AW: Die Nacht der Creeps
Die Nacht der Creeps
(Kritik vom 15.12.2007)
Wie die wenigsten auf Gore-Effekte setzenden Horrorfilme der 80er Jahre kann freilich auch Fred Dekkers “Night of the Creeps” seine Herkunft niemals verleugnen. Dass der Film um blutegelähnliche außerirdische Parasiten mit der Zeit nicht in den hintersten Ecken verstaubt ist, sondern auch heute noch Reputation genießt und auf dem Low-Budget-Sektor einen nicht unbedeutenden Namen trägt, liegt auch daran, dass der Zeitgeist bereits reflektiert wird - ein notwendiges Merkmal, um auch nach Jahren noch aus der Flut der Konjunktur feiernden Horrorfilme herauszustechen. Der in schwarzweiß gehaltene Prolog aus den 50er Jahren schmiegt sich in einen auffälligen Parallelismus mit der darauffolgenden Einführung der damaligen Gegenwart von 1986, die aus heutigem Blickwinkel selbst auch wieder zur Historie geworden ist. Man signalisiert, dass man sich über das Verfallsdatum der eigenen Epoche im Klaren ist und in Zukunft auf die 80er blicken wird wie man in den 80ern auf die 50er blickte.
Und so spielt Dekker mit der Schnelllebigkeit, die nicht nur Kleidung und Musik betrifft, sondern das ganze Prom Night-Setting in dieser einen vergänglichen Nacht, die eigentlich unvergänglich sein sollte. Aber zur Party kommt es erst gar nicht, die “Creeps” flitzen glänzend und nass über die Straßen und nisten sich in den Gehirnen ihrer Wirte ein, um diesen Film letztendlich zu einem Zombiefilm zu machen, der sich mit “Return of the Living Dead” zu einer stilistischen Klasse ordnet - voller wankender, verfaulender Ex-Menschen. Die provisorischen, auf das Hier und Jetzt beschränkten On-Set-Effekte sind hier mehr als nur nostalgisches Flair, sie symbolisieren die Urangst, die hier in erster Linie bedient wird: Nosophobie, die Angst vor Erkrankung und Infizierung.
Da parallel zum Ausbruch der im Creature Design auf Ekel spekulierenden Creeps eine Liebesgeschichte nach klassischem Muster von 80er-Jahre-High School-Komödien erzählt wird, gar inklusive vermittelndem Sidekick der schüchternen Hauptfigur, könnte man auf den Gedanken kommen, dass die Anfang des Jahrzehntes ins Bewusstsein der Bevölkerung getretene Krankheit Aids gewissermaßen durch die Creeps mitgetragen wird. Während munter Horrorklassiker zitiert werden und sämtliche Charaktere gar die Namen berühmter Genre-Regisseure tragen, distanziert sich “Night of the Creeps” fast unbemerkt von ehemaligen Dogmen. Wer vom Parasiten befallen wird und damit dem Schicksal erliegt, durch einen platzenden Kopf Dutzende neuer Creeps zu gebären, hängt nicht mehr von seiner moralischen Integrität ab, sondern eher vom Zufall. Der wahnsinnige Axtmörder, in den Siebzigern, aber auch danach oftmals noch die über die Moral leichtfertiger Jugendlicher richtende und sie dann auch henkende Instanz, wird in diesem Film gar selbst gerichtet - von einem Polizisten, der Rache für seine getötete Frau nimmt. Als jener Axtmörder dann später durch die Creeps wiederbelebt als fauliges Geschöpf an die Oberfläche zurückkehrt (“The Dead Will Walk The Earth”), muss man annehmen, dass der sich mit Alpträumen plagende Polizist nun endlich von seinem eigenen Opfer heimgesucht wird - doch ganz im Gegenteil verendet das verrottete Wesen unspektakulär in einer Gosse und gibt den Ermittlern auch noch Hinweise darauf, wo die zuletzt gesichteten Zombieerscheinungen herrühren mögen.
Auch sonst geizt der Handlungsverlauf nicht mit Überraschungen, was das unerwartete Ableben von Figuren betrifft, deren Tod man in der Regel nicht erwarten würde - einfach aufgrund der Erfahrungen mit ähnlichen Filmen. Auch wenn diese Richtung mit dem Ende nicht hundertprozentig durchgehalten wird.
Die Effekte sind gemessen am Budget ordentlich, vor allem interessant ist allerdings die Art ihrer Darstellung; Blut fließt kaum, eher zeigt das Effekteteam eine Vorliebe für “Aufbrechendes”, das dem trockenen Gekotze eines Kranken gleichkommt. Im Endresultat leicht monoton brechen Schädel immer wieder entzwei und geben die Brut der glänzenden Körper frei, allerdings hat man mit der Rasenmäher-Szene immerhin eine der berühmtesten Szenen der Splatterfilmgeschichte inspiriert - Lionels Endabrechnung mit den Zombies aus “Braindead”.
Dass im Zuge der Verballhornung von Teenieromanzen und anderen Horrorfilmen mitunter deren klassische Schwächen mit übernommen werden, gehört zum grundsätzlichen Risiko. Spaß macht “Night of the Creeps” aber heute immer noch, auch wenn insbesondere die Love Story inzwischen arg angegilbt ist. Aber irgendwie gehört das ja auch wieder zur nekrophilen Ausrichtung... wir sind alle biologische Masse.
7/10