Gestern war es dann mal wieder soweit und ich habe ihn mir nochmal angesehen. Aus zwei Gründen wollte ich ihm unbedingt nochmal eine Chance geben. Zum einen weil ich ein riesen Sergio Martino Fan bin und er bisher bei mir "nur" mit einer 7/10 im Ranking steht. Da ich seine Filme aber liebe wollte ich ihn einfach nochmal frisch sichten, besonders weil ich mittlerweile ja tiefer im Genre drin bin und daher auch deutlich schlechtere Filme gesehen habe. Zum anderen wollte ich ihn aber auch im Kontext sehen, da er für mich auch ein Hybrid aus Giallo und Slasher ist. Er hat von beiden Genre´s Elemente. Wenn ich mich festlegen müsste würde ich ihn eher als Slasher einordnen, aber auch die typischen Elemente eines Giallo sind vorhanden. Was für mich aber der Hauptaskpekt ist, warum ich ihn eher als Slasher ansehe ist tatsächlich der Killer. Er ist für mich hier viel präsenter platziert als in einem üblichen Giallo und durch das Tragen einer Maske er einfach für mich eher ein klassicher Killer in einem Slasher ist.
Hier hätte ich es jedoch von Martino konsequenter gefunden hätte er ihn auch in den finalen Szenen im Haus die Maske tragen lassen. Das hätte für mich deutlich mehr Slasher Atmosphäre erzeugt, was natürlich auch daran liegen kann das ich ihn eher in dieses Genre stecke, ohne das es dieses Genre groß schon im Entstehungsjahr gab. Vielleicht war dies aber auch gewollt von Martino um eben eher in Richtung Giallo gehen zu wollen.
Das eigentliche Manko des Films ist nämlich die Vielzahl der Darsteller. Man kann bis weit über die Hälfte des Films keine Hauptcharaktere festmachen. Dadurch bleiben die meisten Figuren sehr blaß und austauschbar. Die Screentime ist zu gleichmäßig verteilt und die recht belanglosen Dialoge, fördern den Zugang ebenfalls nicht. Gut, innerhalb des Genre ist das nun auch wirklich kein Kriterium mit dem größten Schwerpunkt. Dennoch wirkt es durch die Anzahl der verschiedenen, aber eindimensional wirkenden, Charaktere etwas unübersichtlich. Mehrfache Sichtungen beheben dieses Problem allerdings zunehmend.
Ich bin mir hier auch unschlüssig ob Martino hier vielleicht Druck vom Studio bekam um möglichst viele junge hübsche Darstellerinnen zu zeigen, oder ob er wirklich, da die weiblichen Opfer ja auch, zumindest zum größten Teil, bewusst ausgewählt wurden, er hier versucht hat diese Damen halt möglichst viel Screentime zu geben. Im Grunde hat dies
Sergio Martino wieder sehr geschickt gemacht. Zu Anfang des Filmes sieht man ja dieses Liebesspiel welches sich final als Motiv für den Mörder herausstellte. Die Szene war aber bewusst so unscharf und so verwinkelt gedreht das man weder den Mann sah noch die Frauen in Gänze erkennen konnte. Und da sie, zumindest meiner Meinung nach, so unspektakulär inszeniert wurde, hat man sich auch recht schnell nicht mehr an diese Szene erinnert und wird erst zum Ende hin, wenn es zu der Auflösung kommt, eben an diese Szene erinnert.
Was dem Film glaube ich gut getan hätte wären einfach mehr Szenen zwischen dem Professor und Jane. Man bekam zwar vermittelt das er interesse an ihr hat und sie offenbar auch an ihm, es gibt ein paar kurze Sequenzen die darauf hindeuten das sie sich, wie man heutzutage sagt, sich in einer Datingphase befinden, man sah aber hiervon nichts. Aus Sicht des Zuschauers war es eben der Professor und seine Studentin. Ich will damit nicht sagen das dem Film eine Lovestory fehlt. Aber ein Date hätte ich auf jeden Fall sehen wollen, vielleicht auch noch das ein oder andere Telefonat, einfach damit man aus Sicht des Zuschauers mehr Bezug zu beiden Charakteren hätte aufbauen können.
Genauso ging es mir mit Roberto (der Arzt). Er wirkt zuerst sehr willkührlich in den Film hineingeworfen und natürlich dient er dazu um eine weitere Person im Kreis der Verdächtigen zu haben. In seiner ersten Szene mit Carol, als sie sich an dem Stand treffen wo das im Film wichtige Requisit, das Tuch, verkauft wurde trifft er ja auf sie und zumindest mit den Augen flirten beide etwas. Hier hätte ich, so hübsch ich
Conchita Airoldi auch finde, lieber Jane in dieser Szene gesehen. Roberto übernimmt auch im letzten drittel des Filmes die Rolle des männlichen Helden. Ich habe es nicht verstanden warum er plötzlich auch genau dort hingefahren ist wo auch die Damen sich "versteckt" hatten. Das Treffen im Zug war natürlich gut, aber auch hier hätte ich tatsächlich Jane mit in dieser Gruppe von Anfang an dabei haben wollen.
Und tatsächlich hätte es für den Film die Rolle der Ursula, auch wenn
Carla Brait natürlich auch schön anzusehen ist, nicht gebraucht. Diesen Charakter hätte man aus meiner Sicht komplett einsparen können damit es etwas übersichtlicher geworden wäre. Aber sie war natürlich auch ein Schauwert, was wahrscheinlich dazu führte sie mit dabei haben zu wollen.
Trotz diesem Manko ist "Torso" ein absolut sehenswerter Vertreter des Genres.
Absolut! Als Martino Fan natürlich absolut Pflicht, aber auch so als Italo Liebhaber sollte man einen Blick riskieren.
Zusätzlich ist er auch ein durchweg interessanter Vorreiter der Slasherwelle. Dies erkennt man deutlich am gesamten Szenario und natürlich auch an der Maskerade des Täters. Wer sich also für die Geschichte des Slasherfilms interessiert, sollte sich unbedingt auch mit diesem Film beschäftigen.
Wie bereits erwähnt hatte ich ihn mir ja auch unter diesem Aspekt nochmal angeschaut. Ich denke das hier
Sergio Martino etwas inspieriert von
Im Blutrausch des Satans von
Mario Bava aus dem Jahr 1971 war. Und beide Filme wird sich sicherlich auch ein
John Carpenter sehr genau angesehen haben. Also von daher ist
Torso auf jeden Fall sehr interessant in diesem Kontext. Genrell finde ich es sehr interessant das solche Filme, die einer breiten Masse zumindest, nicht so bekannt sind aber filmhistorisch gesehen sehr wohl eine große Relevanz haben und auch Hollywood beeinflusst hat, ohne das den originalen damals selbe prominente Platzierung innerhalb der Filmwelt zu teil wurde. Wobei ich persönlich darüber froh bin, weil wer weiß wieviele schöne Filme aus Italien nie gedreht bzw. in der existierenden Form entstanden wären, hätte Hollywood Interesse an den Genre Größen gezeigt und sie hätten auf einmal Millionen USD Budget für Ihre Filme bekommen. Auch wenn das jetzt etwas OT ist, aber ein großes Qualitätsmerkmal dieser Filme aus den 70er/80er Jahren ist nunmal ihre Kreativität, Orginalität und der ganz besondere Charme der häufig auch durch fehlendes Budget erzeugt wurde, weil man eben kreativ sein musste. Vielleicht wären diese Faktoren durh mehr Budget zerstört worden und wahrscheinlich wären sie auch viel Mainstream lastiger produziert worden, was mit sicherheit auch viel zerstört hätte. Aber dennoch ist es, zumindest für mich, aus filmhistorischer Sicht immer wieder aufs Neue schön herauszufinden welche Filme tatsächlich dazu führten das andere Filme wahrscheinlich erst entstanden sind. Weil anders als Studios, die ja eigentlich nur den finanziellen Aspekt im Vordergrund sehen, beschäftigen sich Filmemacher schon auch mit anderen Filmen um sich inspirieren zu lassen. Und
Torso ist für mich auf jeden als eine große Inspiration für den Slasher Film anzusehen.
Die Schauplätze sind einmal mehr sensationell, die Atmosphäre ist erstklassig und auch die Musik spielt auf einem hohen Niveau.
Das sehe ich absolut auch so. Gerade die typischen itallienischen Gassen werden hier wieder wunderschön in Szene gesetzt. Oder diese Kleindorf idylle zum Schluss. Aber auch die Kirche mit dem Kunstwerk, welches sich der Proffessor und Jane angeschaut hatten, war wirklich phantastisch fotographiert worden!
Die Morde wirken dagegen manchmal als etwas zuviel gewollt. Nicht das hier ein riesiger Gore-Faktor vorhanden wäre aber irgendwie hat man das Gefühl er hätte gerne mehr gezeigt. Deshalb wirkt manche Szene etwas unfertig. Brutale Einzelbildeinstellungen aber keine Tat in der Totalen. So als ob er das Ergebnis unbedingt zeigen wollte, aber das Budget für den Werdegang nicht vorhanden war. Dennoch wirken die Mordszenen in der handlungstechnischen Entstehung absolut gelungen und sehr dicht.
Diese Frage habe ich mir gestern tatsächlich auch gestellt. Ob hier Martino einfach nicht das nötige Budget hatte, oder ob es eine bewusste künstlerrische Entscheidung von ihm war. Gerade die drei Morde im Haus werden ja nur angedeutet und man sieht dann nur die Leichen später und wie er sich mit der, zumindest im deutschen Beititel, erwähnten Säge bearbeitet. Einerseits kann man sich zwar denken was mit den dreien passiert ist, andererseits war es natürlich auch so nochmal ein größerer Schokmoment als man quasi dann nur das Ergebnis sah, nicht wie es genau dazu kam. Daher bin ich hier wirklich unschlüssig ob es mangelndes Budget war oder eben eine künstlerische Entscheidung.
Die beste Szene ist jedoch zum Ende hin mit dem Schlüssel und der Zeitung imo. Die ist wahrlich großartig.
Die Szene hat es absolut in sich und trotzdem, das hier kein Jump-Scare Moment erschaffen wird, da man als Zuschauer bereits wusste das der Killer den Schlüssel wieder auf die Zeitung gelegt hat, wurde dadurch, wie ich finde, ein sehr starker Moment erzeugt der auch so durchauch seine Wirkung entfaltet. Auch hier hatte ich tatsächlich mehr ein Slasher Gefühl als ein Giallo Gefühl.
Trivia: Eine Flasche J&B ist selbstverständlich auch hier an Bord
Diesmal ist sie mir auch sofort aufgefallen, ohne wirklich nach ihr gesucht zu haben