AW: Die große Illusion
Die große Illusion
Schauplatz des von Jean Renoir 1937 inszenierten Films ist der 1. Weltkrieg. Die beiden französischen Flugoffiziere De Boeldieu und Maréchal (Jean Gabin) werden vom deutschen Major von Rauffenstein (Erich von Strohheim) abgeschossen und landen in einem Strafgefangenenlager für Offiziere. Trotz guter Behandlung planen sie mit anderen Gefangenen – darunter der Jude Rosenthal – die Flucht mittels eines Tunnels. Kurz vor Vollendung werden sie jedoch in andere Lager versetzt und kommen über Umwege in die Festung Wintersborn, wo sie wieder auf von Rauffenstein treffen, der mittlerweile dieses Lager leitet...
Ein Kriegsfilm, der komplett ohne Schlachtenszenen (auch der Abschuss der Hauptprotagonisten wird nicht im Bild festgehalten) auskommt, ist sehr bemerkenswert. Noch bemerkenswerter ist aber der Umstand, welche Werte dieser Film vermittelt. Nur 2 Jahre vor Ausbruch des 2. Weltkriegs spricht dieser zutiefst humanistische Film die Werte an, die alsbald in Europa den Bach runtergehen werden. Freundschaft und Respekt sowohl über die Grenzen (hier Deutsche und Franzosen), dem Stand (hier Adel und „normales“ Volk als auch der Adel untereinander) und vor allem über die Religion/Rasse (hier die Juden in Person von Rosenthal) hinaus bilden in
Die große Illusion das Korsett. Renoir fügt diese Puzzleteile mithilfe seiner wunderbaren Schauspieler zu einem augenscheinlich leichtem Soufflé zusammen, doch wenn man tiefer blickt, nimmt er schon Notiz von dem aktuellem widerlichen Zeitgeist der späten 30er Jahre. Die ersten Szenen mit Rosenthal sind allesamt voll von Anspielungen und Vorurteilen gegenüber Juden, die Renoir dann später im Film wunderbar widerlegt. Auch der Umgang der beiden Adligen De Boielieu und von Rauffenstein ist akurat eingefangen. Während sich der Franzose schon mit der Abschaffung seines Standes in Frankreich abgefunden hat, wird es dem Deutschen erst jetzt so richtig bewusst, was nach dem Krieg von ihm und seinesgleichen bleiben wird. Und Maréchal bleibt es schlieslich vorbehalten, mehr für die deutsch-französischen Beziehungen zu tun als jeder Politiker vor oder nach ihm...
Tolle Bilder, großartige Darsteller (der junge Gabin!) mit hervorragenden Dialogen und eben dieser humanistische Grundton machen aus
Die große Illusion (denn nichts anderes ist es, was Renoir uns hier zeigt, weil der Mensch aus seinen Fehlern leider nie langfristig lernen wird) einen Film, den man gesehen haben muss. Ich bin jedenfalls sehr froh, diesen weißen Fleck endlich von meiner Liste getilgt zu haben.