2010: Moby Dick
„Der Weltraum, unendliche…“ Nee, einen Moment…
„Die Weltmeere, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahre 1969 (es ist das Jahr, in dem Boris Karloff gestorben ist). Dies sind die Abenteuer des U-Boots ‚Namen habe ich vergessen’, das unterwegs ist, um böse Russen durch das tiefe Blau zu scheuchen.“
Es ist das Jahr, in dem Kristy Swanson geboren wurde. Ein etwas klugscheißender Marinesoldat namens Ahab leistet Dienst am Sonar des U-Boots, als er statt einem Russen ein ziemlich mächtiges Ding aus dem Dunkel der See aufschreckt („Ein Wal, Seaman Beaumont, ein Wal. Ein Meeressäugetier, das verdammt viel mehr Ahnung vom Sonar hat, als Sie.“), welches auch nichts Besseres zu tun hat, als das U-Boot zu zerbeißen und olle Ahab ein Beinchen abzunagen. Zeitsprung nach 2010. Es ist das Jahr, in dem Jeff Bridges endlich einen Oscar gewinnen wird. Ahab ist mittlerweile ein alter Sack und überdies Captain seines eigenen U-Boots, der „Peaquod“, und hat anstelle seines linken Beins nur einen ollen Ski-Schuh, weil’s die gerade im Angebot gab. Zwar hat Ahab einen Knall, darf aber dennoch mit seinem Böötlein durch die Weltmeere schippern und dabei einen ganzen Arschvoll Atomraketen mit sich rumschleppen (und, wie es sich für einen guten Schrauber gehört, ordentlich am Staatseigentum der USA rumtunen, wie uns ein hochrangiger Navy-Offizier später unter der Hand erzählen wird). Die Amis stehen auf so was.
„Call me Michelle.“
Gabrielle, Xenas kleine Freundin, ist etwas in die Jahre gekommen und arbeitet mittlerweile als Meeresbiologin, als sie von der „Peaquod“ kurzerhand ge-deep-jacked wird, um Ahab bei seiner Suche nach dem Ding zu helfen, das ihm einst „auf einem Bein kann man nicht stehen“ zum Lebensmotto verholfen hat. Die Jagd nach Moby Dick hat begonnen.
The Asylum hat sich in den letzten Jahren einen (zweifelhaften) Namen vor allem damit gemacht, hastig runtergekurbelte Billigversionen von erfolgreichen Kinofilmen auf die Beine zu stellen und damit den Heimvideomarkt zu überfluten. Bei „Moby Dick“ stand zwar kein aktueller Blockbuster unfreiwillig Pate, doch rausgekommen ist trotzdem nur sinnbefreiter, ganz schön peinlicher Mega-Schund, an dem fast gar nichts stimmt.
In den Credits großkotzt man noch mit „Adapted from the novel“ und hat tatsächlich versucht, den Literaturklassiker in die Neuzeit zu übertragen, aber spätestens wenn Ahab auf seiner O-Buut… ähm, U-Boot-Brücke anfängt, 1:1 übernommene Zitate aus dem Buch zu schmettern, ist massives Fremdschämen angesagt, was aber auch daran liegen kann, dass Darsteller Barry Bostwick (der Bürgermeister aus „Chaos City“)… was wurde eigentlich aus Brian Bosworth? Nach „Stone Cold“ kam da auch nix mehr, oder? Den fand ich seinerzeit eigentlich ganz cool. Kann aber auch an Lance Henriksen gelegen haben… Ähm, wo war ich? Ach ja: … Barry Bostwick das Over Acting in ungeahnte Höhen und Tiefen treibt, so dass bei den Streitereien mit seinem XO Starbuck kaum ein Auge trocken bleibt. Schon interessant: die Szenen sind mehr als offensichtlich an die Streithähne Hackman/Washington in „Crimson Tide“ angelehnt, aber bei pottigen Darstellern wird so etwas zu einer Belastungsprobe, die man eigentlich nur im Vollsuff ertragen kann.
Der (ich nenne das Ding mal freimütig so) „Film“ folgt im Prinzip der Vorlage, macht aber alles falsch, was man nur falsch machen kann: der 2010er Moby Dick ist ein prähistorisches Urviech ungenannter Herkunft und Rasse (oder ich habe sie verpasst), von stolzen 450 Fuß Körperlänge, was bekanntermaßen, eins im Sinn, zwei dazu, rund 140 stattliche Meter sind. Da wird’s ganz schön eng in der Badewanne (da fällt mir gerade Gabrielle Anwar ein, wie sie in „Body Snatchers“ in selbiger liegt und ihr halbfertiges Pendant von oben durch die Decke kracht und auf sie runterknallt. Was wurde eigentlich aus der Anwar?). Sieht man davon ab, dass so ein Tierchen schon a bisserl mehr zum Überleben braucht, als alle paar Jahre einem Marinesoldat eine Extremität zwecks Verzehr aus dem Kreuz zu leiern, ist das possierliche Biest auch ganz schön verflucht schlecht animiert. Alter, ich schwör: im Rendering waren noch Ecken zu sehen. Ecken! Ecken! Jeder poplige Atari hätte das besser hinbekommen.
Aber ich bin der letzte, der über miese Effekte wettert. Obwohl… Ecken! Doch sei’s drum, mit den Ecken müssen wir leben, die biologische Existenz des Mobys einfach mal, alle Augen zudrücken, durchwinken, weil der Film sonst erst recht nicht funktionieren würde. Dass aber U-Boote nicht nur tauchen und schwimmen, sondern beim schnellen Auftauchen aus dem Wasser („Komm schon, meine Dicke, flieg!“) schon fast zu fliegen anfangen, lässt einen schon mit dem Kopf auf den Tisch knallen, so grade einer in der Nähe ist. Vermutlich hat Ahab aber auch einen Flugschein und sagt sich „Das muss so!“
Da ich den Film ab dieser Stelle inhaltlich nicht mehr überblickt habe, weil ich nicht mehr besonders aufmerksam war und überlegt habe, dass ich auch mal wieder Staubwischen müsste, überspringe ich ein paar Teile. Also, da ist noch ein Soldat, der Ahab wieder zur Vernunft (hehe, viel Spaß dabei) bringen soll bzw. mal dafür Sorge tragen könnte, dass vor allem dessen Atomraketen wieder artig ins Depot kommen, bevor noch ein Unglück passiert. Der rast mit einem Hubi dem Booti hinterher, welches mittlerweile von Moby etwas angeknabbert wurde, so dass sich die Crew, zumindest Teile davon, auf eine Insel flüchten muss. Gabrielle ist auch dabei. Und Ahab natürlich. Und noch bissel Kanonenfutter. Tricky Dick weiß, dass sein Erzfeind mit dem Holzbein (der Ski-Schuh ging mittlerweile flöten, so hat sich Ahabi aus dem Kreuz auf einem Grab kurzerhand einen neuen geschnitzt) auf dem Eiland verbirgt und hat nichts besseres zu tun, als seine 140 Meter Körpergröße auf selbiges zu wuchten. Spätestens hier sollte dem Zuschauer, falls noch welche anwesend sind, das Bier aus der Nase sprudeln…
Erinnert ihr euch noch, als ihr Kinder gewesen seid? Also, ich erinnere mich. So als Fünfjähriger etwa, da haben wir mit unserem Gummitieren (oder Rennautos oder Spielzeugbooten) immer in der Luft rumgefuchtelt, als könnten sie fliegen, auch wenn es Kühe, Elefanten oder sonst was gewesen sind. Dabei haben wir immer dieses „Iieeeejuuu“-Geräusch gemacht und die Tierchen über alle möglichen Hindernisse hüpfen lassen. Genau das macht nun Moby Dick. Denn der kriecht nicht an Land, was schlimm genug wäre. Nein, er hüpft, ohne dafür ersichtliche Körperteile zu haben, die ihn erstens aus dem Meer befördern und zweitens über Felder, Wiesen und Auen springen und frohlocken lassen können. Wie von unsichtbaren, riesigen Kinderhänden angehoben, so schwebt olle Dick magisch ans Gestade der Insel am Ende der Welt, springt fröhlich ins Gebirg und Geäst und wedelt dabei mit dem Schwänzlein. Will ja vielleicht doch nur spielen. „Iieeeejuuu.“
Der Film geht nur noch 10 Minuten, ich schwör! Das Drama ist gleich zu Ende!
Ok, in Steno: Dick plättet ein paar Marine-Handlampen, Ahab wirft sich mit seinem Spielzeug-Gewehr in ein Schlauchboot, schleudert einen mörderischen Rambo-Schrei gegen das Nicht-Fisch-nicht-Fleisch-Ding, das auch irgendwie fliegen kann, nebst einem Harpunen-Torpedo-Ding, das er dem Dick in die Braue rammt. Und selbiger taucht mitsamt Ahab im Schlepptau ab, während von irgendwoher Nuklear(„Nukular. Das heißt nukular.“)torpedos kommen, die Insel zerbröseln und nur Gabrielle überlebt, die von einem Hubschrauber gerettet wird.
Ende.
Geballter Schwachsinn, millionenfach potenziert. Und man ist noch nicht mal nah dran an dem, was uns Regisseur Trey Stokes (der mit einem „Star Wars“-Fanfilm seinerzeit bekannt wurde, den Lucas Schorsch mal auf der Ranch besuchen durfte und danach als Puppeteer z.B. bei „Species“, „The Abyss“ oder „RocoCop 2“ am Start war) hier allen Ernstes auftischt.
Der Film ist eine einzige Blamage aller Beteiligten. Nichts aus der Rubrik „So Scheiße, dass es schon wieder gut ist“, sondern „So Scheiße, dass es Scheiße ist“, um mal französisch zu reden. Ich weiß nicht, was Barry Bostwick da treibt, aber Schauspielerei ist was anderes. Renee O’Connor ist etwas in die Jahre gekommen, bleibt ansehnlich und fällt weder besonders negativ noch positiv ins Gesamtgewicht (was mag ein „Wal“ von 140 m Länge wohl wiegen? Und was ist seine unbeladene Durchschnittsgeschwindigkeit? Und was ist seine mit einer Kokosnuss beladene Durchschnittsgeschwindigkeit?)
Die Effekte sind mies, die Dialoge zum Davonrennen, von diversen Absonderlichkeiten wie den Beinahe-Flugfähigkeiten des maritimen Geräts, ob Tier oder Boot, ganz zu schweigen. Einzig die gar nicht mal so verkehrt klingende Musik weiß zu gefallen, auch wenn sie, budgetbedingt, komplett aus dem Computer kommt.
Ich habe in meinem Leben, bei Crom, allerlei filmischen Unfug gesehen, manchmal mehr Schrott, als für einen Normaldenkenden gut sein sollte. Aber diese „Moby Dick“-Produktion spottet wirklich jeder Beschreibung. Man muss es gesehen haben, um es glauben zu können. Und selbst dann wird man es NICHT glauben, so mies in allen Belangen ist dieses Machwerk geworden. So viel Bier, um sich den filmgewordenen Vollschund „90210: Moby Dick“ schönzusaufen, gibt es gar nicht.
„For hate’s sake I spit my last breath at thee!” Ich geh nun auch spucken, und zwar mein Frühstück ins Klo. Denn „Moby Dick“ hat mir das Essen wieder hochkommen lassen.