Ich werde wirklich alt
.
Ich hatte den Film tatsächlich schon einmal gesehen und zwar
2015. Es ging mir jedoch wie Dir deadly, erst durch die heutige Zweitsichtigung ist der Film bei mir gewachsen, was wohl hauptsächlich daran liegt das ich in diesen sechs Jahren nicht nur noch tiefer in das Genre eingetaucht bin, sondern auch eine Leidenschaft für den Italian Gothic Horror entwickelt habe. Und dieser Film strotzt ja nur von solchen Elementen, ist also wirklich ein schöner Hybride, da ich nun auch die Giallo Elemente deutlicher wahrgenommen habe, als bei meiner Erstsichtung.
Miraglia hielt sich allerdings nicht daran, weshalb er vielleicht heute etwas kritischer betrachtet wird. Visuell erschuf er hier einen Hybriden aus Italian Gothic und eben dem Giallo.
Ich glaube das war tatsächlich damals bei mir einer der Hauptgründe warum der Film nicht komplett gezündet hatte. Ich hatte, da er ja im Rahmen der Italo-Giallo Series von X-Rated erschienen ist, einen reinrassigen Giallo erwartet. Hinzu kam, mal abgesehen von ein paar Ausnahmen von
Dario Argento, das ich 2015 noch kaum andere Genre Vertreter außerhalb des Giallo gesehen hatte. Das aber gerade die Italo Ecke sehr vielfälltig ist und es sehr viele Sub Genres gibt, welche in einigen Filmen auch hervorragend miteinander kombiniert wurden, wurde mir erst später bewusst. Auch durch die Tatsache das dieser Film eben nicht in Italien spielt, sondern in England und somit unweigerlich ein paar Einflüsse aus den damaligen englischen Gruselfilmen beinhaltet, welche ich zu dem damaligen Zeitpunkt auch noch nicht so ganz begriffen bzw. gewertschätzt hatte, hatte mich damals wohl etwas enttäuscht, da ich eben einen reinrassigen Giallo erwartet hatte.
Was mich damals aber schon fasziniert hatte und woran ich tatsächlich bei meiner Zweitsichtung auch sofort wieder daran erinnert wurde das ich ihn kenne, war diese Hervorragende Sequenz als Lord Cunningham mit seinem ersten Opfer raus auf sein Anwesen fuhr und dann zunächst ein total heruntergekommenes Anwesen, auch von innen, zu sehen war und dieser eine Raum komplett aus der Art schlug und modern, modisch und hell eingerichtet war. Ein extremer Kontrast welchen ich damals schon mochte. Als er dann auch noch mit ihr in den Folterkeller wechselte war die Atmosphäre perfekt. Damals fand ich diese Sequenz schon gut, heute fand ich sie phantastisch!
Die Kulissen sind fabelhaft und zum Teil wahnsinnig gut ausgeleuchtet. Diesen Gothic-Horror Touch, garniert er aber eben mit J&B, viel nackter Haut und manchmal auch schwarzen Handschuhen.
Auch hier war der Mix wirklich sehr gut. Lustigerweise fällt einem als Genre Fan die J&B Flasche immer sofort auf!
Aber gerade dieser Gothic-Horror Touch, die Szenen in diesem Schloss bzw. in der Gruft hatten für mich heute eine unheimlich dichte Atmosphäre.
Generell hat mir auch die HD Restauration sehr gut gefallen! Man spürt einfach bei diesen Filmen mit wieviel Liebe zum Detail gearbeitet wurde und wie hochwertig die Produktionen doch waren, obwohl sie mit deutlich weniger Budget auskamen als aktuelle Filme. Ich denke das ist bei mir tatsächlich einer der Hauptgründe warum ich ältere Filme mittlerweile häufig aktuellen Produktionen vorziehe, da hier Sets noch handgemacht wurden, teilweise sogar echte Schauplätze verwendet wurden bzw. wenn es Studio Aufnahmen waren diese sehr gut in Szene gesetzt wurden. Und es wurden eben, aus mangel an CGI, nur praktische Effekte verwendet. Das im Gesamtpaket wirkt einfach für mich zeitlos. Bei aktuellen "älteren" Filmen werden CGI Effekte häufig enttarnt weil man spürt das sie damals nur halbherzig, aus Kostengründen, eingefügt wurden. Spätestens aber wenn man richtig gute CGI kennt sieht man den Unterschied. Wobei es heutzutage leider auch häufig übertrieben wird. Manchmal sieht es noch sehr gut aus und man fragt sich wirklich war es CGI oder waren es doch echte Kulissen. Diese Frage hatte ich mir z.B. kürzlich bei
The Last Duel gestellt. Und immer wenn ich mir diese Frage stelle weiß ich das, falls es doch CGI war, es sehr qualitativ war und eben dezent eingesetzt wurde. Wenn ich aber, was häufig auch der Fall ist, den Eindruck habe das das einzig Echte an dieser Szene gerde nur die Darsteller sind und alles andere im Computer entstanden ist, verdirbt es mir häufig den Filmgenuss. Und ich rede jetzt nicht von SciFi bzw. Marvel Filmen, da erwarte ich nichts anderes. Häufig wird dies aber auch bei ganz normalen Action bzw. Thrillern schon verwendet.
Und genau hier punkten halt die italienischen Produktionen aus dieser Zeitepoche, auch bzw. gerade wenn man sie schön und viel Liebe restauriert um sie uns Fans in HD zu präsentieren. Man sieht hier einfach das damals, obwohl damals bis bei der Kinoauswertung diese vielen schönen Details kaum einer wahrnehmen konnte, da sie dann später im TV bzw. noch später auf VHS im Wohnzimmer mangels technischer Möglichkeiten kaum noch wahrnehmbar waren. Doch jetzt können wir all diese kleinen Feinheiten und die Liebe zum Detail im Setdesign bewundern was ein extrem großer Pluspunkt, auch bei dieser Produktion, war!
Dieses Überlappen der visuellen Schwerpunkte, dürfte aber mit Sicherheit nicht für Kritik gesorgt haben, da dies jetzt nicht sonderlich selten war. Ich denke eher es lag an der Figurenkonstellation und die ist dann tatsächlich nicht von dieser Welt.
Ich glaube mit dieser Vermutung liegst Du vollkommen richtig. Anders wie in den meisten Genrevertretern, gibt es hier keinen klar guten Protagonisten der einem von Anfang an symphatisch ist.
Emilio Miraglia spielt hier aber auch sehr gut mit dem Zuschauer. Zu Anfang des Films ist man sich sehr sicher das Lord Cunningham der klassische Antragonist ist und man im Film dann zu sehen bekommt wie ihm das Handwerk gelegt wird. Wie eben jemand auf seine dunkle Seite aufmerksam wird und diese offenbahrt.
Was sich Emilio Miraglia hierbei gedacht hat, vermag man heute wohl nicht mehr zu sagen, aber ich finde es erfrischend und großartig. Direkt zu Beginn sieht man unseren Hauptprotagonisten wie er eine Dirne bezahlt und im Auto mitnimmt. Unterwegs hält er an, wechselt die Autokennzeichnen und fährt mit ihr auf sein Schloss. Da die Bezahlung gut ist, verspricht sie ihm alles zu tun, wonach ihm gerade ist. Ihm ist nach einer ganzen Menge, was sie dann auch das Leben kostet.
Ein strahlender Filmheld sieht definitiv anders aus, zumal er sich direkt danach bereits an das nächste Opfer heranpirscht. Dies wirkt auf den Zuschauer erstmal absolut befremdlich, da man keine Identifikationsfigur besitzt. Die taucht erst später auf aber auch unser Mörder wird langsam sympathisch, denn auf dem Schloss gehen weitere seltsame Dinge vor sich.
Das er dann aber selbst im Laufe das Filmes zum Opfer wird, macht ihn zwar nicht symphatischer, aber dennoch wechselt hier die Sichtweise deutlich. Dennoch gibt es hier keinen klaren Helden im Verlauf des Filmes und somit auch keine Identifikationsfigur.
Glücklicherweise war meine Erinnerung an den Film mach sechs Jahren sehr verblasst, so das ich das doppelte Spiel von Gladys und George nicht mehr in Erinnerung hatte. Tatsächlich kam mir die Erinnerung wirklich erst bei der letzten Szene dann wieder. Die hatte sich auch in mein Filmauge eingebrannt, weil die Auflösung und auch das Setting mich tatsächlich an die Serie Columbo erinnerte. Hätte man Quasi nur die Notarsitzung und somit die Umverteilung des Geldes von Lord Cunningham und eben diesen Doppelmord zu gesicht bekommen, es wäre der perfekte Anfang für einen Columbo Fall gewesen. Und es wäre bestimmt auch interessant gewesen zu sehen wie er dann heraus gefunden hätte, in welcher Beziehung die Opfer und George dann doch zueinander gestanden hatten.
Aber bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich keine Erinnerung mehr wie alles Endet, was natürlich zur Spannung beitrug. Das Susie aber nochmal in Erscheinung tritt war mir irgendwie klar, da man nicht sah das sie umgebracht wurde und das ist tatsächlich ein Gesetzt in der Filmwelt, wenn man nicht sieht das eine Figur in einem Film stirbt ist es wahrscheinlich das man ihn bzw. sie nochmal wieder sieht, in welcher Form auch immer.
Ganz ehrlich, für diesen Mut allein muss man den Film schon lieben. Zudem lässt er Mordfälle einfach ungeklärt und auch nicht jedes Verbrechen wird mit Gerechtigkeit gesühnt. Das ist schon ganz starker Tobak, der uns hier serviert wird und auf den muss man sich auch erstmal einlassen.
Gibt es eigentlich einen Grund warum
Emilio Miraglia nach
The Red Queen Kills 7 Times keinen Film mehr inszeniert hat. Den hatte ich auch schon gesehen und komischerweise hatte der damals bei mir mehr gezündet, obwohl er, so zumindest meine Erinnerung, recht ähnlich ist vom Setting, ohne das es eine Kopie dieses Filmes ist. Aber eine Handschrift des Regisseurs, zumindest bei diesen beiden Filmen, ist doch schon zu erkennen.
Zugegeben, bei meiner damaligen Erstsichtung war ich auch noch nicht völlig bereit dazu und er kam deutlich schlechter bei mir weg. Inzwischen sehe ich den Film mit anderen Augen und mag ihn echt gerne. Allein die völlig durchgeknallte Figurenpositionierung ist schon eine Sichtung wert. Auch weil man nach 5 Minuten bereits weiß, dass der Hauptdarsteller unglaublich einen an der Waffel hat. Das macht den Film außergewöhnlich aber irgendwie auch liebenswert.
Es ist halt definitiv etwas anderes und alleine durch die Tatsache das es eben ein Hybrid zwischen Giallo und Italian Gothic Horror ist macht den Film sehr interessant.
Zudem ist die Besetzung mit Anthony Steffen, Marina Malfatti und Erika Blanc hervorragend und mit Bruno Nicolai ein ausgezeichneter Komponist am Werk. Genrefan, was willst du mehr?
Dem kann ich mich absolut anschließen. Der Cast ist ein Traum und der Score hat mich tatsächlich sehr gefesselt. Es passte einfach zu den sehr stimmigen Bildern!
Erika Blanc sehe ich inzwischen auch sehr gerne. Nicht nur das es eine schöne Frau ist, ich mag auch ihre Darstellungen sehr. Nur wegen ihr habe ich mir dieses Jahr übrigens
Todeskreis Libelle gekauft, den ich auch noch sichten muss. Ich bin halt auf sie in
Die toten Augen des Dr. Dracula aufmerksam geworden, in dem sie mir ausgesprochen gut gefallen hat.