Alles eine Frage der Zeit
Als ihm sein Vater zu seinem 21. Geburtstag das Geheimnis verrät, dass Männer in ihrer Familie durch die Zeit reisen können, ist für den etwas schüchternen Tim nichts mehr, wie es einmal war. Er müsse sich nur in einen kleinen, dunklen Raum begeben (optimal ist ein Kleiderschrank), die Hände ballen und an die Situation denken, wohin er reisen will. Noch ein wenig skeptisch geht er das Experiment ein und unternimmt seine erste Reise zu jenem Silvesterabend, wo er die Möglichkeit hatte, ein Mädchen zu küssen, was er aber damals versäumte. Euphorisiert vom Erfolg dieser neuen Fähigkeit versucht er durch seine Gabe endlich eine Freundin zu gewinnen.
Richard Curtis ist ein regelrechtes Talent auf dem Gebiet der komödiantischen Romanzen, denn neben seinen Arbeiten für „Mr. Bean“ hat er sich vor allem wegen seiner Drehbücher zu „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“, wofür einer Oscar-Nominierung erhielt, „
Bridget Jones“ und „Notting Hill“ verdient gemacht und gab mit dem Film „Tatsächlich Liebe“ sogar erfolgreich sein Einstand als Regisseur.
Nun hat sich Curtis auf eine Zeitreisen-Thematik eingelassen, die trotz ihres beheimateten Science-Fiction-Genres bereits in der Vergangenheit mehrere Ausflüge in romantische Gefilde unternahm. Die bekanntesten Beispiele dürften vor allem
Robert Schwentkes Romanverfilmung „
Die Frau des Zeitreisenden“ aus dem Jahre 2009 sein sowie „Das Haus am See“, in dem
Keenau Reeves und
Sandra Bullock eine Beziehung zwischen zwei Zeitebenen führen. (Übrigens handelt es sich bei „Das Haus am See“ nur um eine Neuverfilmung des südkoreanischen „Das Haus am Meer“ aus dem Jahre 2000.)
Aber wo bei den anderen genannten Filmen bzw. Büchern sehr geschickt mit der Zeit gespielt worden ist, verwendet sie Drehbuchautor und Regisseur
Richard Curtis bei „Alles zu seiner Zeit“ nur als ein Mittel zum Zweck. Die Beschreibungen und Möglichkeiten werden nur lapidar erwähnt („Du kann weder Hitler töten noch die schöne Helena vögeln“). Die Reise durch die Zeit ist also nur auf sein eigenes gelebtes Leben bezogen. Probleme wie der Schmetterlings-Effekt, die Begegnung des eigenen Ichs oder generelle Veränderungen der Zukunft bzw. des Schicksals werden fast vollständig ausgeklammert und scheinen für Hauptcharakter Tim auch kaum interessant zu sein. Zeitreisen sind immer mit Paradoxien verbunden, aber dieser Film scheint davon nichts wissen zu wollen, sondern will möglichst eine simple Geschichte erzählen und keinesfalls die Brisanz der Zeitreise thematisieren. (Jeder, der sich nur ansatzweise für diese Thematik interessiert, sollten einen großen Bogen um diesen Film machen!)
Im Grunde geht es nämlich nur um Tim, seine Liebe zu Mary und die Gründung einer Familie. Die Zeitreisen dienen zu Beginn vornehmlich für kurze komödiantischen Einlagen, wenn Tim immer wieder zu jenem Moment reist, wo er eine peinliche Situation nachträglich entschärfen will (der erste Flirt, der erste Sex etc.) und im weiteren Verlauf für kurze dramatische Konflikte. Im Film wirkt es dann alles ziemlich glatt, einfach, kurzweilig und vor allem oberflächlich. Das liegt unter anderem auch an die Hauptcharaktere, denn Tim wirkt einfach zu nett, ist häufig zu unbeholfen und bietet keinerlei Ambivalenzen und Mary wird einfach nur als seine ideale und verständnisvolle Partnerin dargestellt. Dagegen sind die Nebencharaktere wesentlich interessanter, sind eigenwillig, aber nicht zu schräg und vor allem humorvoll und menschlich. Doch leider sollen sie größtenteils wohl nur als Stichwortgeber fungieren und das Ensemble komplementieren, wobei es Momente gibt, wo es den Anschein hat, dass es von den Nebencharaktere bzw. den Schauspieler Bestrebungen gibt, sich davon zu emanzipieren.
Wenn die Zeitreise-Thematik nicht nur ein Vorwand gewesen wäre, sondern intensiver in die Geschichte verwoben und wirklich dramatische Konflikte entwickelt worden wären, gäbe es dem Film wesentlich mehr Tiefe und hätte der Botschaft „Carpe diem“ vielleicht nicht so kitschig, plakativ erscheinen lassen. Selbst die Komödie „Klick“ mit
Adam Sandler hat das Motiv der Zeit und die Botschaft komödiantischer und sogar dramatischer vermitteln können als „Alles eine Frage der Zeit“.