Diabolisch aka Der Zeuge hinter der Wand
Nachdem die Frau von Paul verstorben ist, heiratet er die rund 20 jahre jüngere Elise. Gemeinsam leben die Beiden in Spanien in einer großen Villa. Als Paul beruflich wieder unterwegs ist trifft Elise das erste mal auf ihren zwölf jährigen Stiefsohn Marcus, der früher als erwartet aus dem Internat zurückkommt.
In seinem zweiten Spielfilm saß
Andrea Bianchi nicht alleine auf dem Regiestuhl, sondern teilte sich die Regie mit
James Kelley. Zu welchen Teilen hier welcher Regisseur für den Film verwantwortlich war konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen, aber anhand meiner bisherigen Kenntnisse von Andrea Bianchi´s Werken, denke ich schon zu wissen welche Szenen von ihm inszeniert wurden. Im Allgemeinen würde ich jedoch sagen das
James Kelley den größeren Anteil des Filmes inszeniert hat und
Andrea Bianchi nur ein paar Sequenzen, diese aber absolut passend zum Film und sehr verstörend, drehte. Es handelt sich bei
Diabolisch zwar nicht um einen Gialli, aber dennoch um einen interessanten Genre Film aus den 70ern und somit war mein Interesse definitiv geweckt. Die Story basiert auf der Novelle
Turning of the Screw von
Henry Thomas, welche bereits schon für
Das Schloss des Schreckens von 1961 als Inspiration diente.
Mal abgesehen von der ersten Szene wirkt der Film zunächst eher wie ein Familiendrama. Die neue, deutlich jüngere Ehefrau, die sich zunächst einmal das Vertrauen ihres Stiefsohnes verdienen muss, der verhaltensauffällige Sohn und der Witwer, der mit einer neuen Frau an seiner Seite eher nach vorne blicken will und wieder die heile Familie haben will. Das erste drittel des Filmes läuft daher genau in dem Muster ab wie man es als Zuschauer bereits aus einigen Filmen kennt. Der einzige Vorteil, den der Film bereits hier gegenüber anderen Genre Vertretern des Familiendramas hat, ist seine schöne Optik. Schöne Landschaftsaufnahmen und toll eingefangene Bilder in mitten einer schönen spanischen Villa, sorgen sofort dafür das man sich als Zuschauer dort wohl fühlt. Man bekommt sofort ein Urlaubsfeeling geboten. Im zweiten Drittel des Films spürt man aber recht schnell und deutlich das der Film spürbar die Spannungsschraube anzieht und er sich eher zu einem Thriller hin entwickelt hat. Der Zuschauer wird immer tiefer in den Bann der Geschehnisse gezogen und genauso wie Elise will man einfach die ganze Geschichte erfahren. Der letzte Teil des Filmes ist dann wirklich sehr verstörend und auch aus heutiger Sicht noch sehr schokierend, zumindest für mich. Es ist kein neues Thema in der Filmwelt, aber ich habe es bisher selten so explizit in einem Film gesehen. In Deutschland war der Film wohl lange Zeit nur geschnitten zu bekommen, aber generell war er nie auf dem Index, was mich wirklich sehr wundert, weil er zwar nicht brutal ist, also man keine abgetrenten Gliedmaßen oder Innereien zu Gesicht bekommt, aber die Bilder die man zusehen bekommt bzw. die sich auch teilweise in der Fantasie des Zuschauers abspielen, sind schon recht heftig und waren auch für mich nur sehr schwer verdaulich. Daher war ich sehr verwundert das der Film nicht auf dem Index war.
Der Cast war für mich sehr interessant. Zum einen wäre da die schöne
Britt Eckland, welche ich bereits aus
Der Mann mit dem goldenen Colt kannte, dann noch
Lilli Palmer, die mir noch bestens aus
Das Versteck bekannt war,
Mark Lester, der für sein junges Alter wirklich schon eine tolle Präsenz hatte und die Rolle wirklich gut gespielt hat und natürlich
Hardy Krüger, dessen Filme ich zwar nicht wirklich kenne, er aber damals auch ein beliebter Schauspieler war. Der Cast hat mich also schonmal sehr überzeugt gehabt. Hinzu kam dann noch ein sehr guter Score von
Stelvio Cipriani, der einfach nur absolut passend für den Film war.
Diabolisch ist kein Film der eine breite Masse interessiert hat und daher auch kein Kultfilm oder ein Geheimtipp darstellt. Da es sich auch um eine europäische Co-Produktion handelt (Italien, Spanien, Deutschland und Großbritannien) und auch die USA als Produktionsland mit aufgeführt wird, kann ich noch nichtmal komplett sagen welchen Einfluss man am deutlichsten spürt. Wenn ich mich drauf festlegen müsste würde ich an erster Stelle Spanien nennen, dicht gefolgt von Italien aber auch Großbritannien etwas. Deutschland und die USA waren hier bei dieser Produktion wohl eher nur Geldgeber, aber nicht wirklich vom Stil her einflussnehmend.
Gerade das letzte Drittel des Filmes erzeugte in mir wirklich ein surreales Gefühl. Ich war häufig unschlüssig ob es eher (Alb)Traum Sequenezen waren bzw. Wahnvorstellungen oder ob es wirklich reale Ereignisse waren. Das machte den Schluss wirklich sehr spannend und eine Szene zwischen
Lilli Palmer und
Britt Eckland die inszenatorisch, aber auch darstellerisch sehr stark war. Diabolisch ist ein Film den man sich durchaus einmal ansehen kann wenn man sich gerne Filme aus dem europhäischen Genre Kino anschaut. Wer hier allerdings eine klare mainstreamlastige Story erwartet inkl. einer typisch amerikanischen Inszenierung aus den 70ern sollte hier sich eher US-Genrevertreter anschauen. Für alle anderen könnte Diabolisch durchaus ein Film sein der zumindest einen bleibenden Eindruck hinterlassen wird.
Wertung:
7/10