AW: Scream
so, gestern teil 1 gesehen, daher hier auch mein sempf. die anderen kritiken hab ich nicht gelesen, um mich nicht beeinflussen zu lassen. sorry also, falls es zu wiederholungen gibt.
"scream"
1996 war das horror-genre mehr oder weniger tot. die einzigen lebenszeichen kamen von altgedienten slasher-ikonen, die sich in mal mehr, mal weniger gelungenen sequels durch die reihen ihrer opfer pflügten. mit innovation hatte dies freilich nichts zu tun, aber wenigstens versuchte man krampfhaft, die fahne aufrecht zu halten.
dann kam wie aus dem nichts altmeister Wes Craven daher, knallte der völlig unvorbereiteten welt "scream" vor den bug und brachte sich nach jahren der erfolgsabstinenz wieder ins gespräch. seiner karriere tat dies kurzzeitig gut, es folgten die unvermeidlichen fortsetzungen plus eine ganze ladung epigonen, und ein totgesagtes genre erlebte eine echte wiedergeburt.
die handlung ist zunächst horror-typisch schlicht: böser killer in maske meuchelt teenies und auch sonst alles, was ihm vor die flinte bzw. das messer kommt. klingt nach 08/15, als hätte es seit John Carpenters ur-"halloween" keinen weiteren beitrag zu diesem thema gegeben? nein, weit gefehlt. denn sieht man davon ab, daß autor Kevin Williamson ein sehr raffiniertes drehbuch abgeliefert hat, in dem er tonnenweise falsche fährten für den zuschauer auslegt (auch das ist neu: der film motiviert das publikum zur fröhlichen "wer ist der täter"-raterei), ist der film vor allem auch als parodie auf das genre anzusehen.
die seit jahrzehnten etablierten regeln, nach denen ein horrorfilm zu funktionieren hat, werden genüßlich seziert, mit einem blutigen augenzwinkern neu zusammengesetzt und wieder auf den zuschauer losgelassen. in vielen zitaten huldigt regisseur Wes Craven auch seinen kollegen, wie zum beispiel John Carpenter, dessen horror-überfilm "halloween" in "scream" zu ganz besonderen ehren kommt, aber auch Freddy Krueger bekommt seinen "auftritt" spendiert, was das fan-herz entzückt.
die durch die bank weg überzeugenden und sympathischen (im horror-genre nicht unbedingt eine selbstverständlichkeit) jung-darsteller machen ihre sache hervorragend, viele verdanken "scream" ihren durchbruch. nervige teenie-gören sind praktisch überhaupt nicht zu finden. und so wünscht man keiner der figuren einen frühen und möglichst schmerzhaften abgang.
die spannungsschraube kratzt bei "scream" wirklich am höchsten level, aber auch bei mehrfachsichtung verliert der film nicht an reiz, da man sich nun an den vielen anspielungen erfreuen kann, die einem bei der erstsichtung vielleicht entgangen sind. so ist Wes Craven nicht nur ein horrorwiederbelebender slasher gelungen, sondern auch ein echter film für fans und nerds, deren gelüste großzügig bedient werden.
einzig im finale mit dem ewig wiederkehrenden, unkaputtbaren killer ist Craven bzw. Williamson etwas übers ziel hinausgeschossen, denn hier wird die toleranz des zuschauers etwas überstrapaziert, da man es mit keinem abgrundtief bösen, fantastischen unsterblich-mörder wie Michael Myers oder dem mann mit der hockeymaske zu tun hat. aber darüber kann man großzügig hinwegsehen, da das gesamtbild stimmt.
deshalb gibt's ordentliche ==> 9/10
PS: mittlerweile fällt es allerdings schwer, "scream" ohne hintergedanken anzusehen, denn die wenig später folgende, kongeniale parodie "scary movie" ist so gelungen, daß es manchmal nicht leicht ist, in ernsten szenen von "scream" nicht automatisch die verarsche vor sich zu sehen. aber die schuld hieran hat nicht Wes Craven, sondern die Wayans. ;.)