Darjeeling Limited
Die Brüder Francis, Peter und Jack brechen auf zu einer spirituellen Reise durch Indien, um einerseits den Tod ihres Vaters, welcher ein Jahr zuvor verstarb, zu verarbeiten und andererseits ihre Mutter, welche mittlerweile als Schwester in einem Kloster lebt, wiederzusehen. Den größten Teil ihrer Reise legen sie dabei mit dem titelgebenden Darjeeling Limited zurück, einem zauberhaft bemalten Zug. Zumindest plant es Francis so, da er nach einem schweren Autounfall gerade noch mit dem Leben davonkam und sich nunmehr eine alles verändernde Familienzusammenkunft erhofft. Doch wie sich der kulturelle Roadtrip letztlich entwickeln wird, kann man anfangs nicht mal erahnen...
Was sich zunächst einfach nur traurig anhört, birgt im weiteren Verlauf noch so viel mehr in sich, denn Wes Anderson übertrifft sich mal wieder selbst. Der Film ist etwas ganz Großes. Ein jedwede Emotion umfassendes Werk. Eine bewusstseinserweiternde Erfahrung. Ein wunderschön bebilderter Trip hin zum Seelenfrieden. Ein Märchen aus der Wirklichkeit versunken in einem Topf voller Farben. Ein Familiendrama im ironischen Gewand einer Komödie. Eine audiovisuelle Reizüberflutung der schönsten Form.
Wer sich dazu entscheidet, "Darjeeling Limited" anzusehen, sollte sich für jedes Detail Zeit nehmen. Jede Szene steckt voller inhaltlicher Anspielungen, lässt Rückschlüsse zu oder verweist auf mögliche Zusammenhänge. Jedes Set, jede Dekoration, jedes Kostüm, jeder Song, jeder Dialog, jede Gestik und Mimik der durchweg genialen Darsteller sitzt perfekt. Die Kamerafahrten und ungewohnten Einstellungen sind großartig und animieren fast zum Anhalten des Films. Jedesmal möchte man sich das entsprechende Bild in einem Rahmen ins Wohnzimmer hängen. Man wird von soviel Kreativität regelrecht erschlagen, weiß gar nicht, wo man zuerst hinschauen soll, und fragt sich insgeheim nach jeder Szene, ob man nicht doch etwas verpasst hat.
Ich wurde beispielsweise Zeuge des mit Abstand pointiertesten Rückblicks, den ich je gesehen habe. Schärfer und gezielter erlebte ich noch keinen Flashback in einem Film. Außerdem gibt es eine geniale Szenerie, in welcher sich ein Straßenrand mit potentiellen Busfahrern füllt. Die Kamera fängt dabei in 90°-Drehungen von der Straßenmitte aus die stetig ansteigende Personenzahl ein, was einen geradezu surrealen Effekt auf den Betrachter hat. Man könnte wohl etliche solcher traumhaften Erlebnisse aus dem Streifen anführen, doch sind einige davon ohnehin nicht wirklich in Worte zu fassen. Diesen Film muss man wohl einfach gesehen haben, denn er ist schlichtweg unbeschreiblich schön.
Wer also mal wieder einen Film sehen möchte, der den Zuschauer an unzähligen Stellen einfach nur mit einem staunenden Lächeln über die Irrwege des Lebens allein lässt, der ist hier genau richtig. Nach "Die Royal Tenenbaums" und "Die Tiefseetaucher" liefert Wes Anderson abermals einen einzigartigen Nachweis seines grandiosen Regietalents ab. Auch sein dritter Film trifft mich wie ein Vorschlaghammer voller Glückseligkeit und lässt mich in den Genuss eines weiteren filmischen Meisterwerks kommen. Danke dafür, Mr. Anderson!
10/10