Bis aufs Messer

deadlyfriend

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Bis aufs Messer

Der Unternehmer Hornblower kauft in einer ländlichen Gegend Grundstücke, um eine Fabrik zu errichten. Er vertreibt damit Einheimische und zusätzlich verschafft er sich damit Feinde beim alteingesessenen Adel, der um die Ruhe im Landsitz fürchtet und zudem eine Verschandelung der Aussicht, nicht billigend in Kauf nehmen möchte. Da keinerlei Einigungen der völlig gegensätzlichen Parteien erzielt werden können, beginnt ein Kleinkrieg, der keinen Platz für Sieger kennt.

Auch wenn es sich hier wieder nur um eine Auftragsarbeit handelt, in der ein Bühnenstück adaptiert wird, fand ich den Film richtig stark. Auch wenn Hitchcock selbst wohl überrascht war, dass das Publikum den Film so gut aufnahm, meinten Chabrol und Rohmer, dass es sich um die schlechteste Arbeit von Hitchcock handelt. Hier möchte ich vehement protestieren. Der vielleicht von außen betrachtet etwas spröde Inhalt, wurde für mich richtig spannend umgesetzt. Auch wenn sich Hitchcock hier sehr eng an die Vorlage halten musste, war eben diese Vorlage schon richtig gut und Hitch hat sie meiner Meinung nach klasse verfilmt. Hier habe ich definitiv weniger den Eindruck einer Theaterbühne wie bei "Juno & the Paycock" empfunden.
Die Steigung und auch Abnahme der Sympathien ist jederzeit greifbar und man wird immer tiefer in die Geschehnisse reingezogen und man hält wie die Protagonisten den Atem an und hofft das die Geschichte gut ausgeht. Wie er die verschiedenen Parteien beleuchtet und hinterfragt, bis man selbst unsicher wird, ob dies wirklich der richtige Weg ist, finde ich äußerst sehenswert. Insgesamt wird der Film ja nur als Randnotiz in seinem Werk wahrgenommen, aber dies finde ich tatsächlich nicht richtig. Auch visuell gibt es hier eine Erweiterung der bisherigen Arbeiten, da die Stimmen aus dem Off hier schon perfektioniert wurden. Einen der wichtigsten Momente des Films hat er mit der Kamera ebenfalls fantastisch eingefangen, in dem er sie zurückfährt und die Protagonistin in die Isolation stellt. Ein bärenstarker Moment, der inhaltlich und bildlich komplett ineinander greift. Auch wenn er die Kamera dann umgekehrt näher an die Darsteller ranfährt, um besser zu „hören“, was sie sagen, ist für mich komplett gelungen. Zusätzlich hatte Hitchcock sehr viele Einfälle für den Ton und hast sein Spektrum erweitert, in dem er damit Dinge ankündigte, die noch nicht im Bild waren. Ich finde den Film absolut gelungen und er ist für mich auch deutlich runder, als der vorhergehende „Sir John“.
 

Tarantino1980

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Auch wenn es sich hier wieder nur um eine Auftragsarbeit handelt, in der ein Bühnenstück adaptiert wird, fand ich den Film richtig stark.
Schlecht finde ich ihn nicht, aber richtig stark leider auch nicht. Es war ein interessanter Ansatz wie hier Tradition und Moderne aufeinandertreffen. Die eine Familie adelig und sehr traditionell, die andere modern, industriell und aus sicht der damaligen Gesellschaft war es die verpönte neureiche Gesellschaft, die ohne große Tradition zu Geld gekommen ist.

Auch wenn sich Hitchcock hier sehr eng an die Vorlage halten musste, war eben diese Vorlage schon richtig gut und Hitch hat sie meiner Meinung nach klasse verfilmt.
Er hat den Stoff auf jeden Fall gut verfilmt und gerade die Auktionssequenz fand ich sehr stark. Hier konnte er wieder sehr schön zeigen welche Mögilchkeiten ein Kinofilm hat im direkten vergleich mit einem Theakterstück. Die Kamera hat bei dieser Autkion ja wunderbar immer schnell hin und her geschwenkt zwischen den einzelnden Bietern.

Hier habe ich definitiv weniger den Eindruck einer Theaterbühne wie bei "Juno & the Paycock" empfunden.
Hier stimme ich Dir absolut zu. Man spürte hier deutlich auch die vorzüge des Tonfilmes. Er hat hier häufiger Effekte oder Stimmen erklingen lassen, ohne das sie direkt von der Kamera eingefangen wurden.

Die Steigung und auch Abnahme der Sympathien ist jederzeit greifbar und man wird immer tiefer in die Geschehnisse reingezogen und man hält wie die Protagonisten den Atem an und hofft das die Geschichte gut ausgeht
Auch wenn sich hier nicht wie im Mittelalder duelliert wurde haben die beiden Familien sich wirklcih nichts geschenkt, ganz im Gegenteil es wurde immer schmutziger.

Wie er die verschiedenen Parteien beleuchtet und hinterfragt, bis man selbst unsicher wird, ob dies wirklich der richtige Weg ist, finde ich äußerst sehenswert.
Tatsächlich war ich am Anfang natürlich, weil sie ja der Arbeiterfamilie helfen wollten, natürlich eher auf der Seite der Familie Hillcrist. Aber im Grunde ging es ihnen, wie man immer mehr spürte, nur um prestige und auch um ihre schöne Aussicht die sie sich nicht mit Fabriken von der Familie Hornblower versauen lassen wollten. Und die Art und Weise wie hier das Ansehen der Familie Hornblower erfolgreich dann zum Ende hin auch befleckt wurde, war schon sehr diabolisch. Nicht nur das ein großer finanzieller Schaden entstanden ist, auch der Ruf der Familie wurde komplett zerstört.

Das Ende ist definitiv ein wirkliches Bad End! Es hat mir wirklcih einen tiefen Schlag verpasst als man dann die leblose Chloe aus dem Teich der Hillcrist´s rausgeholt hatte. Noch dazu, da man ja wusste das sie sogar Schwanger war. Und wenn man dann einmal überlebt, gerade aus heutiger Sicht, was überhaupt der Stein allen Anstoßes war, ist dieses Geheimnis weit davon entfernt, das man sich deswegen umgringt. Damals war es natürlich weit aus schlimmer, aber dennoch wurde hier schon eine deutliche Gesellschaftskritik ausgprochen. Die Szene, auch wenn sie jetztnicht opulent inszeniert wurde, hatte dennoch eine extrem starke Wirkung und wurde dann mit dem finalen Monolog von Mr. Hornblower nochmal unterstrichen der ganz klar zeigte, das dieser Streit zweier alter Männer deutlich zu weit gegangen war und das Opfer viel zu groß war!

Insgesamt wird der Film ja nur als Randnotiz in seinem Werk wahrgenommen, aber dies finde ich tatsächlich nicht richtig. Auch visuell gibt es hier eine Erweiterung der bisherigen Arbeiten, da die Stimmen aus dem Off hier schon perfektioniert wurden. Einen der wichtigsten Momente des Films hat er mit der Kamera ebenfalls fantastisch eingefangen, in dem er sie zurückfährt und die Protagonistin in die Isolation stellt. Ein bärenstarker Moment, der inhaltlich und bildlich komplett ineinander greift. Auch wenn er die Kamera dann umgekehrt näher an die Darsteller ranfährt, um besser zu „hören“, was sie sagen, ist für mich komplett gelungen. Zusätzlich hatte Hitchcock sehr viele Einfälle für den Ton und hast sein Spektrum erweitert, in dem er damit Dinge ankündigte, die noch nicht im Bild waren.
Sehe ich auch so. Trotz der offenbar geringen Motivation welche Hitchcock hier für den Film hatte, konnte er hier denoch gut seine Fähigkeiten erweitern und mit dem noch recht jungen Medium des Tonfilms experimentieren.

Gerade wenn man sich aber die Produktionszeiträume anschaut in denen Hitchcock hier für die BFI Filme drehen musste, ist es ein Wunder das hier meistens überhaupt etwas gutes bei rauskam. Das gleicht schon sehr einer Fließbandarbeit. Wenn er in dieser Zeit weniger Filme hätte drehen müssen bin ich sicher das der ein oder andere Film nochmal besser geworden wäre.

Ich finde den Film absolut gelungen und er ist für mich auch deutlich runder, als der vorhergehende „Sir John“.
Hier kann ich mich nicht anschließen. Tatsächlich fand ich Mord - Sir John greift ein den für mich spannenderen und besser inszenierten Film, was aber auch irgendwo am Thema lag. Ein Mordfall war für mich etwas interessanter als ein Gesellschaftsdrama. Aber das ist natürlich, wie alles Geschmacksache.
 

deadlyfriend

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Schlecht finde ich ihn nicht, aber richtig stark leider auch nicht. Es war ein interessanter Ansatz wie hier Tradition und Moderne aufeinandertreffen. Die eine Familie adelig und sehr traditionell, die andere modern, industriell und aus sicht der damaligen Gesellschaft war es die verpönte neureiche Gesellschaft, die ohne große Tradition zu Geld gekommen ist.
Mir gefiel er wirklich gut, weil auch hier nie absehbar war, wie sich die Geschichte entwickeln wird. Übrigens nebenbei interessant, das man bei deutlich neueren Filmen, den Fortgang einer Geschichte sehr schnell im Vorfeld weiß, während man es hier einfach auf sich zukommen lassen muss.
Er hat den Stoff auf jeden Fall gut verfilmt und gerade die Auktionssequenz fand ich sehr stark. Hier konnte er wieder sehr schön zeigen welche Mögilchkeiten ein Kinofilm hat im direkten vergleich mit einem Theakterstück. Die Kamera hat bei dieser Autkion ja wunderbar immer schnell hin und her geschwenkt zwischen den einzelnden Bietern.
Ja, das ist eine sehr gute Szene mit einer zusätzlich spannenden Rahmenhandlung.
Hier stimme ich Dir absolut zu. Man spürte hier deutlich auch die vorzüge des Tonfilmes. Er hat hier häufiger Effekte oder Stimmen erklingen lassen, ohne das sie direkt von der Kamera eingefangen wurden.
Ja, man spürt förmlich wie er mit dem Tonfilm experimentiert und neue Möglichkeiten betrachtet.
Auch wenn sich hier nicht wie im Mittelalder duelliert wurde haben die beiden Familien sich wirklcih nichts geschenkt, ganz im Gegenteil es wurde immer schmutziger.
Zudem kam es auch sehr realistisch rüber. Man konnte davon ausgehen, das es so etwas früher gab.

Tatsächlich war ich am Anfang natürlich, weil sie ja der Arbeiterfamilie helfen wollten, natürlich eher auf der Seite der Familie Hillcrist.
Ging mir genauso.
Aber im Grunde ging es ihnen, wie man immer mehr spürte, nur um prestige und auch um ihre schöne Aussicht die sie sich nicht mit Fabriken von der Familie Hornblower versauen lassen wollten. Und die Art und Weise wie hier das Ansehen der Familie Hornblower erfolgreich dann zum Ende hin auch befleckt wurde, war schon sehr diabolisch. Nicht nur das ein großer finanzieller Schaden entstanden ist, auch der Ruf der Familie wurde komplett zerstört.
Die Wendungen der verschiedenen Sympathien fand ich absolut bemerkenswert. Auch die Tochter Hillcrist mochte ich zu Beginn, was sich dann in diesem Dialog mit dem Sohn der Hornblowers änderte, ich später aber wieder zu ihr zurückfand. Das gefiel mir alles außerordentlich gut.
Das Ende ist definitiv ein wirkliches Bad End! Es hat mir wirklcih einen tiefen Schlag verpasst als man dann die leblose Chloe aus dem Teich der Hillcrist´s rausgeholt hatte. Noch dazu, da man ja wusste das sie sogar Schwanger war. Und wenn man dann einmal überlebt, gerade aus heutiger Sicht, was überhaupt der Stein allen Anstoßes war, ist dieses Geheimnis weit davon entfernt, das man sich deswegen umgringt. Damals war es natürlich weit aus schlimmer, aber dennoch wurde hier schon eine deutliche Gesellschaftskritik ausgprochen. Die Szene, auch wenn sie jetztnicht opulent inszeniert wurde, hatte dennoch eine extrem starke Wirkung und wurde dann mit dem finalen Monolog von Mr. Hornblower nochmal unterstrichen der ganz klar zeigte, das dieser Streit zweier alter Männer deutlich zu weit gegangen war und das Opfer viel zu groß war!
Unfassbar! Das meinte ich auch weiter oben damit, dass man bei diesen Filmen einfach nicht weiß wie sie ausgehen. Wie bei "The Manxman" war wieder alles möglich. Durch das heutige Auge erwartet man bei Filmen ja ein Happy End aber das Hitchcock hier zum wiederholten Mal verweigert und es wurde richtig tragisch, da einem die Frau einfach nur leid tat.
Sehe ich auch so. Trotz der offenbar geringen Motivation welche Hitchcock hier für den Film hatte, konnte er hier denoch gut seine Fähigkeiten erweitern und mit dem noch recht jungen Medium des Tonfilms experimentieren.
Das Ergebnis ist für seine geringe Motivation für mich umwerfend.
Gerade wenn man sich aber die Produktionszeiträume anschaut in denen Hitchcock hier für die BFI Filme drehen musste, ist es ein Wunder das hier meistens überhaupt etwas gutes bei rauskam. Das gleicht schon sehr einer Fließbandarbeit. Wenn er in dieser Zeit weniger Filme hätte drehen müssen bin ich sicher das der ein oder andere Film nochmal besser geworden wäre.
Das habe ich mir auch schon gedacht, bei der Masse die er als Angestellter produzieren musste und dennoch sind da wirklich äußerst sehenswerte Filme dabei.
Hier kann ich mich nicht anschließen. Tatsächlich fand ich Mord - Sir John greift ein den für mich spannenderen und besser inszenierten Film, was aber auch irgendwo am Thema lag. Ein Mordfall war für mich etwas interessanter als ein Gesellschaftsdrama. Aber das ist natürlich, wie alles Geschmacksache.
Klar, ich bevorzuge auch eher Thriller, aber seine Dramen zu dieser Zeit haben mich wirklich gepackt. Das führe ich abermals darauf zurück, das deren Ende nie vorher abzulesen war und bei mir das Tragische immer tiefere Spuren hinterlässt, als ein Happy End. Auch bei diesem Film habe ich dadurch noch lange nachgedacht. Über diese Zeit und welche Zwänge es noch in der Gesellschaft gab. Allein der Gedanke, sich für den Ehebruch eine Frau zu engagieren, war echt seltsam. Aber mir gefiel der Film wirklich gut. Mit "runder" meinte ich auch insgesamt den Flow des Films. "Sir John" war für mich deutlich abgehackter und für mich floss der Film nicht wirklich ineinander. "The skin game" war für mich eher wie aus einem Guss.
 
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