Die Frau in Schwarz
Rechtsanwalt Arthur Kipps hat es nicht leicht. Seine Frau ist vor 4 Jahren bei der Geburt seines Sohnes verstorben und konnte das nie ganz verwinden. Dies geht auch zu Lasten seiner Arbeit, wo man ihm inzwischen etwas ungehalten gegenübersteht. Er bekommt noch eine letzte Chance und wird zum Marsh House geschickt, um den dortigen Nachlass zu regeln, da die Besitzerin des Anwesens kürzlich verstorben ist. Das Haus liegt vor der Küste und ist nur bei Ebbe zu erreichen, oder eben auch zu verlassen. Die Anwohner des nebenan liegenden Dorfes begegnen ihm absolut unwirsch und versuchen ihn schnell wieder loszuwerden. Da dies seine letzte Chance ist, lässt er sich nicht von seinem Auftrag abbringen und verbringt die Nacht in dem alten Haus. Dort geschehen seltsame Dinge und zudem entdeckt er im Garten eine in schwarz gekleidete Frau, die plötzlich wieder verschwindet. Am nächsten Tag gibt es im Dorf einen Todesfall, für den er nur durch seine Anwesenheit verantwortlich gemacht wird. Er versucht nun zu ergründen, was hier eigentlich vor sich geht.
Nach 1989 ist dies die zweite Romanverfilmung von „The Woman in Black“ und niemand anderes als das namhafte Unternehmen Hammer, brachte den Stoff nach seiner Wiedergeburt auf die Leinwand und blieb seinen Vorlieben treu: Klassischen Grusel um die Jahrhundertwende. Vermutet man im Erscheinungsjahr 2012 einen weiteren CGI-Overkill, kann man hier komplett aufatmen. Ganz viele Dinge wurden direkt vor Ort gedreht. Sei es das Dorf selbst, oder aber auch die Zufahrtsstraße zur Villa, die tatsächlich nur bei Ebbe existiert. Das ist ganz große Klasse und trägt ungemein zur Atmosphäre bei. Wie man es nicht macht, hat man bei Guillermo del Toros „Crimson Peak“, 3 Jahre später gesehen. Als Regisseur hat man sich für James Watkins entschieden, der 4 Jahre zuvor mit „Eden Lake“ einen riesigen Hit im Bereich Terrorfilm hatte. Glücklicherweise ist dieser Film hier, deutlich angenehmer zu schauen, da er tatsächlich richtigen Hammer-Grusel bietet. Mit Daniel Radcliffe hat man natürlich auch einen äußerst namhaften Darsteller an Bord, der hier absolut gelungen gegen sein „Harry Potter“ Image anspielt. Natürlich gab es zum Film auch viele negative Stimmen, die dem Film Old-school-Grusel und ein altbackenes Sujet vorwerfen. Stimmt auch irgendwie, aber gerade dafür bin ich dem Film äußerst dankbar, da er sich auf die für mich wichtigen Dinge eines Gruselfilms konzentriert: Eine mit Nebelschwaden durchtränkte Schauer-Atmosphäre, wenig CGI, viele echte Locations, ein tolles Set-Design, gruselige Einfälle und eine gespenstische Geschichte. Der Film ist eine wahre Wohltat, für das durch Clowns, Folter und Terror geschundene Horror-Herz, welches mehr verlangt als Blutfontänen im Stakkato-Rhythmus. Gerade die ruhige Bildsprache ohne hektische Schnitte, ist hier für mich das Elixier, welches mir verdammt viel Freude bereitete. Eine klare Empfehlung an alle, die noch echte Gruselfilme bevorzugen.