AW: Parfüm. das - Die Geschichte eines Mörders
Kritik von Vince
DAS PARFUM - DIE GESCHICHTE EINES MÖRDERS
Guiseppe Baldini (Dustin Hoffman) erzählt seinem Schüler Jean-Baptiste Grenouille (Ben Wishaw) eine Legende und muß ihm anschließend noch erklären, was eine Legende überhaupt ist - vielleicht ist das der Schlüssel, um "Das Parfüm" richtig einzuordnen.
Ich genieße die Freiheit, Quervergleiche zum Roman in Unkenntnis desselben nicht ziehen zu müssen. Glücklicherweise hat Tom Tykwers Arbeit genug Persönlichkeit, um für sich selbst stehen zu können. "Das Parfüm" ist als Legende zu verstehen - Übertreibungen, Ausschmückungen, Zurechtbiegungen, wohin man sieht. Vieles, was ins Lächerliche abdriften könnte (Die Szene am Marktplatz), tut es nicht unbedingt, denn immerhin handelt es sich nur um eine alte Sage - eine Geschichte, die die Menschen in oraler Kommunikation weitergeben. Hier muss nicht alles den Tatsachen entsprechen, es sollte nur eine gute Geschichte abgeben.
Die Qualität eines Parfums lässt sich laut Guiseppe Baldini nach drei Akkorden einordnen: Kopf-Akkord (der erste Eindruck, er verfliegt schnell), Herz-Akkord (das "Thema" des Parfums, das mehrere Stunden anhält), Basis-Akkord ("Nachklang" des Parfums, der einige Tage anhält).
Der
Kopf-Akkord des Films: Seine Optik. Ein brillanter Eindruck erschließt sich selbst dem Zuschauer, der über Kostümfilme ansonsten die Nase rümpft. Die Geburt Grenouilles auf dem Fischmarkt ist an Intensität nur schwer zu überbieten, das Produktionsdesign verfügt über eine einzigartige Note - ein visuell wahnsinnig starkes cineastisches Epos.
Der
Herz-Akkord des Films: Seine Handlung. Obwohl stets interessant und manchmal geradezu herausfordernd (man möchte mit ganzem Herzen, dass Grenouille seinem hochnäsigen Meister eine Lektion in Sachen Parfummischung erteilt), bleibt es insgesamt doch zu linear, wie ein akzidentielles Road Movie, dem Grenouille folgt. Die Psychologie der Hauptfigur wird ruckartig und unsensibel in den Film gebracht.
Der
Basis-Akkord des Films: Seine nachhaltige Wirkung. Es galt das Unmögliche zu vollbringen, innerhalb eines visuellen Mediums den Geruchssinn zu stimulieren - eine fast unmögliche Aufgabe. Daher auch das "unverfilmbar"-Prädikat des Romans, wobei: Schließlich ist ja auch ein Buch ein visuelles und kein kein olfaktorisches Medium. Die Aufgabe wurde mehr oder weniger zufriedenstellend gelöst, doch was bleibt? Die Geschichte eines Mannes, der die Welt über den Geruchssinn erfährt. Ist das faszinierend genug, um über die filmischen Grenzen hinaus zu beschäftigen? Nicht unbedingt. "Das Parfum" dient letztlich eher dem Amusement einer unterhaltsamen Geschichte, eben Legende, denn weiterführendem Gedankengut mit selbstreflexivem Potenzial. Letztendlich Kabarett über den Menschen und die Abhängigkeit von seinen Sinnen, nichts weiter - auch wenn es gerne mehr gewesen wäre.
(noch)
7/10