallen wie ich mir das vor meinem inneren Auge vorgestellt habe. Den der Künstler, die Figur hatte glaube ich in dem Film keinen Vornamen oder, war hier die perfekte Täter Figur. Zunächst schien er soviel syhympatischer wie der eigentliche Freund von Alice, entpuppte sich dann aber als Vergewaltiger der wirklich nur eines im Sinn hatte. Auch hier war Hitchcock seiner Zeit wieder weit vorraus, da diese Thematiken 1929 sicherlich keine Standartkost für das Kinopublikum war.

Was mir aber auch in dem Zusammenhang sehr gut gefallen hat war der Schrei der zunächst von Alice auszugehen schien, dann aber durch eine Überblendung die Vermieterin gezeigt hat, die den Toten gefunden hat. Übrigens auch eine große Auffällligkeit die mir vorher zwar bewusst war, aber jetzt durch die Stummfilme dieser Zeit mir nochmal sehr präsent gemacht wurde, das es damals total üblich war das die Vermieterin einfach so in deine Wohnung rein kam. Aus heutiger Sicht ein totales Nogo, aber damals war das total normal und offenbar hat es auch niemanden großartig gestört oder es war halt so normal, das man es halt akzeptieren musste das die neugierige Vermieterin quasi jeder Zeit in der Wohnung auftauchen könnte. Hier war es natürlich für die Handlung des Filmes total wichtig und richtig!

Mir hätten wahrscheinlich beide Varianten gefallen.
Ich habe zuerst die Stummfilm Version gesehen, die mir auch gut gefallen hat und danach die Tonfilm Version, die für mich aber deutlich vorne liegt, da sie einfach dynamischer wirkt und eben, wie z.B. der Schrei der Vermieterin oder eben der ikonische "Messer" Dialog wo Alice mit ihren Eltern beim Frühstück sitzt und die Dame dann dieses Wort, was zunächst nur in einem rauschen immer leise erklingt dann förmlich, zumindest für Alice Ohren, herrausschreit. Ich hatte so ein fettes Grinsen im Gesicht als ich diese Szene gesehen hatte. Das war einfach der Wahnsinn!

Wie sich die Leuchtreklame in ein Messer verwandelt
Auch dies fand ich grandios und funktioniert natürlich auch in der Stummfilm Version perfekt!

Auch das sensationelle Finale auf dem Dach des „British Museum“ ist beeindruckend, wie auch die Tricks, das Innenleben des Museums im Studio zu filmen.
Auch das fand ich wirklich sensationell, selbst aus heutiger Sicht noch ein absolutes Highlight der Filmgeschichte. Das Innenleben des Museums sah so gut aus, obwohl es Studioaufnahmen sind und er weider mit Spiegel gearbeitet hat, einfach nur, vielleicht sogar gerade deshalb weil er nicht mal so eben im British Museum filmen konnte, so faszinierend! Klar wenn man sich mit dieser Filmzeit beschäftigt ist einem sofort klar das er hier nicht drinnen filmen konnte, aber wie er es gelöst hat sieht so unfassbar gut und beeindruckend aus, das mit Sicherheit damals niemals dies als Filmtrick entlarft hat. Ich gehe sogar soweit das dies, auch wenn Hitchcock dieses Verfahren nicht erfunden sondern lediglich für seine Filme adapitert hat, die ersten Vorläufer zu CGI in Filmen waren. Und hier ziehe ich noch viel mehr meinen Hut vor, weil es viel aufwendiger war und die Leute viel kreativer sein mussten um diese Szenen in Filme mit einzubinden so das es dann im fertigen Endprodukt so gut aussah und sogar heute, knapp 100 Jahre später auf einem modernen TV noch immer gut aussieht. Wenn ich daran denke wie billig teilweise manche Effekte aus den 90er bzw. frühen 2000er Jahren heute auf meinem 4K TV aussehen, ist dies umso beeindruckender das solche Szenen aus einem Film von 1929 immer noch gut aussehen!

In der stillen Variante, gefällt mir Anny Ondra besser, was wahrscheinlich an der Synchro liegt
Hier bin ich bei dir weil man sich, wenn wohl auch nur unterbewusst, viel stärker auf Ihre Gestik und Mimik konzentriert hat, welche im übrigen wieder super war - eine tolle Frau - aber eben auch an der nicht ganz so passenden Synchronstimme. Aber ich denke es war dann auch für sie eine große Herrausforderung wirklich am Set nicht sprechen zu dürfen, sondern nur ihre Lippen zu bewegen. Das schrenkt natürlich das Spiel auch extrem ein, den auch wenn man sich, so wie ich synchronisierte Fassungen anschaut, durften natürlich im original die Darsteller*Innen selbst sprechen und somit ist dann auch in der Synchro Fassung ihre Gestik und Mimik vorhanden, was hier in der Tonfilmfassung sicherlich etwas verfälscht ist durch die Tatsache das Anny Ondra eben nicht sich selbst sprechen konnte.

und in der Tonfilmfassung hat der Erpresser eine wirklich fiese und markante Stimme, die sein Erscheinen unheimlicher macht.
Hier stimme ich Dir absolut zu. Aber auch die komplette Sequenz zwischen Alice und dem Künstler kam für mich in der Tonfilm Fassung viel dynamischer rüber.

Einen kleinen Kritikpunkt habe ich jedoch bei dem Film, ich wurde mit John Longden nicht so richtig warm. Natürlich war seine Figur zu Anfang bewusst unsymphatisch angelegt, damit es überhaupt einen Grund für Alice gab mit dem anderen Mann mitzugehen, aber auch im weiteren Verlauf des Filmes konnte ich keinen großen Bezug zu ihm herstellen. Ich denke mit einem anderen Darsteller wäre es mir anders ergangen. Aber das ist wirklich Meckern auf sehr hohem Niveau, weil der Film wir ansonsten ausgesprochen gut gefallen hat!

Und auch wenn es von dem Film keine synchronisierte Fassung gibt, werde ich ihn mir auf jeden Fall nochmal irgendwann ansehen. Tatsächlich fällt es mir bei britischen Filmen nicht so schwer dem gesprochenen Wort im O-Ton zu folgen als bei amerikanischen Produktionen, was häufig am starken Dialekt der einzelnen Darsteller in den USA liegt. Besonders bei Darstellern aus den Südstaaten verstehe ich akkustisch deutlich weniger. Hier bei Blackmail liegt der Film ja im OmU vor, aber ich habe fast kaum die Untertitel benötigt, da ich das Oxford Englisch sehr gut verstehen und für mich übersetzen kann.
 

deadlyfriend

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Ich bin auch hin und weg von dem Film! Die Laufzeit verging wie im Flug! Tatsächlich, wenn man hier etwas Kritik üben will, war er auch etwas zu kurz, was aber bestimmt auch an dieser Tatsache lieben kann....


... den ich kann mir vorstellen das dies das Produktionsbudget des Filmes ordentlich in die Höhe getrieben hat. Zumal Hitchcock....


..... mal wieder so innovativ und vorallem weitsichtig war das er hier zwei Versionen des Filmes gedreht hat. Alleine das ist schon wieder total genial! Es ist ja nicht nur einfach so das der Film einmal mit Ton und einmal ohne Ton existiert, er hat ja für den Tonfilm sogar einige Szenen komplett neu gedreht, aber dennoch die Stummfilmszenen so gedreht, das es in der Postproduktion für ihn kein Problem war diese nachträglich zu vertonen! Das nenne ich mal absolute Weitsicht, da zum einen die Branche sich zu diesem Zeitpunkt ja noch sicher war, dass der Tonfilm nur eine Moderscheinung ist und zum anderen zu diesem Zeitpunkt es eher üblich war das man quasi hintendran noch ein paar Dialogszenen dran gepackt hat. Also auch hier muss man sich einfach wieder erwürdig für Hitchcock verneigen!
Kann ich so unterschreiben. Tatsächlich machte es auch sehr viel Spaß, beide Versionen zu sehen. Da konnte man sehr schön, die Unterschiede aufgreifen.
Ich glaube hier kam wahrscheinlich aber auch noch der finanzielle Aspsekt für den Kinobesucher hinzu. Zum einen hätte man sicherlich häufig etwas weiter fahren müssen, da, wie Du ja auch erwähnt hast, die meisten Kinos noch nicht modernisiert waren, aber zum anderen denke ich haben sich diese moderneren Kinos den Umbau sicherlich auch in Form eines deutlich höheren Eintritts refinanziert.
Dazu konnte ich bislang nichts finden aber das hört sich in jedem Fall plausibel an.
Eine total faszinierende Sache! Ich hatte mir natürlich dann nach der Sichtung der beiden Filmfassungen auch diese kurze Screening Szene zwischen Alfred Hitchcock und Anny Ondra angesehen und ich kann Dir nur absolut zustimmen ihr originale Stimme hätte definitiv besser gepasst, aber es gab hier natürlich zwei große Probleme. Zum einen konnte sie wohl nicht so gut Englisch sprechen und zum anderen der Akzent, der für mich als nicht nativ Speaker kaum hörbar war und absolut okay gewesen wäre, aber wahrscheinlich für den Engländer ein großes Problem dargestellt hätte, nicht vom Verstehen her, sondern weil sie eben eine junge Dama aus London gespielt hat, was man natürlich heutzutage mit einem geschickten Drehbuchkniff hätte lösen können, aber damals wohl einfach nicht so üblich war. Dennoch war die Idee, die Hitchcock hier hatte und angewendet hat auch wieder einfach nur genial! Ich bin mir sicher viele hätten hier einfach eine Umbesetzung gemacht, was aus technischer Sicht einfacher gewesen wäre. Aber Hitchcock hat sich durchgesetzt und hat diese Variante gewählt. Einfach nur genial!
Ja, bei dieser innovativen Idee habe ich auch einfach nur gestaunt und ich bin wirklich froh, das man Anny Ondra hier weitermachen lassen hat. Ich fand sie sehr stark und mag sie auch. War ja damals auch schon zurecht ein Star.
Tatsächlich gefällt mir das Filmende, so wie es ist, sehr gut, auch wenn es natürlich etwas zu humoristisch angelegt ist und das gelächter zum Ende hin nicht so ganz zu eigentlichen Grundton des Filmes passt.
Das fand ich gar nicht verkehrt, weil man merkt dass das Gelächter aufgesetzt und erzwungen ist.
Aber gerade weil es ein komplett anderes Ende ist, was für Hitchcock so untypisch ist, also das jemand unschuldiges, zumindest was diesen Mord angeht, auf Grund der Polizeijagd dann um leben kommt und die eigentliche Schuldige, auch wenn es ihr sicherlich als Notwehr hätte ausgelegt werden können, lachend und auf freiem Fuss ist. Schon bemerkenswert.
Tatsächlich hätte mich sein geplantes Ende eher geärgert, da ich sie mochte. Dadurch war zwar die Eingangssequenz "umsonst", da er den Clou ja nicht ausgespielt hat, aber um ihren Charakter hätte es mir unendlich leid getan. Wenn er dann noch den geplanten Dialog eingebaut hätte, mit der Frage ob, er heute Abend wieder mit seiner Freundin Essen geht, hätte das etwas richtig Trauriges gehabt. In jedem Fall, wäre es im Gedächtnis geblieben.
Im Übrigen fand ich die komplette Seqzenz zwischen Alice und dem Künstler, der im übrigen perfekt von Cyril Ritchard gespielt wurde, einfach nur super! Hier hat Hitchcock wieder soviele geniele Ideen umgesetzt. Angefangen über den phänomenalen Treppenaufstieg der beiden in das Appartment, das man auch mit einem kleinen Schnitt hätte einfach lösen können ohne diesen Aufstieg zu zeigen, aber auch so Kleinigkeiten was Alice und er dort kurz gemalt haben. Hitchcock hätte alles zeigen können auf der Leinwand aber es wurde, wenn natürlich auch nur sehr rudimentär angedeut, ein Akt einer Frau. Wieder mal eine kleine schelmische Szene von ihm. Aber auch, zumindest in der Tonfilmfassung, das Klavier mit einzubauen was man sozusagen zugleich als Abschiedswinken zum Stummfilm aber auch als neue Möglichkeit des Tonfilms sehen kann. Einfach eine tolle Idee hier direkt in seinem ersten Tonfilm dies mit einzubauen das man wirklich das Klavier, welches zuvor in den Stummfilmen als Begleitung diente, so prominent zu platzieren und es als Teil der Handlung zu verwenden.
Ja, das fand ich im Vergleich auch sagenhaft und eine wirklich brillante Idee. Da habe ich ebenfalls gefeiert, wie er das in der Tonfilm-Fassung eingesetzt hat.
Und natürlich der Mord, der auf eine versuchte Vergewaltigung folgt. Auch wenn man davon nichts sieht, das wäre dann für die damalige Zeit natürlich viel zu viel gewesen, hat man unweigerlich wieder Bilder im Kopf die, da sind wir wieder beim Vergleich das die extremsten Bilder in der Vorstellung des Zuschauers erzeugt werden. Selbst wenn er es hätte zeigen können wäre es sicherlich nicht so brutal ausgefallen wie ich mir das vor meinem inneren Auge vorgestellt habe. Den der Künstler, die Figur hatte glaube ich in dem Film keinen Vornamen oder, war hier die perfekte Täter Figur. Zunächst schien er soviel syhympatischer wie der eigentliche Freund von Alice, entpuppte sich dann aber als Vergewaltiger der wirklich nur eines im Sinn hatte. Auch hier war Hitchcock seiner Zeit wieder weit vorraus, da diese Thematiken 1929 sicherlich keine Standartkost für das Kinopublikum war.
Absolut nicht, das war schon heftiger Tobak. Auch als Anny Ondra mit dem Messer in der Hand dasteht, ist ein wirklich ikonisches Bild und bärenstark fotografiert. Würde sich fast als Poster eignen.
Was mir aber auch in dem Zusammenhang sehr gut gefallen hat war der Schrei der zunächst von Alice auszugehen schien, dann aber durch eine Überblendung die Vermieterin gezeigt hat, die den Toten gefunden hat.
Unglaublich, oder? Beim ersten Tonfilm auf solche Überlappungen zu kommen ist eine Granate. Da habe ich nur ehrfurchtsvoll den Kopf geschüttelt.
Ich habe zuerst die Stummfilm Version gesehen, die mir auch gut gefallen hat und danach die Tonfilm Version, die für mich aber deutlich vorne liegt, da sie einfach dynamischer wirkt und eben, wie z.B. der Schrei der Vermieterin oder eben der ikonische "Messer" Dialog wo Alice mit ihren Eltern beim Frühstück sitzt und die Dame dann dieses Wort, was zunächst nur in einem rauschen immer leise erklingt dann förmlich, zumindest für Alice Ohren, herrausschreit. Ich hatte so ein fettes Grinsen im Gesicht als ich diese Szene gesehen hatte. Das war einfach der Wahnsinn!
Wie gesagt, mag ich beide Varianten und hatte sehr viel Freude daran.
Auch das fand ich wirklich sensationell, selbst aus heutiger Sicht noch ein absolutes Highlight der Filmgeschichte. Das Innenleben des Museums sah so gut aus, obwohl es Studioaufnahmen sind und er weider mit Spiegel gearbeitet hat, einfach nur, vielleicht sogar gerade deshalb weil er nicht mal so eben im British Museum filmen konnte, so faszinierend! Klar wenn man sich mit dieser Filmzeit beschäftigt ist einem sofort klar das er hier nicht drinnen filmen konnte, aber wie er es gelöst hat sieht so unfassbar gut und beeindruckend aus, das mit Sicherheit damals niemals dies als Filmtrick entlarft hat. Ich gehe sogar soweit das dies, auch wenn Hitchcock dieses Verfahren nicht erfunden sondern lediglich für seine Filme adapitert hat, die ersten Vorläufer zu CGI in Filmen waren. Und hier ziehe ich noch viel mehr meinen Hut vor, weil es viel aufwendiger war und die Leute viel kreativer sein mussten um diese Szenen in Filme mit einzubinden so das es dann im fertigen Endprodukt so gut aussah und sogar heute, knapp 100 Jahre später auf einem modernen TV noch immer gut aussieht. Wenn ich daran denke wie billig teilweise manche Effekte aus den 90er bzw. frühen 2000er Jahren heute auf meinem 4K TV aussehen, ist dies umso beeindruckender das solche Szenen aus einem Film von 1929 immer noch gut aussehen!
Kann ich auch komplett unterschreiben. Was die damals geleistet haben, ist wirklich überragend. Richtige Pioniere und wenn ich sehe wie heute teilweise gearbeitet wird, wird mir schlecht. Ich war übrigens erst im letzten Jahr im "British Museum" und musste schmunzeln als ich den Eingang sah.
Hier bin ich bei dir weil man sich, wenn wohl auch nur unterbewusst, viel stärker auf Ihre Gestik und Mimik konzentriert hat, welche im übrigen wieder super war - eine tolle Frau - aber eben auch an der nicht ganz so passenden Synchronstimme. Aber ich denke es war dann auch für sie eine große Herrausforderung wirklich am Set nicht sprechen zu dürfen, sondern nur ihre Lippen zu bewegen. Das schrenkt natürlich das Spiel auch extrem ein, den auch wenn man sich, so wie ich synchronisierte Fassungen anschaut, durften natürlich im original die Darsteller*Innen selbst sprechen und somit ist dann auch in der Synchro Fassung ihre Gestik und Mimik vorhanden, was hier in der Tonfilmfassung sicherlich etwas verfälscht ist durch die Tatsache das Anny Ondra eben nicht sich selbst sprechen konnte.
Ich denke auch, dass das für sie eine große Einschränkung war aber sie hat es dennoch gut gemacht. Wirklich eine tolle Darstellerin, die ich nicht zum letzten mal gesehen haben werde.
Einen kleinen Kritikpunkt habe ich jedoch bei dem Film, ich wurde mit John Longden nicht so richtig warm. Natürlich war seine Figur zu Anfang bewusst unsymphatisch angelegt, damit es überhaupt einen Grund für Alice gab mit dem anderen Mann mitzugehen, aber auch im weiteren Verlauf des Filmes konnte ich keinen großen Bezug zu ihm herstellen. Ich denke mit einem anderen Darsteller wäre es mir anders ergangen. Aber das ist wirklich Meckern auf sehr hohem Niveau, weil der Film wir ansonsten ausgesprochen gut gefallen hat!
Ich glaube schon, das Hitchcock ihn genauso beabsichtigt dargestellt hat. Der starke Mann und Beschützer, der sie damit aber unterdrückt. In vielen Fällen denkt man, dass es gut ist das er da ist und sie somit Hilfe hat aber die Hilfe so übertreibt, das man wiederum denkt, er soll sich zurückhalten. Ich glaube das war eine bewusste Entscheidung.
Und auch wenn es von dem Film keine synchronisierte Fassung gibt, werde ich ihn mir auf jeden Fall nochmal irgendwann ansehen. Tatsächlich fällt es mir bei britischen Filmen nicht so schwer dem gesprochenen Wort im O-Ton zu folgen als bei amerikanischen Produktionen, was häufig am starken Dialekt der einzelnen Darsteller in den USA liegt. Besonders bei Darstellern aus den Südstaaten verstehe ich akkustisch deutlich weniger. Hier bei Blackmail liegt der Film ja im OmU vor, aber ich habe fast kaum die Untertitel benötigt, da ich das Oxford Englisch sehr gut verstehen und für mich übersetzen kann.
Beide Versionen werden auch mir nicht letztmalig im Player gewesen sein!
 
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