AW: Melancholia
Heute nach der Arbeit war es dann auch endlich bei mir so weit. Ich habe ihn gesehen! Ich war in Bonn in einem kleinen Programm Kino dem Rex. Dort war ich noch nie, also bin durch simples Googlen auf dieses Kino aufmerksam geworden. Es hat Charme, aber die Leinwand ist leider etwas zu klein und die Sitze sind alles andere als bequem. Aber das alles hat mich nicht gesört bei so einem Film. Ich war bereits nach den ersten Bilder komplett im Bann von Melancholia!
Zunächst einmal muss ich sagen das mir Deine Kritik deadly außerordenlich gut gefallen hat
Wie bereits gesagt war ich auch nach den ersten Bildern total hin und weg. Allerdings habe ich sie zu Anfang noch anders wargenommen. Für mich waren sie zunächste aus einer Traumwelt von Justine entsprungen. Das sie dann später Wirklichkeit wurden war der absolute Wahnsinn
. Aber dazu später mehr!
Ich fühlte mich in meiner Theorie in der ersten hälfte des Filmes auch bestätigt da man eine realisitsche Welt geboten bekam. Zwar mit einer sehr sonderbaren Justine, aber Bilder die der Zuschauer auf jeden Fall noch alle unter einen Hut bekommt.
Die zweite Hälfte des Filmes ist dann wirklich Filmkunst pur. Was man da stellenweise für schöne Bilder geboten bekommt ist wirklich phänomenal. Mich hat z.B auch die Einstellung total überwälltigt als Justine und Claire das erste mal ausreiten und man die schöne Landschaft in Nebel eingehaucht aus der Vogelperspektive betrachtet, einfach herrliche Bilder. Und dann natürlich eine Szene die sich wohl für immer in mein Filmauge eingebrannt hat. Nicht weil man Kirsten Dunst nackt sah sondern...
Sie hat sich förmlich dem Untergang hingeben und es war der absolute Ausdruck ihrer Todessehnsucht.
... aus diesem Grund. Das hast Du perfekt formuliert Willy und ich sehe es genauso. Man könnte es natürlich auch als "Verückt" auslegen das sie sich nackt in dieser Situation "sonnt". Aber genauso wie Du habe ich diese Szene auch empfunden. Nackt wie Gott sie schuff liegt sie da im Licht des Planeten Melancholia, völlig hingebungsvoll. Die Worte "Ich bin bereit zu sterben" stehen ihr quasi auf dem kompletten Körper geschrieben. Eine wahnsinnin intensive Szene, vom Set und der Ausleuchtung mal ganz zu schweigen, was auch einfach nur ein Traum war. Ich könnte mir vorstellen das dieses Bild als Kunstdruck verdammt oft über die Ladentheke gehen wird. Einfach nur perfekt fotographiert diese Szene!
Wie interpretierst du das vorschnelle Ableben von John?
Ich habe da auch den selben Interpretationsansatz wie ihr. John war für mich im gesamten Film der einzig rationale Charakter. Der Fels in der Brandung, ein Wissenschaftler für den es nur logische Handlungsweisen gibt. Er war der festen Überzeugung das seine Berechnungen stimmen und Melancholia nicht die Erde trifft sondern nur an ihr vorbeifliegt. Als er dann merkte das dem nicht so ist konnte er es nicht verarbeiten. Es war zuviel für ihn. Zum einen die bittere Erkenntnis der eigenen Fehlbarkeit, zum anderen die offenbar unüberwindbare Hürde der Wahrheit! Ich denke er wusste einfach keinen Weg wie er seiner Frau und seinem Sohn das hätte beibringen können. Deshalb der Freitod.
Mich würde interessieren wie ihr die Aufteilung des Films interpretiert? Und wie sich beide Teile des Films gegenseitig beeinflussen.
Hier bin ich mir noch nicht ganz so sicher. Ich denke deadlys Ausführungen kommen dem schon sehr nahe. In der ersten Hälfte sieht man Justine die im Prinzip alles hat. Einen guten Job inkl. einer Beförderung, einen frisch angetrauten Mann und eine Traumhochzeit mit einem Mann der sie offenbar aus tiefsten Herzen liebt! Trotzdem wirkt sie immer bedrückt, unglücklich was sie ja auch zum Ende der Feier sehr deutlich zeigt das sie offenbar dieses viele Glück nicht wirklich verarbeiten kann. Eigentlich hat sie alles wovon viele Leute träumen, aber sie kann es nicht genießen und ist unglücklich.
In der zweiten Hälfte des Filmes, eher gesagt in den ca. letzten 15 min blüht sie regelrecht auf. Die äußeren Umstände sind so düster wie sie nur sein können, sprich die Gewissheit ist da das Melancholica auf die Erde aufprallen wird. Claire, was natürlich nur zu verständlich ist, verzweifelt an der Situation und wird wahnsinnig. Justine hingegen blüht richtig auf, wird klar und hat die Kraft die Claire nicht mehr hat. Das finde ich zeigt sich am deutlichsten als Sie zum Schluß mit dem Sohn die Zauberhöle baut und das in einer Seelenruhe, vollkommen ausgeblendet das die Welt kurz vor ihrem Ende steht. Ich glaub, egal wie sehr man sein Kind liebt, diese Kraft in so einer Situation aufzubringen ist fast unmöglich, was man ja auch an Claire sehr gut sah. Sie hatte noch einen hoffnungslosen Versuch unternommen mit ihrem Sohn zu flüchten, aber es war nur eine kopflose Aktion ohne jeglichen Verstand, aber leider nur allzu nachvollziehbar. Aber Justine, die vorher noch nicht mal für sich selbst sorgen konnte, zuschweige denn Verantwortung für andere übernehmen konnte, war in dieser Situation übermenschlich. In dieser Situation bewahrt sie die Ruhe, ergibt sich vollkommen dem Schicksal und hilft ihrem Neffen die letzten Minuten auf Erden postiv und angstfrei zu erleben.
Dann die letzte Szene. Wieder eine Szene die mein Filmauge nie wieder vergessen wird. Ich habe noch nie so eine emotionale und realistische Szene vom Ende der Welt gesehen. Ganz ohne patos, ohne Ausweg und vorallem konsequent durchgezogen. Die meisten Filme dieser Art haben zumindest ein Mini Happy End. Anders dieser Film! Die Bilder waren einfach nur überwältigend und der Score, genauso wie zu Anfang des Films phänomenal. Man wurde regelrecht in den Sitz gepresst.
Und dann...
nach dem letzten Bild war es während dem Abspann muxmäuschenstill. Ich war ja auch zunächst unfähig, mich zu bewegen...
Genauso war es auch in der heutigen Kinovorstellung bei mir. Ich war auch unfähig mich zu bewegen. Mir war zum einen klar das der Film direkt nach der Explosion enden wird, alles andere wäre unlogisch gewesen aber dennoch war ich total benommen. Eine Mischung aus Schock, bewunderung für den gesehenen Film und der Versuch das Gesehene zu verarbeiten. Als ich aus dem Kino rausging war mir z.B noch nicht so klar wie jetzt, warum der Film ausgerechnet mit einer Hochzeit anfängt. Man hätte eigentlich auch jede andere Familienfeier als Teil 1 nehmen können, aber ich bin der definitiven Auffassung das von Trier die Hochzeit bewusst gewählt hat um eben zu unterstreichen wie perfekt doch das Leben von Justine eigentlich ist. Welche Frau träumt nicht von so einer Hochzeit auf so einem Anwesen. Alles war perfekt und dennoch war sie nicht glücklich. Ich denke diesen Charakterzug hätte er mit einer xbeliebigen Feier nicht so klar darstellen können. Zunächst ist man zwar von dem gesehen aus Teil 1 etwas überrumpelt und man fragt sich wo der Bezug zu Teil 2 ist, aber wenn man sich mit dem Film beschäftigt wird dies einem klarer!
Und nach dem Nachhauseweg im Regen sind in der Essener Innenstadt noch komplett die Strassenlaternen aausgefallen. Das passte irgendwie zu meiner Stimmung.
Lustigerweise hat es in Bonn heute auch Bindfäden geregnet. Ich hatte zwar nur einen 5 min Weg bis zum Auto, aber auf dem nach Hause weg war ich wirklich sehr in Gedanken. Ich hatte sogar die Auffahrt zur Autobahn verpasst, was mir noch nie passiert ist. Und es lag nicht am Regen
Also wenn Kirsten Dunst für diese Rolle keinen Oscar bekommt dann werde ich die Oscars boykotieren, denn dann würde es dort nicht fair zugehen. Ihr Darstellung der Justine war phänomenal! Kaum zu glauben das es die selbe Kirsten Dunst war die lieblos in drei Spider-Man teilen mitgewirkt hat. Also für mich unfassbar. Sie hat den Charakter von Justine so intensiv gespielt, so real und vorallem glaubhaft. Und wenn man dann die sonst so fröhliche, liebe und nette Kirsten Dunst im Hinterkopft hat, ist es definitiv ein großes Talent was sie besitzt und hier in diesem Film zeigen konnte! Das wäre genau dasselbe als wenn Tom Hanks einen Bösewicht spielen würde den man als Zuschauer haßt, eine regelrechte antipatie gegen ihn aufbauen würde. Nicht das Tom Hanks je so eine Rolle gespielt hat oder spielen wird, aber so in etwas ordne ich die Leistung von Kirsten Dunst in diesem Film ein. Also einfach grandios!
Wertung:
9/10