AW: Unbekannter Anrufer
Entweder ist es ziemlich mutig oder sehr dumm einen Film in der Post-Scream-Ära zu entwickeln, der die Konstellation des Scream-Prologs auf einen kompletten Spielfilm ausdehnt. Doch Regisseur Simon West bzw. die die Drehbuchautor Jake Wade Wall verlassen mit „Unbekannter Anrufer“ sozusagen das Terrain des demontieren Slasher-Films und begeben sich zu dessen Wurzeln – dem Stalker-Film. Damit gehört der Film nicht dem typischen Filme aus dem Fahrwasser des Scream-Erfolgs an, die sich dadurch auszeichneten, dass sie immer mehr präsentieren wollten, sondern er besticht durch eine Reduktion und der Forcierung auf Spannung durch Nichtwissen. Dass der Film dennoch Klischees bedient, vorhersehbar ausgefallen ist und die Akteurin einige Handlungen vollzieht, die für den aufgeklärten Zuschauer natürlich als „hohl“ klassifiziert werden, müssen eben als eingeschriebene Gesetze des Genres hingenommen werden.
Für mich stellt der Film in dieser Hinsicht eine Überraschung dar, denn ich hätte nicht damit gerechnet, dass der Film so wenig Slasher-Elemente besitzt. In den Film ist nicht eine Hinrichtung zu sehen, in der inneren Handlung des Films sterben nur zwei Personen und sonst setzt der Film einzig auf die evozierte Spannung durch das Alleinsein und die ständigen Anrufe. Hinzu kommt ein Täter, der überhaupt keinen Hintergrund bekommt und keinem Motiv folgt! Die Erläuterungen eines Motivs wurde innerhalb der „Scream-Trilogie" sowieso schon ad absurdum geführt. Während der Sichtung war mir aber auch nicht bewusst, dass es sich bei diesem Film auch um ein Remake handelt. Daher kann es gut möglich sein, dass mit der Kenntnis des Originals, dass Remake auf jeden Fall eine anderen Betrachtungswinkel bekommt und dadurch schlechter bei mir abschneiden würde.
Spannung, Angst oder ähnliches empfinde ich bei Slashern bzw. Stalker-Filmen sowieso schon lange nicht mehr, aber da ich erst vor kurzem mich weiter mit der Geschichte des Slashers befasst habe und dessen Entwicklungen, ist es für mich bei diesem Film sehr interessant gewesen, die theoretischen Erkenntnisse in der Praxis zu sehen und versuchen kontextuell sowie historisch verorten.