Nacht fiel über Gotenhafen
Wenn man die Anzahl der Todesopfer als Maßstab für die Schwere eines Schiffsunglück nimmt, dürfte die Tragödie um die Wilhelm Gustloff mit Sicherheit sehr weit vorne liegen. Mehr als 9000 Tote, darunter wohl 5000 Kinder. Im Gegensatz zur wesentlich bekannteren Titanic, ist man allerdings nicht auf einen Eisberg gelaufen, sondern wurde von 3 russischen Torpedos versenkt.
Frank Wisbar, der mit seinem genialen "
Hunde, wollt ihr ewig leben" bereits ein Kapitel des 2. Weltkriegs verfilmte, nahm sich 1960 ein weiteres Mal dem Thema an. Diesmal zeigt er die Fluchtsituation in Deutschland, nach dem die rote Armee einmarschierte. Er beleuchtet dabei eine bestimmte Gruppe von Personen, charakterisiert sie näher und auch die Umstände der schwierigen Flucht. In beklemmenden Bildern erleben wir mit ihnen die Bombenhagel, sowie die schwere Reise nach Gotenhafen. Dort liegt das Kreuzfahrtschiff Wilhelm Gustloff, das für viele Menschen die vermeintliche Rettung vor den russischen Soldaten bedeutet. Für knapp 2000 Menschen konstruiert, befinden sich recht bald über 10000 Leute darauf. Am Abend des 30. Januar 1945 wurde das Schiff versenkt.
Der Untergang des Schiffes ist aber lediglich die Endsequenz des Films. Natürlich ist ihm ein großer Teil gewidmet, aber er steht trotzdem nicht im Fokus. Eher die gespenstische Szenerie und das Leid das die Flüchtlinge ertragen mussten. Deshalb kann man ihn eher als Kriegsfilm einstufen und weniger mit den "Titanic" Verfilmungen vergleichen. Die Bilder sind weitesgehend pessimistisch und bringen einem die damalige Situation eindrucksvoll näher. Die Chancenlosigkeit wird minütlich höher und auch schon der Prolog gibt das Kriegsgeschehen bis Ende 1944 imposant wieder. Der einzige Wehrmutstropfen ist vielleicht die kurze Spieldauer von 94 Minuten. Einiges wirkt etwas gestaucht und man hätte gerne noch so viel mehr erfahren. Trotzdem ist Wisbar ein weiterer Meilenstein im deutschen Nachkriegsfilm gelungen, der aber seltsamerweise einen relativ unbekannten Status inne hat.
Wer sich nicht nur für Ballerfilme aus diesem Bereich interessiert, darf an "Nacht fiel über Gotenhafen" keinesfalls vorbei gehen.