AW: Judge Dredd
Judge Dredd
In einigen Jahrhunderten ist die Welt nur noch eine atomare Wüste. Es gibt wenige Riesenstädte, in denen die Judges für Recht und Ordnung sorgen. Sie sind dabei Polizist, Richter und Henker in einem, und der erfolgreichste Judge ist Joseph Dredd. Als der für die Obrigkeit unbequem wird, wird dem wackeren Gesetzeshüter ein Mord in die Schuhe geschoben und kurzerhand in den Knast verfrachtet. Doch schon auf dem Weg dorthin gelingt ihm die Flucht, und fortan setzt er alles daran, seinen Namen wieder reinzuwaschen.
„Judge Dredd“ ist ein seltsamer Film. Optisch überaus gelungen, verballert Regisseur Danny Cannon ein nicht unansehnliches Budget, konnte sehr namhafte Darsteller für die Rollen gewinnen und weist ein allgemein hohes Erzähltempo vor, aber vor allem die Antileistungen einiger Darsteller und seltenblöde Dialoge machen den Film zu einem zwiespältigen Ereignis.
1995 waren Ruf und Karriere von Sylvester Stallone bereits angekratzt. Der Mega-Star und die Action-Ikone der 80er war auf dem besten Weg, sich zum Kassengift zu entwickeln, und da schien eine Rolle wie die des wortkargen Superpolizisten gerade recht zu kommen. Auch wenn sich der Film seinerzeit an den Kinokassen noch ganz wacker schlagen konnte, war der Untergang des Rocky und Rambo mehr oder weniger besiegelt. Stete Reibereien mit Regisseur Danny Cannon hatten für kein besonders gutes Klima beim Dreh gesorgt, und das sieht man dem Endprodukt leider an. Stallone selbst dürfte den darstellerischen Tiefpunkt seiner ganzen Laufbahn erreicht haben. Ohne die leiseste Spur von Selbstironie, die man bei einem solch stumpfen Projekt haben MUSS, stapft er stoisch, mit blauen Kontaktlinsen und mit finsterer Miene durch die gar nicht mal so uninteressanten Kulissen und darf wie zu seinen besten Zeiten den Abzugsfinger krümmen oder vor Feuerwänden davonlaufen. Leider nimmt er sich so dermaßen bierernst, dass es schon fast peinlich und traurig ist, ihm bei dem zuzusehen, was er als Schauspielerei missversteht. Das macht den Film und seine Rolle bestenfalls unfreiwillig komisch.
Noch übler hat es Max von Sydow erwischt. Immerhin ein gestandener Schauspieler von einigem Ruf, ist seine „Schauspielkunst“ ein peinliches Trauerspiel. Man achte mal auf die Szene nach Dredds Verhandlung/Verurteilung, bei der man fast das Gefühl hat, von Sydow wäre von sich selbst angewidert, überhaupt bei diesem Film mitgespielt zu haben. Was er da abliefert, ist unterirdisch.
Auch die restlichen Darsteller bleiben kaum im Gedächtnis. Jürgen Prochnow spult lustlos sein „böser Deutscher in Hollywood“-Programm ab, und Diane Lane hat kaum mehr zu tun, als hübsch auszusehen und unfähig zu sein, ihren Filmjob zu erledigen. Naja, wenigstens sieht sie dabei gut aus. Rob Schneider ist der überflüssige Sidekick, ohne den es offenbar nicht ging, der aber im O-Ton nicht ganz so nervtötend wie in der deutschen Synchro rüberkommt.
Einzig Armand Assante hat durchschaut, in was für einen filmischen Mumpitz er sich da verirrt hat und lässt die fiese Overacting-Sau raushängen, was den Film schon fast in den Rang einer Parodie erhebt. Ihm bei seinem Spiel zuzusehen, macht richtig Spaß, und man sieht ihm die Spielfreude an. Allerdings nuschelt er im O-Ton noch schlimmer als Kollege Stallone, der sich wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert hat.
Wenn „Judge Dredd“ also darstellerisch schon eine absolute Nullnummer ist, so kann er doch an anderen Stellen punkten: das Design. Die Szenen in der Stadt riechen an allen Ecken und Kanten nach „Blade Runner“, hier durften sich die Set-Designer richtig austoben und haben einen guten Job abgeliefert. Auch die Aufnahmen in der trostlosen Wüste können sich sehen lassen. Die meisten Effekte wissen ebenfalls zu gefallen und gehen für eine immerhin 15 Jahre alte Produktion auch völlig in Ordnung.
Uneingeschränkt gelungen ist der knackige Score von Komponist Alan Silvestri, der dem Film mit heroischem Getöse dann doch die Portion unterschwelliger Ironie verleiht, die bitter nötig ist, um seinen Spaß haben zu können. Hier kracht und scheppert das wilde Orchester, dass es eine wahre Freude ist. Auch der Nachbar kommt dabei auf seine Kosten.
So bleibt unterm Strich ein ganz unterhaltsamer SF-Actioner übrig, der vor allem an der strunzblöden 08/15-Story und den unterirdisch schlechten Darstellern krankt, vor allem Stallone und Max von Sydow unterbieten sich gegenseitig, dass die Schwarte kracht. Tolle Optik, geiler Score und ordentlich Tempo. Für 95 Minuten hirnlosen Spaß geeignet, der auch zum Wiederanschauen einlädt. Das Gerücht besagt übrigens, dass Danny Cannon kurz nach VÖ des Filmes nichts dagegen gehabt hätte, den Film noch einmal zu drehen; diesmal jedoch mit einem anderen Hauptdarsteller. Ich kann’s verstehen, und das sagt ein Stallone-Fan.