AW: Tatort (Fernsehreihe)
Kurzweilige Einführung in die Welt des Tatorts
„Tatort“ ist eine deutschsprachige Fernsehreihe, die in Zusammenarbeit mit dem ARD, des ORF und des SF produziert wird. Mit über 800 Episoden handelt es sich um die längste und beliebteste Kriminalreihe im deutschsprachigem Fernsehen.
Die Idee zu dieser Reihe stammt von
Gunther Witte, der vom WDR beauftragt worden ist, einen Nachfolger zu den bekannten Stahlnetz-Krimis zu entwickeln und die gleichzeitig mit der ZDF-Serie „Der Kommissar“ um die Zuschauergunst konkurrieren sollte.
Die erste offizielle Tatort-Episode („Taxi nach Leipzig“) wurde am 29. November 1970 ausgestrahlt und konnte auf Anhieb Aufmerksamkeit erregen. Das lag zum einem an dem noch heute bekannten Intro mit der legendären Musik von
Klaus Doldinger und zum anderen wegen seiner gesellschaftlichen Brisanz aufgrund der Teilung Deutschlands in Ost- und Westdeutschland.
Das Ziel des Tatorts war es die Zuschauer mit einer realitätsnahen Darstellung der Polizeiermittlung zu unterhalten. Die Verbrechen, die Täter und die Opfer sollten glaubwürdig sein und sich sehr eng an der Realität halten. Des Weiteren war es für die Macher wichtig den jeweiligen Lokalkolorit der Städte und Dörfer authentisch einzufangen, sodass sich die Arbeit der verschiedenen Ermittler durch feine Nuancen unterscheidet.
In den 41 Jahren der Tatort-Historie gab es insgesamt 70 verschiedene Ermittlerteams, wovon allein heute noch 15 Teams ermitteln. Die häufigsten Standorte der Tatorte sind München, Hamburg, Berlin, Köln, Leipzig, Essen, Duisburg und Münster. In wenigen Folgen spielte die Handlung auch in fiktiven Ortschaften, welche dann meist nur weniger Einwohner zählten.
Mit den Jahren hat sich die Tatort-Reihe in vielerlei Hinsicht verändert und weiter entwickelt. Während in den ersten Jahren eine Folge ungefähr eine Laufzeit von zwei Stunde umfasste, ist seit Ende der 1980er Jahre eine Folge auf ca. 90 Minuten begrenzt.
Auch die Fokussierung auf das Verbrechen, die Täter und die Ermittler hat sich grundlegend verändert. Mit der Einführung des Ermittlerteams Thanner und Schimanski war erstmals die Teamarbeit im Vordergrund und nicht die eigenständige Ermittlung des Kommissars. Bei beiden Figuren wurden die Charaktereigenschaften detaillierter ausgearbeitet und beide Charaktere besaßen Privatsphäre, die dem Zuschauer greifbar gemacht wurde. Durch Horst Schimanski hat die Fernsehreihe auch eine höhere gesellschaftspolitische Bedeutung bekommen, da er der erste Ermittler war, der wahrnehmbar der Arbeiterklasse entstammte. Doch nicht nur die Ermittler haben mehr Facetten bekommen, sondern auch die Täter wurde unter einem erweiterten Blickwinkel dargestellt. Die psychische Konstitution des Täters und sein Milieu haben eine größere Bedeutung bekommen als die vermeintliche Tat. So steht mittlerweile nicht mehr die kriminalistische Aufklärung im Mittelpunkt, sondern der Bezug zu aktuellen Themen wie z.B. die Rückkehr eines Bundeswehrsoldaten aus Afghanistan in „Heimatfront“ und der Einblick in diverse Milieus wie Wirtschaft, Politik, Migration, Unterschicht, Jugend-Sportvereine oder dem organisierten Verbrechen.
Die Drehbuchautoren und Regisseure haben sich auch gerne Inspiration von anderen Filmen und Serien geholt. So lief bereits 2006 die erste Tatort-Episode „Außer Gefecht“ in Echtzeit und auch die Vernetzung der Ermittlerteams hat deutlich zugenommen, sodass es schon viele sogenannte „Crossover-Folgen“ gibt, in denen verschiedene Ermittler aus verschiedenen Städten gemeinsam einen Fall lösen. Doch das wurde nicht einfach von amerikanischen Serien übernommen, denn die erste „Crossover-Folgen“ gab es schon lange vor „CSI“ und Co.. Aufgrund der populärkulturellen Bedeutung haben bereits viele deutsche Stars eine Cameo-Auftritt absolviert u.a. Udo Lindenberg, Die Toten Hosen, Dieter Thomas Heck, Rudolf Moshammer, Bela B, Mia., Anke Engelke und der englische James Bond-Darsteller
Roger Moore.
Auch den Sprung auf die große Leinwand wurde schon mehrmals gewagt. „Tote Taube in der Beethovenstraße“ (1973) unter der Regie von
Samuel Fuller lief in den amerikanischen Kinos und erst die Folge „Zahn um Zahn“ aus dem Jahre 1985 war auch in den deutschen Lichtspielhäuser zu sehen.
Neben Samuel Fuller haben noch weitere bekannte Regisseure „Tatort-Episoden“ inszeniert. So hat
Wolfgang Petersen sein Handwerk bei sechs Tatort-Episoden verfeinert und hat mit „Reifezeugnis“ auch eine der bekanntesten Folgen abgeliefert. Auch Regisseur
Oliver Hirschbiegel hat zu Beginn seiner Karriere zwei Fälle inszeniert sowie der Schauspieler und Regisseur
Michael Verhoeven.
Wenn eine Serie bzw. Fernsehreihe schon seit so vielen Jahren existiert, ist anzunehmen, dass darunter die Qualität leidet und vor allem die Einschaltquoten sinken. Doch erst vor kurzem hat die Folge „Herrenabend“ am 1. Mai 2011 sensationelle 11,79 Millionen Zuschauer erreicht und neben den guten Quoten gab es in den letzten Jahre diverse Tatort-Episoden, die renommierte Preise wie den Adolf Grimme Preis gewannen. Ein Ende dieser Fernsehreihe ist also nicht in Sicht.