AW: Spring Breakers
Es ist einfach herrlich, wie sich dieser Film aus thematischer Sicht offensichtlich einer Zielgruppe beinahe aufdrängt. Halbnackte Mädels, ordentlich Party und saufen bis zum Umfallen scheinen auf den ersten Blick doch die feiersüchtige Teenager anzusprechen, die sich bereits an „Project X" labten, selbst bei Spring Break waren oder wenigstens davon träumen. Doch genau diese Zielgruppe wird vermutlich abgeschreckt, gelangweilt und entnervt aus dem Kino gehen und dass, obwohl der Film alle eben aufgeführten Punkte bedient! Doch Thema und Inhalt sind nicht immer ausschlaggebend, sondern auch die formale Präsentation des Sujets ist entscheidend.
Allein die Genre-Zuordnung für diesen Film stellt den Zuschauer vor einer Herausforderung und das liegt auch nur zum Teil an den vollzogenen Schnitt in der Mitte des Films, als sich die ausgelassene Feierei legt und die Mädels ins Gangster-Milieu übertreten. Viel mehr spielt Regisseur Harmony Korine mit der erzeugten Ambivalenz des Films und generiert allein durch die Besetzung schon genügend populärkulturellen Verweise, die sich im Film ironisch aufladen, aber nicht entladen werden. Nie ist man als Zuschauer sicher, ob er die Naivität, die ikonisierten Bilder und die bedeutungsschwangeren Monologe ernstnehmen will, ob Korine etwas aussagen will oder gar die absolute Freiheit heraufbeschwören will (?) oder ob er daran nur Kritik üben will und rein gar nichts ernstgenommen wissen will.
Selbst die Integration von „Everytime" von Sängerin Britney Spears lässt sich über mehrere Ebenen denken. Wollte er dem Lied durch die Verbindung mit der gezeigten Gewalt und des Spaßes die Unschuld nehmen, die Spears zu verkörpern versuchte, wie es einst Stanley Kubrick in „Uhrwerk Orange" mit Gene Kellys „Singin' in the Rain" vollbracht hat? Oder sieht er das Lied bereits als Ironie an, da es von einer Person der öffentlichen Lebens gesungen worden ist, die selbst ein ambivalentes Verhältnis zum Songtext aufweist?
In diesem Film stecken so viele Ebenen, Symbole und Elemente, die man wirklich noch intensiv diskutieren könnte. Die Rolle der Frau und deren Bezug zum Blaxploitation-Genre, die visuellen Loops, die an der auditiven Ästhetik der Musik erinnern, die Aufhebung der Zeit durch ungeordnete Schnittmuster und viele weitere Dinge.
Nur einen vagen Kritikpunkte möchte ich an den Film formulieren, denn auch wenn die gezeigten Szenen in den meisten anderen konventionellen Filmen nicht vorkommen, ist noch eine Spur der amerikanische Prüderie zu erkennen, da vieles eben nur angedeutet wird.
Für mich stellte der Film jedenfalls eine Pause von der Wirklichkeit dar und bin allein aus seiner inszenatorischer Sicht und seiner unkonventionellen Art begeistert.
PS: Der Gangster ist übrigens James Franco, der erneut sein wandlungsfähiges Schauspiel unter Beweis stellt.