Kaum zu glauben das meine letzte und bisher einzige Sichtung dieses Films schon wieder acht Jahre her ist. Umso interessanter fand ich, das ich mich noch sehr gut an viele Szenen erinnern konnte, aber ich dennoch, bedingt durch meine aktuelle Retrospektive, vieles wieder ganz anders gesehen habe.
Endlich habe ich diesen Film auch gesehen. Ich muss sagen ich bin wirklich sehr begeistert und angetan von ihm. Es ist schon wirklich erstaunlich was Hitchcock hier im Jahre 1938 schon auf die Beine gestellt hat!
Auch acht Jahre später kann ich diese Aussage von mir komplett unterschreiben! Tricktechnisch hat mich zum Beispiel der Anfang diesmal ganz anders begeistert. Natürlich sieht man auch hier das es Modelle sind, aber die Perspektive die Hitchcock hier verwendet hat in Verbindung mit der sehr gute Kamerafahrt über die Szenerie ließ dieses Set wirklich sehr real und lebendig wirkchen und der Übergang von den Außenaufnahmen hin zu dem Innenset des Gasthauses war einfach gigantisch. Bereits dort war das Thema Illusion schon sehr präsent, was im kompletten Verlauf des Filmes eine wichtige Rolle einnimmt.
Die Geschichte findet zu 90% im Zug statt, weshalb durch den begrenzten Platz auch eine räumliche Spannung existiert, da man nunmal von Außen keine Hilfe anfordern kann. Wer steckt hier aber mit wem unter einer Decke? Wem kann man Vertrauen? Die Gefahr lauert an allen Ecken.
Technische Highlights sind hier im Besonderen die Rückprojektionen, die eine fantastische Illusion erzeugen, das der Zug wirklich fahren würde. Selbstverständlich ist auch hier wieder die Montage Trumpf.
Aus technischer Hinsicht bin ich von dem Film aber wirklich überrascht, denn die Rückwandprojektion ist dem Film ist wirklich hervorragend und die meiste Zeit habe ich es überhaupt nicht erkannt. Zu sehr war ich in der Geschichte und bei den Charakteren und selbst als der Fokus auf die Fenster gerichtet war, wurde mir nicht bewusst, dass der Zug nicht wirklich fuhr.
Die wohl größte Illusion des Films ist aber definitiv die fabelhaffte Zugfahrt. Ich bin mir ziemlich sicher das 1938 jeder Kinozuschauer dachte das der Zug sich nicht nur bewegt, sondern auch tatsächlich alles in einem Zug gedreht wurde. Tatsächlich hatte Hitchcock hier natürlich nur ein Zugabteil und ein ca. 30 Meter langes Studio zur Verfügung! Dennoch erzeugt er mit vielen Tricks, Rückprojektionen und gekonnten Schnitten auf einen Zug von außen den man in Bewgung sieht, das man wirklich permanent da Gefühl hat man befindet sich als Zuschauer in einem fahrenden Zug. Auch im Jahre 2024 sehen hier die Rückprojektionen noch toll aus. Die Szene in der Gilbert außen am Wagon hängt und droht von einem anderen Zug auf dem parallelen Gleis erfasst zu werden, sieht so real aus das man auch heute noch denkt es wären wirklich zwei bewegende Züge gewesen. Zudem war aber auch die gesamte Handlung sehr spannend inszeniert. Da man als Zuschauer natürlich auch Miss Froy gesehen hat weiß man natürlich das sich Iris das alles nicht eingebildet hat, aber dennoch muss man erstmal akzeptieren das niemand in diesem Zug Miss Froy offenbar gesehen hat, noch Iris glaubt das diese Person überhaupt existiert. Alleine diesem Mysterium auf den Grund zu gehen ist wahnsinnig interessant.
Den Anfang im Hotel finde ich allerdings nicht durchgehend gelungen
Tatsächlich fand ich den Anfang bei meiner ersten Sichtung auch etwas holprig und im direkten Vergleich zu der Zugfahrt, doch etwas zu komidiantisch. Dennoch muss ich sagen, das mir dies bei meiner Zweitsichtung nicht ganz so schlimm vorkam, was vielleicht auch an diesem Duo lag!
Das Duo der Cricket-Fans, welches von Basil Radford und Naunton Wayne verkörpert wurde, kam beim Publikum so gut an, dass sie in diesen Rollen eine eigene Show bekamen. Tatsächlich gehören die Zwei auch zu den Highlights des Films.
Der englische Snobismus bekommt ebenfalls einiges ab, was einfach köstlich in Szene gesetzt wurde. Humor der fast nach einem Dreiviertel Jahrhundert immer noch funktioniert.
Auch wenn es nur Nebencharaktere sind macht es tierisch Spaß den Film aus ihrer Perspektive zu verfolgen. Alleine die Tatsache das sie die ganzen Strapatzen nur auf sich nehmen um sich das Finale im Cricket live anzusehen macht das Ganze schon herrlich surreal, wenn man bedenkt das dies alles in Mitten einer Spionage Geschichte passiert.
Auch der von Dir angesprochen englische Snobismus ist einfach nur herrlich. Ich lab am Boden wo die beiden sich in ihr Dinner Outfit gepresst hatten an so einem Ort, wo man eigentlich schon durch die Lage, die Empfangshalle und das Zimmer hätte merken müssen das solch ein Outfit mehr als nur overdressed gewesen ist. Was man dann aber spätestens auch sehr deutlich sah als die beiden dann in diesem Outfit das Restaurant, das wirklcih eher wie eine Dofschenke eingerichtet war, betraten. Herrlich.
Oder die Szene als sie nur hörten das ein Telefonat aus London das Gasthaus erreichte und Charters wie selbstverständlich an den Appart ging und dann total pickert war, als der andere Gesprächsteilnehme nichts über die aktuellen Geschehnisse im Chricket wusste.
Es war also ein sehr schöner Running gag der die Story immer wieder auflockerte, ohne zu albern daher zu kommen. Wieder eine tolle Mischung!
Aber auch Margaret Lockwood und Michael Redgrave bilden hier für mich ein sehr schönes Paar, das sehr viel Freude macht.
Eine ganz große Stärke des Films, neben der technischen Umsetzung, sind die Darsteller. Auch die beiden von Dir erwähnten haben mir sehr gut gefallen. Eine tolle Chemie!
Aber auch
Paul Lukas als Dr. Hartz und
Catherine Lacey in der Rolle der falschen Nonne haben mich total begeistert. Beides Rollen die man zu Anfang als Zuschauer komplett falsch einschätzt, aber dann natürlich auch die wahre Gesinnung bemerkt und dann später sogar die falsche Nonne als unerwartete helfende Verbündete fungiert.
Für mich persönlich auch einer der schönsten Hitchcock Filme aus dieser Zeit, obwohl er gerade in dieser Phase eine Menge großartiger Werke fabriziert hat.
Die Krimiunterhaltung ist für mich sehr kurzweilig und humorvoll gewesen, aber der Film zählt für mich nicht zu den stärksten Filmen seiner englischen Tonfilm-Phase. „
Sabotage" oder „
Der Mann, der zuviel wusste" haben mir noch deutlich besser gefallen.
Hier muss ich mich Willy anschließen!
Eine Dame verschwindet ist absolut ein toller Film, aber tatsächlich muss ich sagen das mir aus dieser Phase
Der Mann, der zuviel wusste, für mich wirklich ein Meisterwerk vor dem Herrn (habe meine Wertung angespasst),
Die 39 Stufen und
Sabotage besser gefallen und danach erst dieser Film kommt. Aber generell ist die englische Phase eine sehr starke Phase von Hitchcock gewesen, die man tatäschlich, wenn man sie sich am Stück ansieht, noch viel intensiver erlebt, als wenn man sich daraus nur vereinzelt Filme rauspickt.
Das Finale fand ich im Übrigen auch sehr stark inszeniert und hatte natürlich auch eine starke politische Aussage, da sich die Welt kurz vor einem Weltkrieg befand. Daher hatte der Film es sicherlich auch in seiner Entstheungszeit nicht einfach, da man sicherlich als Kinozuschauer eher Ablenkung und Belustigung suchte.
Der Film ist in vielerleich Hinsicht ein wichtiger Beitrag von Hitchcock. Am nachhaltigsten hat mich hier jedoch beeindruckt wie genial es Hitchcok geschafft hat, die Illusion eines fahrenden realen Zuges zu erschaffen, die mich auch im Jahr 2024 noch immer überzeugt hat!