AW: Holy Motors
Mein damaliger Filmtagebuchkommentar:
In seiner nicht nur episodischen, sondern darüber hinaus surreal-sprunghaften Struktur vollzieht „Holy Motors“ weniger eine sinnvolle Handlung, sondern stellt eher ein Traumgebilde dar, dessen Protagonist (Denis Lavant) sich scheinbar mühelos von seinen Identitäten lossagen kann, um immer wieder neue anzunehmen. Gleich zu Beginn wird nicht nur ein Kino durch eine Geheimtür betreten und die Vorführung nüchtern von außen betrachtet und bewertet, auch eine mit starken sexuellen Konnotationen angereicherte Motion-Capture-Tanzaufführung deutet schon früh eine Auseinandersetzung mit den Mechanismen des Films als Erzähltechnik an. David Lynch wird da natürlich wieder nicht umsonst in den Mund genommen, obwohl Leos Carax’ Film visuell sowie die Szenenarrangements betreffend vielmehr an Richard Kellys Weltuntergangsgroteske „Southland Tales“ erinnert.
Wenngleich im Ganzen durchaus reizvoll, strahlen die einzelnen Episoden oft etwas Träges aus und erweisen sich mitunter als aufgedunsen und schwerfällig ausgedehnt. Momentausschnitte zeugen von Brillanz, doch dann folgen meist endlose Auswalzungen, die fast schon glauben machen, Carax arbeite bewusst gegen die Regeln des Pacings. Richtig angefasst kann ein solches Vorhaben durchaus seinen Reiz haben, aber die Reise einer Limousine und ihres Gestaltenwandlers schürt den Eindruck, ein guter Co-Autor hätte aus Carax’ Drehbuch wesentlich mehr herausholen können.
5/10