„Starship Troopers“
Wir schreiben des Jahr 1997, das Jahr von kindgerechter SF-Unterhaltung wie „Das fünfte Element“ oder „Men In Black“ (ok, „Gattacca“ und vor allem „Event Horizon“ gab’s auch noch...
). Im großen Kino tummelten sich also tatsächlich einige Filme aus dem ungeliebten Genre, und dies gar nicht mal so unerfolgreich. Da sagte sich wohl auch Paul Verhoeven und startete einen Versuch, sich aus dem mit „Showgirls“ selbstgeschaufelten Karrieregrab zu buddeln. Robert A. Heinlein, erfolgreicher SF-Autor der 50er und 60er Jahre, musste also her, und sein Roman „Starship Troopers“ wurde für den Großangriff auf die Sehnerven des Zuschauers aufbereitet.
In einer nicht näher benannten Zukunft führt die Menschheit Krieg gegen außerirdische Rieseninsekten, die Bugs, in deren Raum die Menschen widerrechtlich eingedrungen sind. Rico meldet sich freiwillig zum Dienst, und da er kaum zu mehr taugt, als Kanonenfutter zu sein, landet er bei der mobilen Infanterie, die vor allem eines soll: sterben. So metzelt sich Rico mit seiner Einheit durch Berge von totem Ungeziefer.
Paul Verhoeven ist kein Regisseur der leisen Töne. Ziert sein Name das Postermotiv eines Filmes, ist jedem Wissenden klar, dass es zur Sache gehen wird. „Starship Troopers“ ist hierbei sicher sein extremstes Werk, denn nach einstündiger Exposition lässt er, im wahrsten Sinn des Wortes, ausgesprochen intensiv die Fetzen fliegen, dass es dem Zuschauer entweder, je nach Gesinnung, ein fettes Grinsen ins Gesichtlein zaubert oder ihm aber das Abendessen wieder hochkommen lässt. Doch ich bin etwas zu voreilig.
Die Darsteller.
Casper van Dien, Denise Richards, Dina Meyer und Doogie… ähm, Neil Patrick Harris bilden den zentralen Kern des Films. Als Schulabgänger des gleichen Jahrgangs verschlägt es sie zum Militärdienst, wo allesamt mehr oder weniger Karriere machen. Schönlinge wie van Dien oder die krass fehlbesetzte Denise Richards für solche Rollen zu casten, ist nur einer von vielen Punkten, in denen Verhoeven seinen Sinn für Humor erkennen lässt. Wie Figuren aus einem Werbespot müssen die Infanteristen in „Starship Troopers“ vor allem gut aussehen; die Frisur darf auch nach den heftigsten Feuergefechten nicht aus der Fassung geraten. Blut; ja. Schweiß und Schmutz, nein. Denise Richards erweist sich hier allerdings als Fehlgriff, denn sie macht einen so dermaßen unsympathischen und arroganten Eindruck, dass man ihr als Zuschauer rasch allerlei üble Dinge an den Leib wünscht, was Verhoeven im AK zum Film übrigens ebenfalls einräumt. Große Schauspielkunst ist also nicht erforderlich, aber die erwartet man in einem solchen Film auch nicht. Die Darsteller sind durch die Bank solide, wenngleich Michael Ironside und Clancy Brown in ihren dankbaren Rollen leicht aus der Rolle fallen und tatsächlich sehr positiv im Gedächtnis bleiben. Aber die beiden mochte ich sowieso schon immer.
Ein nicht unwesentliches Element in SF-Filmen ist die Qualität der Spezialeffekte. Und die wissen bei „Starship Troopers“ auch nach rund 15 Jahren noch zu überzeugen. Hier und da sind kleinere Schwächen auszumachen, aber der überwältigende Großteil der Effekte schaut noch immer umwerfend aus. Es steht also fest, wohin das Budget zu weiten Teilen geflossen sein dürfte.
Ebenfalls erwähnenswert ist der Soundtrack von Basil Poledouris (R.I.P.), Paul Verhoevens zweitem Hollywood-Stammkomponisten nach Jerry Goldsmith (ebenfalls R.I.P.), der hier einen sehr zackigen, heroischen Score abgeliefert hat, der angenehm im Gedächtnis bleibt und ordentlich auf die Kacke haut, in seinen megaheroischen Momenten die allgegenwärtige Satire des Films noch unterstreicht.
Dabei lässt sich Verhoeven ungewöhnlich viel Zeit für die Einführung seiner Figuren. Mehr oder weniger die komplette erste Stunde des Films ist ausschließlich für die Exposition reserviert, in denen Rico & Co. gedrillt werden oder die furchtbar unsympathische Carmen sich in jeder Szene mehr und mehr als verhasstes Miststück outet. Das alles ist jedoch keinesfalls dröge und überflüssig, sondern ausgesprochen unterhaltsam in Szene gesetzt, so dass auch dieser etwas ruhigere Teil sehr schnell abgearbeitet werden kann. Nach einer Stunde haben alle Rollen ihren Platz gefunden; die Schachfiguren sind aufgestellt, und nun wird das Hauptmenü angerichtet. In diesem Falle eine blutige Schlachterplatte allererster Güte, in der Paul Verhoeven seinem berühmtberüchtigen Ruf gerecht wird und Leichenberge bis zur Decke stapelt. Ja, „Starship Troopers“ ist eine Gewaltorgie. Ja, „Starship Troopers“ hält drauf, wo andere Regisseur diskret ausblenden. Aber, scheiße, Verhoeven weiß, was der Zuschauer sehen will, und genau das bekommt man auch serviert: Krieg ist kein Kindergeburtstag. Da fliegen nun mal Körperteile durch die Gegend, da spritzt das Rote reichlich und in alle möglichen Richtungen.
„Starship Troopers“ ist ein Kriegsfilm, angesiedelt im SF-Genre. Vor allem aber ist der Film, hinter all der deftigen Gewalt, eine bitterböse Satire auf Hurra-Patriotismus und Militär-Fanatismus. In schwarzhumorigen TV-/Internet-Spots, die den Film immer wieder unterbrechen (dieses Stilmittel hat Verhoeven bereits in „RoboCop“ eingebracht und nunmehr perfektioniert), steigert der Regisseur seine Satire auf den vorläufigen Höhepunkt, ehe der Geheimdienst in ganz offensichtlichen SS-Uniformen auf der Bildfläche erscheint und jeder Zuschauer in schallendes Gelächter ausbrechen dürfte. Wem der Film bis dahin zu subtil gewesen ist, der dürfte spätestens an dieser Stelle begriffen haben, dass Verhoeven der Welt mal wieder den Spiegel vorgehalten hat.
Wie auch immer, die FSK begriff es offenbar nicht. Rasch geriet der Film hierzulande ins Kreuzfeuer unserer lieben Sitten- und Moralwächter. Nicht nur die Gewalt wurde kritisiert, sondern auch die unreflektierte Verherrlichung von Krieg und Soldatentum plus faschistischer Tendenzen. Hm, die müssen einen anderen Film als ich gesehen haben. Obwohl bereits massive Zensur in Form von verfälschenden Dialogübersetzungen stattgefunden hat, über die man ein eigenes Buch schreiben könnte, und was dem Film einiges an bösartiger Schärfe kostete, landete „Starship Troopers“ rasch auf der Abschussliste und wurde indiziert.
„Starship Troopers“ ist ein Film, den irgendwie jeder mag. Paul Verhoeven hat, bis auf Denise Richards’ Besetzung, wirklich alles richtig gemacht. 130 Minuten Spaß sind garantiert. Und wer bereit ist, hinter das Blutbad zu blicken, das hier angerichtet wird, der bekommt eine bitterböse Satire zu sehen, die übrigens hier und da verblüffende Parallelen zu „Im Westen nichts neues“ aufzuweisen hat.
Ansehpflicht. Denn „Starship Troopers“ MUSS man kennen, um mitreden zu können.