Bronson
"I always wanted to be famous!"
Wenn man nicht schauspielern und nicht singen kann gibt es, jedenfalls für Michael Peterson a.k.a. Charlie Bronson, nicht mehr viele Möglichkeiten zu Ruhm zu kommen. "Englands gefährlichster und brutalster Häftling" - diesen Titel hat er sich zwar nicht ausgesucht, aber er gefällt ihm. Sein Leben im Knast ist die Geschichte des etwas anderen Biopics/Gefängnisfilms Bronson.
Charlie erzählt seine Geschichte selber - als One-Man-Show - vor Publikum - in einem Theater. Dieses Theater befindet sich in seinem Kopf, denn von 34 Jahren im Zuchthaus hat er 30 in Einzelhaft verbracht. Er ist ein toller Alleinunterhalter, der sein Publikum zum Lachen bringt und ab und an auch Diskussionen auslöst. Wenn er mal wieder einen Wärter als Geisel nimmt oder einen Aufstand anzettelt, ist eben nicht jeder im Saal begeistert. Doch am Ende kriegt er sie alle...mit seinem Charme und seinem Witz...und in der Realität mit seinen Fäusten und seiner Kompromisslosigkeit.
Dass dieses Absurditätenkabinett, welches nicht zuletzt durch seine wirkliche Unwirklichkeit oft mit A Clockwork Orange verglichen wird, auf wahren Begebenheiten beruht, ist manchmal schwer vorstellbar. Was jedoch meist vom Regisseur so gewollt ist. Richtig fassen kann man diese Person Charlie Bronson einfach nicht. Ein typischer Fall von Genie und Wahnsinn.
Zum Durchatmen hat Regisseur Nicolas Winding Refn (Pusher-Trilogie, Valhalla Rising) dem Film ein ruhigeres drittes Drittel gegönnt, was dem Zuschauer nach der vorangegangenen Reizüberflutung sehr gut tut.
Vor allem Freunde guter Musik werden sich freuen: wenn Your Silent Face von New Order und It's A Sin von den Pet Shop Boys eingespielt werden oder Glass Candys Digital Versicolor zu einer Art Hymne verkommt, geht einem das Herz auf und die Songs bekommen eine ganz neue Interpretationsebene. Von den klassischen Klängen (eine weitere Reminiszenz an Kubrick und speziell A Clockwork Orange) ganz zu Schweigen.
Wer etwas mit Andrew Dominiks Chopper anfangen kann, der wird wohl auch mit Bronson warm werden. Nur bitte kein stringentes Gefängnisdrama erwarten, sondern mit einem Film voller Kreativität und Eigenheit rechnen.
(9/10)