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Dieser Film allein rechtfertigt den Kauf der Wolfgang Petersen Film Collection!
Autor Alexander Ziegler beschreibt in seinem autobiographischen Roman „Die Konsequenz“ aus dem Jahre 1975 seine persönlichen Erfahrungen seines Gefängnisaufenthalts wegen „Verführung Unmündiger“. Doch Buch und Film beschreiben viel mehr als nur einen Gefängnisaufenthalt. Das Buch war zu seiner Zeit sehr provokant geschrieben und Ziegler wollte als eine Art Rebell die Konventionen der Gesellschaft brechen. Als Wolfgang Petersen sich der Verfilmung annahm, wollte er mit diesem Film niemanden provozieren, sondern eine Liebesgeschichte erzählen. Eine Liebesgeschichte, welche zur damaligen Zeit keine Zukunft hatte. Der Film handelt von dem Schauspieler (Martin Kurath), welcher seine Haftstrafe absetzen muss wegen der Verführung eines Unmündigen. Während der Zeit im Gefängnis lernt er den Sohn eines Aufsehers kennen. Thomas Manzoni, so sein Name, verliebt sich in den älteren Martin und gemeinsam pflegen sie eine Brieffreundschaft. Nach dem Gefängnisaufenthalt sehen beide für sich eine gemeinsame Zukunft, aber die starren Konventionen der Gesellschaft sowie die Abgrenzung, können jede Liebe im Keim ersticken und ein Individuum zerstören. Ob die Aufseher einer Erziehungsanstalt oder die Eltern von Thomas alle haben die Normen und Werte der Gesellschaft internalisiert und leben in ihren festen Bahnen und können nicht frei denken. Wer anders ist, wird wegsperrt! Der Kampf einzelner Individuen gegen die Gesellschaft war schon oft Thema in großen literarischen Werken wie „Effi Briest“ oder „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“. Mit dem letztgenannten Roman weist der Film auch Parallelen auf, wobei diese nicht direkt sichtbar werden, denn es handelt sich nur um kleine Details, welche eine hohe Ähnlichkeit aufweisen. Doch spielt der Roman „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“ Anfang des 20. Jahrhunderts und „Die Konsequenz“ ist aus den 1970er Jahren. Die Gesellschaft dezimiert nicht die Diskriminierung, sondern sie wird nur verlagert auf andere Themen und Menschen. Waren es damals die unehelichen Kinder oder der Ehebruch, die zum Beispiel zur Zeit „Effi Briests“ für Empörung gesorgt haben, sind es in den 1970er Jahren die Homosexuellen. Auch heute sind in dieser Hinsicht nicht alle Menschen aufgeklärt und können ihr starres Denken sowie ihre Vorurteile nicht ablegen. Die Brisanz des Films wird deutlich anhand der Tatsache, dass der Bayerischen Rundfunk diese „ARD-Pornografie“ boykottierte. Wenn man bedenkt, dass „Brokeback Mountain“ im Jahre 2005 für Aufregung sorgte wegen zwei „schwulen Cowboys“ und das Männer intim werden, dann konnte Petersen eigentlich nur mit dem Kopf schütteln, denn in dieser Hinsicht ist „Die Konsequent“ – wie der Name schon sagt – konsequenter und zeigte die gleiche Thematik fast 30 Jahre zuvor.
Die Schwarz-Weiß-Photographie des Films unterstützt den ruhigen und nicht pathetischen Stil des Films. Der Film lebt von der Magie der beiden Hauptdarsteller Jürgen Prochnow und Ernst Hannawald, die sensibel, aber nicht kitschig spielen. Deren Gefühle nicht konstruiert, sondern authentisch wirken und deren Schauspiel eines der Höhepunkt der 1970er Jahre ist. Ernst Hannawald, der ein Neuling im Filmgeschäft war und zu Beginn sehr zurückhaltend und schüchtern war, konnte mit beängstigender Authentizität spielen, da er selbst als Kind in verschiedenen Erziehungsheimen unterkam. Erstaunlich ist auch, dass dieser Film für das Fernsehen produziert worden ist. So zeigt sich wieder einmal wie wegweisend das Medium Fernsehen sein kann und das Fernsehfilme die gleiche Qualität besitzen können wie Kinofilme (Meiner Meinung nach wurde die qualitative Diskrepanz zwischen Fernseh- und Kinofilmen in den letzten Jahren wieder größer.). Der Übergang zwischen Kino- und Fernsehfilm ist vollkommen unklar und verschwommen und es wundert mich auch nicht, dass drei Wochen nach der Fernsehausstrahlung dieser Film in den Deutschen Kinos anlief. Petersen und sein Team bekamen nach dem Film über 4000 Zuschriften von Zuschauern, die zum Teil ihre Begeisterung ausdrückten, aber auch hoch emotional ihre Wandlung aufgrund des Films schilderten. Eltern hatten vermehrt Verständnis für ihre Söhne und deren sexuellen Ausrichtung. Zusammen mit Ulrich Greiwe veröffentlichte Petersen das Buch „Die Resonanz. Briefe und Dokumente zu „Die Konsequenz“. Diese Tatsachen machen diesen Film zu einer der wichtigsten Filmer der 1970er Jahren und vermutlich verlöre dieser Film auch heute nicht seine Wirkung in Unterrichtsreihen an Schulen. Das zeigt zum einem die Qualität des Films und zum anderen die mangelnde Akzeptanz und Toleranz in unserer Gesellschaft.
„Sinnliche Intensität ohne Exhibition.“ Der Spiegel