AW: Drive
Ich habe nun
Drive auch endlich gesehen und kann mich den positiven Meinungen hier anschließen. Sehr stilvoll und cool erzählt Refn eine fast schon banale Geschichte, die gerade durch ihre Ruhe soviel Wucht entfacht und damit meine ich jetzt nicht die Gewaltausbrüche, die mir ähnlich wie 2moulins teilweise schon zu derbe waren.
Auch die Heftigkeit der Gewaltszenen überschreitet das Maß dessen, was ich sehen will.
Nichtsdsetotrotz ist aber gerade dieser extreme Kontrast ein fantastischer Blick in die Seele des Drivers. Im Gegensatz z.B. von Travis Bickle in
Taxi Driver erfährt man nichts aus seiner Vergangenheit, worüber ja einige hier schon spekuliert haben. Wieso also ist er so dermaßen abgebrüht und ruhig aber innerhalb von Sekunden voller Hass und Gewalt? Faszinierend und abstoßend zugleich, der Kerl.
Was mich immer wieder überrascht und fasziniert hat, waren die plötzlichen Ausbrüche von Gewalt. Dieser ruhige Typ, der plötzlich zu nem eiskalten Kerl mutiert und dann wieder fast schüchtern wirkt, wie er da so an der Wand lehnt. Ich hab immer überlegt, was stimmt mir dem Typen nicht? Irgendwie verbarg sich hinter diesem netten und schüchternen Lächeln schon fast was schizophrenes oder gar psychopathisches. Er redet ja auch nur das Allernötigste.
Auch wenn er nicht an die Leistungen z.B. eines Philip Seymor Hoffman heranreicht, war hier Gosling der perfekte Akteur. Hinter seinem fast schon zartem Äußeren vermutet man kaum solche Ausmaße der Gewalt oder auch Abgebrühtheit beim Fahren. Aber man ihm stets beide Seiten abgenommen. Klasse gespielt. Schön, auch die herrliche Visage Ron Perlmans mal wieder "unplugged" zu sehen.
Aber Worte braucht es oft gar nicht, dafür sind die Bilder dann intensiver. Das war bei Valhalla Rising ja auch schon so und deshalb hat der mich so fasziniert.
Ja, ich musste auch das ein oder andere mal an
Walhalla Rising denken. Die beiden Protagonisten sind sich irgendwie sehr ähnlich, ebenso der Stil der Inszenierung auch wenn es zwei völlig unterschiedliche Filme sind.
Der Kuss ist wirklich eine ganz interessante Angelegenheit. Für mich ist dieser erste (und letzte) Kuss zwischen beiden ganz eindeutig ein bewusster Abschiedskuss. Er weiß, dass die letzte Illusion von einer Art gemeinsamer Beziehung - vielleicht sogar einem Happy-End - die beide evtl. gehabt hatten, mit der nun folgenden, aber notwendigen Todeskampfsituation erstinkt wird. Er wollte nie ein Mörder oder ein Krimineller in ihren Augen sein, weil ihr Ehemann bereits im Gefängnis saß und seinem Sohn kein guter Vater sein konnte. Doch nun muss er in diesem engen Aufzug zum Mörder werden, sonst wäre für beide alles zu spät gewesen. Er rettet ihr und sich selbst damit das Leben... und zerstört dennoch die Hoffnung auf einen möglichen Neuanfang.
Ich empfinde diese Szene als höchstdramatisch und letztlich ist sie für mich auch die Begründung dafür, warum er ihr wohl nie wieder unter die Augen treten kann. Am Ende fährt er meiner Ansicht nach nicht zu ihr, sondern irgendwohin - Hauptsache weg. Da kommt auch das den Film durchziehende, titelgebende Thema des Fahrens ins Spiel. Im Gegensatz zu dem ersten Fahren mit Irene, welches der Annäherung diente, ist dieses letzte Fahren ein entfernendes Moment. Was vorher Distanz nahm bzw. Nähe schuf, wird nun zu einem Loslösungsprozess.
Da gehe ich voll mit dir aber der alles entscheidende Augenblick (im wahrsten Sinne des Wortes) der Szene ist...
und das verstehen von beiden lag meiner meinung in ihren Blicken zwischen den geöffneten Aufzugtüren.
... dieser hier. Da bekam ich echt Gänsehaut, weil die Traurigkeit und auch ein gewisser Schock von beiden so brillant rüberkam.
Drive ist wirklich außergewöhnlich gut und ist im Grunde eine perfekte Mischung aus Western und Film Noir. Nur eben seehr modern und dafür meinen Respekt an Refn, das er das so gut hinbekommen hat.
Das einzige, was mir sauer aufstieß war die Benutzung der Maske, weil sie meiner Meinung nach sinnlos ist, da er vorher und auch nachher keine Maskierung benutzt hat. Wieso bei Nino? Aber vielleicht kann mich ja einer von euch aufklären.
Und das offene Ende ist nur dann perfekt, wenn es
keine Fortsetzung gibt.
Unterm Strich erstmal 9/10 mit Tendenz zu mehr nach weiteren Sichtungen.