AW: Funny Games
Funny Games
Eine Bilderbuchfamilie ist auf dem Weg zu ihrem Ferienhaus am See. Vater Georg, Mutter Anna, Sohn Georg (der Zweite
) und der obligatorische Familienhund freuen sich auf ein paar Tage erholsamen Urlaubs. Doch kaum angekommen, bekommen sie Besuch von zwei zunächst sehr netten jungen Herren, die sich nur ein paar Eier borgen möchten...
Bereits in der äußerst idyllischen Anfangssequenz wird man dezent auf das kommende Ungemach hingewiesen: die klassischen Klänge aus dem Autoradio werden von John Zorns nervenzerfetzendem Avantgarde-Krach abgelöst. Die Gemeinheiten der beiden ganz in weiß gekleideten Besucher („A Clockwork Orange“ lässt grüßen) steigern sich im Gegensatz zur Musik eher langsam. Die überwiegend psychischen Grausamkeiten kommen immer derber, die körperlichen Gewalttaten werden zwar ausgeblendet, sind aber nicht minder intensiv. Und dann wäre da noch die Sache mit der Fernbedienung, die bei vielen Zuschauern so negativ ankommt – worauf ich aber hier in der Kritik wegen Spoilergefahr nicht näher eingehe.
Die Besetzung ist erstklassig, besonders Susanne Lothar und Arno Frisch liefern absolute Glanzleistungen ab. Die Inszenierung ist typisch Haneke: realistische Optik, kaum Musik und sehr lange Einstellungen. Das führt mitunter zu kleinen Längen, die aber kaum negativ ins Gewicht fallen, sondern die bedrohliche Atmosphäre noch verstärken.
Zu den Intentionen Hanekes schweige ich mal. Ich habe erst nach dem Anschauen von „Funny Games“ erfahren, wie der Mann so tickt. Der vielgescholtene moralisch erhobene Zeigefinger des Regisseurs ist mir kaum aufgefallen. Jedenfalls nicht so extrem, wie es von vielen Kritikern hingestellt wird. Ich finde die Idee gut, den Zuschauer direkt ins Geschehen mit einzubeziehen. Allerdings hatte dieser Kniff auf mich eine andere Wirkung, als wahrscheinlich ursprünglich angedacht war: ich empfand die Szene als tiefschwarzhumorige Auflockerung und fühlte mich als Zuschauer nicht an den Pranger gestellt. Ob das im Sinne des Erfinders ist..?
Fazit: „Funny Games“ ist ein harter Brocken, den man gesehen haben muss. Die Macher der gerade angesagten Folterfilme sollten ebenfalls mal ein Auge riskieren um zu realisieren, dass brutale Gewaltdarstellungen alleine noch keinen guten Film ergeben. Aufgrund der spröden Machart mögen ihn viele Leute als langweilig abtun, andere verdammen ihn aufgrund der Tatsache, dass es ein Michael Haneke-Film ist. Für mich ist „Funny Games“ vor allem ein verdammt fieser, intensiver, an die Nieren gehender Streifen, der durchaus auch schwarzhumorige Einlagen enthält.
9/10 Punkte