Schindlers Liste
Es ist nicht ganz einfach einen Film zu rezensieren, den man im Grunde sehr mag, aber trotzdem auch kritische Worte dafür übrig hat. Wenn man ihn nämlich aus einem bestimmten Blickwinkel heraus betrachtet, kann man ihn nur als Meisterwerk titulieren. Aus einem Anderen erkennt man widerum ziemliche Schwächen. Dies verursacht zumindest bei mir eine bestimmte Art von Zerrissenheit, die nicht einfach zu beschreiben ist. Die Kritikpunkte sind nämlich manchmal die Gleichen wie die Pluspunkte. Zum Einen bin ich von der Art der Inszenierung absolut begeistert, aber auf der anderen Seite auch wieder nicht. Ähnlich geht es mir mit dem Inhalt, aber der Reihe nach.
Das der Film in schwarz/weiß gedreht wurde, finde ich absolut hervorragend. Das kann aber auch damit zusammenhängen, das ich damit keinerlei Probleme habe. Eher das Gegenteil ist der Fall, weshalb ich dieses Farbbild gewohnt bin. Das an vielen Originalschauplätzen gedreht wurde, finde ich ebenfalls absolut lobenswert und darüber hinaus ist das gesamte Setdesign fantastisch. Das Tempo ist gut und auch die Erzählstruktur bannt einen an den Schirm. Leider hat Spielberg aber zu viele Knöpfe eingebaut, die er immer mal wieder drückt, um den Zuschauern die provozierte Emotion zu entlocken. Das gelingt allerdings nur solange, bis man sie entdeckt und merkt das man gesteuert wird. Als Beispiel nehme ich da mal das Mädchen in rot, um den Zwiespalt genauer zu erklären. Visuell ist die Idee phänomenal und auch innerhalb der Bedeutung für das Umdenken von Oskar Schindler nötig. Allerdings ist sie mit einem Zeitzünder versehen, der dann hochgeht als der Wagen mit ihr vorbeifährt. Diese beabsichtigte Gefühlsexplosion hat man kommen gesehen, weshalb das dann eher eine Fehlzündung war. Solche Dinge finden sich aber häufiger an. Beispielsweise der Einarmige der sich bei Schindler bedankt, während er am Essen ist. Die Szene ist unnötig und bringt den Film nicht weiter. Sie ist wieder nur als Zeitzünder eingefügt worden, was aber auch hier sofort zu erkennen ist. Diese Art der Manipulation ist das was mir zumindest nicht gefällt, ich aber über die gesamte Spieldauer hinweg, wieder verschmerzen kann. Zusätzlich stören mich aber auch die Spielbergschen Emotions-Tsunamis, die mit weinenden Geigen unterlegt sind. Wie bei Schindlers Monolog, kurz bevor er sich verabschiedet. In diesem Moment wird die wirklich harte Realität der vorangegangenen Szenarien aufgeweicht, so das man aus der Fassungslosigkeit heraus, in einen gewohnheitsmäßigen Spielberg-Film deportiert wird.
Trotzdem gelingt das natürlich bei den meisten Zuschauern, weshalb das auch nicht als allgemeine Kritik verstanden werden sollte. Man kann sich nämlich nur bei Spielberg bedanken, das er das Thema aufgegriffen und auf diese Weise umgesetzt hat. Dadurch haben sich nämlich mehr Menschen damit beschäftigt, als das im Normalfall passiert wäre. Es wäre allerdings auch wünschenswert, wenn man sich mit der gleichen Intensität an andere Geschehnisse im 2.Weltkrieg filmisch herantrauen würde, um den durchschnittlich Interessierten weg von seinem Schulbuchwissen zu bringen, das höchstens für die Tonne taugt.
Damit sind wir dann auch schon beim Inhalt. Auch hier kann man Spielberg wieder loben, da er unglaublich viel Wissenswertes vermittelt und die Zustände verdammt gut darstellt. Sofern man das aus der Ferne überhaupt beurteilen kann, da ich natürlich ebenfalls nur von meinem Wissensstand ausgehe. Die zeitlichen Abläufe und Zahlen scheinen in jedem Fall zu stimmen, aber leider doktort Spielberg auch hier an den vermeintlich wahren Geschehnissen rum, um sie besser in einem Kinofilm unterzubringen. Itzhak Stern hat es in der Filmform nie gegeben. Hier wurden drei Charaktere zu einem umfunktioniert, was aus filmischen Gesichtspunkten auch durchaus Sinn macht. Aber im Kontext, die realen Ereignisse der Judenvernichtung wiederzugeben, finde ich solche Dinge immer ein wenig fragwürdig. Das hätte man bestimmt auch anders lösen können. Zusätzlich hat man auch Ermordungen durch Amon Goeth eingebaut, die so nicht belegt sind. Dafür aber andere weggelassen, die man nachweisen konnte. Der Sinn dahinter entzieht sich mir. Die sehr gut ausgebaute Figur von Goeth, gibt mir aber ebenfalls Rätsel auf. Warum hat man sich so viel Mühe gemacht sie wiederzugeben, wenn man dann wegläßt, das er 1944 bereits von den Nazis selbst verhaftet wurde?
Zudem ist das Portrait von Oskar Schindler etwas zu großzügig ausgefallen. Okay, auch hier muss man natürlich hinnehmen, das dies nunmal ein Film ist. Mit einem zwielichtigen Charakter in der Führungsrolle, hätte man das Publikum kaum begeistern können. Seine Erkenntnisse für ein Umdenken fanden ja innerhalb des Films durch das "rote Mädchen" statt. Dies gilt aber eben nur als Synonym, denn seine Entwicklung war mit Sicherheit schleichender. Das Wichtigste bei der Person Schindler ist nämlich für mich seine eigene Erkenntnis. Diese fand aber eben so nicht statt. Warum mir das so wichtig erscheint, muss ich anhand einer Hypothese festmachen: Wenn es nie zu einer Judenvernichtung gekommen wäre und man sie wirklich "nur" als Zwangsarbeiter eingesetzt hätte, wäre Schindler nicht als Lebensretter, sondern als Ausbeuter des jüdischen Elends in die Geschichte eingegangen. Schließlich startete er nur aus materiellen Gründen und war kein geborener Gutmensch. Mit der Darstellung seines Umdenkens hat man sich meines Erachtens nicht so richtig auseinandergesetzt und dafür lieber eine Erfindung benutzt. Nicht das ich Schindler kritisieren möchte. Der Mann hat großartiges geleistet, was man gar nicht in Worte fassen kann. Nur wie er zu dem Entschluß fand, hätte ich gerne authentischer umgesetzt gesehen.
Abschließend bleibt aber festzustellen das "Schindlers Liste" in jedem Fall zu den Filmen gehört, die man gesehen haben muss. Auch wenn ich viele Punkte kritisiere und gerne anders gesehen hätte, ist der Film in jeder Sekunde fesselnd. Wenn man an der Grundthematik interessiert ist, kann man eh nicht vorbeigehen. Wenn man daran nicht interessiert ist, trotzdem nicht. Dafür ist der Film zu wertvoll und auch wichtig. Wenn nur nicht die ganzen Kritikpunkte wären......