Riddick - Überleben ist seine Rache
Fünf Jahre sind seit den „Chroniken“ vergangen, und in Riddick keimt der Verdacht, dass es eine blöde Idee war, sich zum Obermotz der Necromonger ausrufen zu lassen. Nicht nur, weil das halbnackte Weibsvolk eben mal wieder ein Mordattentat auf ihn verübt hat, sondern weil er sich königlich zu langweilen beginnt und fürchtet, seine Killerinstinkte mögen ob der geordneten Umstände, die ein Leben in Saus und Braus mit sich bringen, irgendwie verkümmern. Also liegt die Lösung auf der Hand: auf nach Furya, legendäre Heimat seines ausgerotteten Volkes. Dummerweise setzt man ihn nicht eben dort, sondern auf einem unwirtlichen Planeten am Arsch des Universums ab, um ihn dort elendig verrecken zu lassen. Riddicks Überlebenskampf gegen die feindliche Umwelt beginnt. Als dann noch ein paar Kopfgeldjäger auftauchen, geht der Spaß erst richtig los.
Nach dem Überraschungserfolg „Pitch Black“ und dem finanziell gescheiterten Mega-Projekt der „Chroniken“ (den ich persönlich wegen seiner opulenten, barocken Opernhaftigkeit seeeeehr mag), wurde es ruhig um den nachtaktiven Killer Riddick. Die Ankündigung, ihn ein drittes Mal auf die Menschheit loszulassen, grenzte da schon an ein Wunder, welches von mir allerdings recht wohlwollend aufgenommen wurde. Irgendwie ist der wortkarge Glatzkopf mit der Grummelstimme halt knuffig.
Dass es nicht im Stile der verschwenderischen „Chroniken“ weitergehen würde, war auch rasch klar. Selbst die raschen „Back to the roots“-Versprechen schreckten nicht weiter ab, so dass mein Optimismus weiter ungetrübt blieb. Und zunächst macht „Riddick“ auch alles richtig: in einer kurzen Rückblende werden die „Chroniken“ abgehakt (alles schaut budgetbeding deutlich schmaler als zuvor aus), ehe man Richard B. schnell, aber nicht schmerzlos vom Thron fort und in Gottes planetaren Lokus befördert. Hier spielt Regisseur und Autor David Twohy seine Stärken aus, inszeniert den Auftakt nahezu dialogfrei und weiß zu jeder Zeit, seinen Hauptdarsteller, der mit wahrlich spielerischer Leichtigkeit einmal mehr in seine Paraderolle schlüpft, ins rechte Licht zu setzen. Der Auftakt ist dreckig, roh, selbst die „Raumschiff Enterprise“-Gedächtniskulissen versprühen einen angenehmen B-Movie-Pappmaché-Charme, der, wenn man sich mit ihm anfreundet, ziemlich viel Spaß macht.
Leider, leider kommen irgendwann die Söldner ins Spiel. Und sobald diese auf der Bildfläche erscheinen, ist erstmal Schluß mit lustig… für den Zuschauer. Denn für rund eine Stund’ stellt der Film jegliches Tempo ein, präsentiert uns schablonenartige Charaktere, denen zuviel Zeit eingeräumt wird, zumal sie eh’ komplett farblos bleiben und ohnehin nur als Kanonenfutter dienen. Aber damit kann man zur Not leben, immerhin ist das in anderen Belagerungs- und/oder Söldnerfilmen nicht anders: kennt man eine Gruppe Kopfgeldjäger, kennt man sie vermutlich alle. Viel schlimmer ist, dass „Riddick“ von nun an komplett auf der Stelle tritt, sich nicht nach vorn und nicht nach hinten rührt und streckenweise nicht nur zäh, sondern regelrecht langweilig wird. Dies wird offenbar irgendwann auch Twohy klar, und fast zu spät beschließt er, die Reißleine zu ziehen. Anstatt sich allerdings etwas Originelles einfallen zu lassen, springt er quasi direkt in „Pitch Black“ zurück und bietet einen nur mäßig aufbereiteten Aufguss des Erstlings, quasi „Pitch Black 2.0“. Wieder wird man von fiesem Viehzeug belagert, wieder muss eine Strecke überwunden werden, um in Sicherheit zu gelangen, wieder ist es an Riddick, die Karre aus dem Dreck zu ziehen. Das funktioniert noch immer, aber es wirkt lauwarm, als wäre Twohy einfach nichts Besseres eingefallen.
Darstellerisch gibt es nicht viel zu sagen: Vin Diesel
ist Riddick und schlägt sich mehr als anständig. Besonders in der ersten halben Stunde macht es Spaß, ihm zuzusehen, wie er vom „verweichlichten“ Halbmistkerl wieder zur fiesen Ein-Mann-Armee mutiert. Das ist zackig, dreckig, gewalttätig. Vom restlichen Cast ist mir eigentlich lediglich Katee Sackhoff (Starbuck in der „BSG“-Neuauflage) bekannt, die wohl als Darstellerin auch keinen Fuß mehr auf den Boden bekommen und sich mit Nebenrollen wie dieser in ihren noch verbleibenden Karrierejahren begnügen wird. Karl Urban absolviert einen Kurzauftritt in seiner bekannten Vakoo-Rolle, hat da aber nicht mehr zu tun, als ein bekanntes Gesicht aus dem Vorgängerfilm zu sein. Die anderen Darsteller spielen die obligatorische Söldnerschar. Nichts, was einem im Gedächtnis bleibt, nichts, was übermäßig nervt. Lediglich Santanas Wandlung vom alleskönnenden Obersöldner zur miesepetrigen Totallusche wirkt etwas erzwungen. Sympathisch ist hier niemand (soll’s wohl auch nicht sein), so dass einem die teilweise angenehm explizit ausfallenden Abgänge meist eher am Allerwertesten vorbeigehen.
Wie schaut’s an der Effektefront aus? Im Genre ja nicht unbedingt ein unbedeutender Faktor. Nun, um bei der Wahrheit zu bleiben: mit Ruhm bekleckert sich hier niemand. Womit wir mal wieder bei einer Crux sind: wenn mir als Regisseur ein eher mickriges Budget zur Verfügung steht (im Falle von „Riddick“ 38 Mio.), warum produziere ich dann nicht ein paar wenige, aber GUTE Spezialeffekte, sondern mülle meinen Film mit miesem CGI-Geschlonz zu? Damit ist niemandem geholfen. Wenn ich keine Raumschiffarmada darstellen kann, dann zeige ich sie eben nicht. Wenn es nur für einen halbwegs brauchbar animierten Wildhund reicht, warum schicke ich ein halbes Dutzend in die Schlacht, anstatt gewisse Dinge einfach anzudeuten? Und wenn ich keine fliegenden Mopeds so darstellen kann, dass sie nicht wie aus einem zwanzig Jahre alten Videospiel anmuten, dann lasse ich meine Söldner gefälligst in einem Strandbuggy durch die Gegend heizen! Sieht ohnehin cooler aus. Ja, „Riddick“ ist für SF-Verhältnisse ein billiger Film, der nicht klotzen kann, aber etwas mehr Einfallsreichtum wäre hier wirklich wünschenswert gewesen, denn die Effekte sehen teilweise wirklich übel aus.
So bleibt unterm Strich ein Film, der mich zwiespältig zurücklässt: der Auftakt ist super, der zweite Akt schon fast sträflich langweilig, die letzte halbe Stunde schließlich ein 1:1-Aufguss der „Pitch Black“-Formel. Neun Jahre auf den Film zu warten und dann etwas so Halbgares vorgesetzt zu bekommen, ist schon etwas unbefriedigend. Der Film ist nicht schlecht, aber eben auch nicht das geworden, was man sich gewünscht hat. Mit 126 Minuten (Extended Cut) ist das Ganze dann auch eindeutig zu lang geraten, da es einfach nicht genug Handlung für über 2 Stunden gibt. Twohy sollte noch mal Hand anlegen und das Ding runterkürzen, dann könnte was draus werden.