AW: Patton
Patton
"Now I want you to remember that no bastard ever won a war by dying for his country. He won it by making the other poor dumb bastard die for his country." - George S. Patton
Eine Philosophie, im Grunde eine Wahrheit, auf den Punkt gebracht. Und doch eine eher unangenehme Wahrheit. Ausgesprochen von einer Person der Weltgeschichte, die dafür bekannt war zu viel in den falschen Momenten zu sagen.
Wer war dieser Patton? Ein streng katholischer, impulsiver Narzisst? Ein an die Wiedergeburt glaubender, poetischer US-Poster-boy? Oder nur ein "einfacher, alter Soldat", der es nach oben geschafft hat und zu einem der größten Feldherrn des 2. Weltkriegs wurde? Zieht man die filmische Biographie, die seinen Nachnamen trägt, als Quelle heran, dann kann die Antwort auf diese Fragen nur lauten: wahrscheinlich von allem etwas!
George S. Patton (George C. Scott), frisch gebackener Lieutenant General (das letzte Wort ist hier zwar noch nicht gefallen, aber die drei Sterne, die diesen Rang repräsentieren, prangen trotzdem schon auf seinem Revers), soll in Nordafrika die US-Truppen, welche zuletzt schwer von Rommel und seinen deutschen Panzern geschlagen wurden, disziplinieren und zum Erfolg führen. Ersteres gelingt dem strengen und von den Männern gefürchteten General im Handumdrehen, Zweiteres schafft er dann etappenweise. Von Nordafrika, über Sizilien bis Frankreich.
Doch Pattons wahrer Feind ist nicht "der Deutsche", sondern sein eigenes Mundwerk, seine eigene Moral, sein eigener Heroismus, seine eigene Eigenheit...
Somit sind die Grundpfeiler für dieses grandiose filmische Werk bereits gelegt: Patton ist weniger Kriegsfilm, denn Porträt eines Mannes, der nicht einfach zu charakterisieren ist (wer ist das schon?) - weder für seine Zeitgenossen, noch für seine Biographen oder die Zuschauer dieses Films. Geliebt, gehasst, gefürchtet oder irgendwas dazwischen. Durch diese ambivalente Porträtierung gelingt dem Film das, was wenige Vertreter des Genres (Anti-)Kriegsfilm schaffen: er versprüht weder Pathos noch Patriotismus, sondern bleibt immer ganz nah an seinem Subjekt dran. Ein Umstand, der dem kongenialen Drehbuch von Francis Ford Coppola (wohl gemerkt: vor Der Pate) und Edmund H. North zu verdanken ist.
Womit nicht gesagt ist, dass man in Patton keine Schlachten sieht. Alleine die Schlacht um El Guettar ist schwer beeindruckend, insbesondere wenn man das Entstehungsjahr des Films (1970) bedenkt. Wenn hunderte Panzer und tausende Soldaten-Statisten aufeinander treffen, dann kriegt man eine ungefähre Ahnung, welche Dimensionen dieser Krieg hatte.
Patton ist heute untrennbar mit George C. Scott verknüpft. Das geht so weit, dass sich die Öffentlichkeit George S. Patton eher mit der rauhen und tiefen Stimme Scotts vorstellt, als der nasalen Fistelstimme des "Originals". Scotts Interpretation des Mannes ist aber insgesamt eine Glanzleistung: egal ob ruhige Töne (bspw., wenn er schon fast verträumt sinniert: "They'll lose their fear of the Germans. I only hope to God they never lose their fear of me.") oder laute (wie die berühmte Eröffnungsrede vor amerikanischer Flagge, aus der das eingangs erwähnte Zitat stammt): Scott trifft sie alle.
Der Film ist nahezu perfekt. Ob das nun die
berühmte Titelmelodie von Jerry Goldsmith ist, der top-aufspielende Supportingcast (allen voran Karl Malden als Omar Bradley) oder die Regieeinfälle von Schaffner (wobei Patton ganz sicher nicht als ein "director's picture" bekannt ist): alles fügt sich zu einem hochinteressanten Gesamtkunstwerk zusammen, das heute noch genauso die Meinungen über George S. Patton polarisieren wird wie Anfang der 70er Jahre.
Dass es nicht die Höchstnote gibt, ist nur einem extrem subjektiven
Gefühl geschuldet, denn eigentlich sehe ich keinen Grund, weswegen ich den Film nicht
uneingeschränkt empfehlen sollte.
(9/10)