Hard Ticket to Hawaii

Russel Faraday

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AW: Hard Ticket to Hawaii

„Hard Ticket to Hawaii“

Im schönen Hawaii, zur besten Jahreszeit: die blonden Kleinfracht-Pilotinnen Donna und Taryn schlittern unfreiwillig in einen Diamantenschmuggel hinein, der von einem hier in der Gegend organisierten Verbrecherring (der, wenn man’s genau betrachtet, aus fünf Personen zu bestehen scheint) gerade durchgeführt wird. Die blonden Damen sacken die Hälfte der Beute ein. Und da Donna nebenberuflich Bundesagentin ist, wird rasch ihr Kumpel und Co-Agent Rowdy Abilene (der Cousin von Cody Abilene, der Hauptfigur aus dem Vorgängerfilm „Malibu Express“ – erwähne ich nur, weil es darauf später im Film einen netten Gag gibt) nebst langlodigem Hetero-Lebenspartner Schrägstrich Karate-Dumbo Seth auf die Insel geholt, um den bösen Burschen den Arsch zu versohlen.

Der eine oder andere mag bemerkt haben, dass ich mir vor kurzem eine „Girls, Guns & G-Strings“ betitelte Kollektion eines mir bis dato völlig unbekannten Regisseurs namens Andy Sidaris zugelegt habe; ein ehemals erfolgreicher Regisseur von Sportveranstaltungen, der sich in den 80ern dazu auserkoren fühlte, die (männliche) Zuschauerschaft mit schrägen, billigen Softsex-/Actionfilmen zu unterhalten. Diese billig runtergekurbelten Filmchen erfreuten sich immerhin so großer Beliebtheit, dass er gleich 12 davon im Laufe der Jahre auf die Menschheit losließ. Und obwohl sie saublöd, trashig und unterirdisch sind (zumindest die beiden, die ich bislang gesehen habe), machen sie doch irgendwie irre viel Spaß, da Sidaris von vornherein klarmacht, dass sich hier niemand ernst nimmt, sondern alle Beteiligten einfach nur ihren Spaß haben wollen.

Den Darstellern merkt man dies auch durch die Bank weg an. Man ist sich bewusst, in welchem Schwachsinn man hier mitspielt und tut erst gar nicht so, als würde hier auch nur ansatzweise etwas stimmen: die Drehbücher sind konfus und hanebüchen, eine Charakterentwicklung gibt es nicht, Spannung und Originalität sind ebenfalls komplette Fehlanzeige. So beschränkt man sich auf andere Schauwerte; auf Hawaii (da kommt „Magnum“-Feeling auf) und natürlich auf die Weiber. Die laufen vorzugsweise spärlich bekleidet durch die Gegend, haben Sex am laufenden Band (allerdings so kindgerecht inszeniert, dass keinerlei Voyeurismus bedient wird, was allerdings auch völlig fehl am Platze wäre) und sind eigentlich immer recht schnucklich anzusehen.

Da werden blöde Sprüche gekloppt und Zitate aus anderen Filmen in den Raum geschmissen (in „Malibu Express“ muß vor allem „Dirty Harry“ herhalten), da werden noch die abwegigsten Action-Einlagen mit einem dämlichen One-Liner kommentiert, um auch dem letzten Zweifler klarzumachen, dass es hier nur um den Spaß an der Freude geht, etwas völlig Beklopptes zu tun.

Beispiel gefällig? Die wohl skurrilste Action-/Verfolgungsszene der Filmgeschichte (noch skurriler als die Mähdrescherjagd in „Jeder Kopf hat seinen Preis“): Rowdy und Langlode Seth sind eben erst auf Hawaii angekommen. Natürlich hat sich das bereits rumgesprochen (denn die Transe am Telefon hat mitgehört und Meldung an den Oberschurken gemacht), und das Empfangskomitee steht schon Gewehr bei Fuß; in dem Fall ein fetter Hawaiianer und ein fieser Blondling, der sich kurzerhand dazu entschließt, den Jeep von Rowdy und Seth mit einem Skateboard (!) zu attackieren. Wir bekommen es nun mit einem klassischen Skateboard-Drive-by zu tun, bei dem Blondling nebst Gummipuppe (!) antritt. Die braucht er, um dahinter eine Schrotflinte zu verstecken. Blondling und Gummipuppe rasen (naja, mehr oder weniger) also auf den Jeep zu, die Schrotflinte wird gezückt, und Seth kriegt ein volles Pfund in die Schulter (sieht zwar eher nach Herzschuß aus, aber der Verband später liegt a bisserl höher). Rowdy, von Mutti nicht mit dem Klammersack gepudert, wird rasch klar, dass ein Skateboard nicht wirklich ernsthafte Konkurrenz für einen Jeep ist (Knautschzone und so), und so wird Blondling vom Kühler des Jeeps angebummst und segelt meterhoch durch die Lüfte; seine Gummipuppe ebenso. Doch bevor beide wieder aufschlagen können, hat Rowdy auch schon den Raketenwerfer gezückt und zerbröselt Blondling und Gummipuppe in deren entsprechende Einzelzeile. Sein Kommentar: „Auf bewegliche Ziele schießt man am besten mit einer Bazooka.“
Szene zu Ende.

Leutz, ich hab gelegen. Allein dafür hat sich der Film schon gelohnt. Der ist zwar wirklich mies, aber auf eine so sympathische und unterhaltsame Art, dass man sich den Schund nach dem Abspann am liebsten gleich noch mal anschauen würde. Der Film ist Gaudi ohne Ende. Auch die Anspielung auf Cody Abilene aus „Malibu Express“ ist herrlich. Der ist nämlich Rowdys Cousin und ebenfalls ein Bundesagent. Zumindest ein ehemaliger. Mittlerweile ist er Schauspieler und hat einen Film gedreht… nämlich „Malibu Express“, von dem Donnas (die mit den großen Tüten und der Farrah Fawcett-Frisur) Pilotinnen-Freundin ein Poster in der Bude zu hängen hat. Klassisch.

Wenn die weiteren Filme, die in der Kollektion enthalten sind, auch nur annähernd an das Hawaii-Ticket heranreichen, werde ich noch viel Spaß mit diesem vergnüglichen Schund haben.

Wer also einen sinnfreien, spaßigen Abend mit nacktem und halbnacktem Weibsvolk und ein paar doofen Actioneinlagen (wie schaltet man einen fiesen, schwerbewaffneten Killer aus? Richtig, man spielt mit ihm Frisbee und schmuggelt einen Frisbee mit Rasierklingen unter) haben mag, dem sei „Hard Ticket to Hawaii“ allerwärmstens ans Herz gelegt. Und dabei habe ich die krebsverseuchte (?) Schlange noch gar nicht erwähnt, die versehentlich auf der Insel losgelassen wird und eine eigene, komplett überflüssige Nebenhandlung spendiert bekommt (und dabei so sehr nach Plastik aussieht, dass man fast erwartet, noch irgendwo den „Toys’R’Us“-Kassenbon kleben zu sehen).

wird vermutlich keine reaktion auf diese KK geben, aber das ist mir ausnahmsweise mal herzhaft rille. :D (denn manche dinge müssen einfach gesagt werden) ;)
 
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Willy Wonka

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AW: Hard Ticket to Hawaii

wird vermutlich keine reaktion auf diese KK geben, aber das ist mir ausnahmsweise mal herzhaft rille. :D (denn manche dinge müssen einfach gesagt werden) ;)

Oh, doch. :ugly:

Auch wenn ich mir wahrscheinlich nie einen Film von Andy Sidaris ansehen werde, ist deine Kritik einfach nur herrlich zu lesen. Ich bringe einfach nicht den Mut mit, mir ca. zwei Stunden so einen Mumpitz anzusehen und dabei auch noch so etwas wie Spaß zu empfinden. Also meine Bewunderung, dass du es kannst :)respekt:) und uns dann auch nicht deine Eindrücke vorenthältst. :hoch:
 

SAB

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AW: Hard Ticket to Hawaii

Danke Russel für diese großartig amüsante Kritik! Einfach köstlich!:hoch:
Leider ist die Box ja nur in Code 1 erhältlich! Sonst hätte ich zu diesem Preis vermutlich auch schon zugeschlagen!
 
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