Nachdem ich kürzlich
Mord - Sir John greift ein gesehen hatte, wollte ich natürlich auch der Vollständigkeit halber
Mary anschauen. Obwohl es im Prinzip der selbe Film ist, liegen da wirklich Welten dazwischen. Ich bin mir nicht wirklich sicher warum dem so ist. Ich habe zwei Theorien auf die ich gleich näher eingehen werde. Zuerst einmal möchte ich hier aber auf jeden Fall lobend erwähnen wie toll ich es von Alfred Hitchcock fand das er diese zwei Versionen so überhaupt gedreht hat. Wie Willy in seiner tollen Kritik ja bereits erwähnt hatte, handelt es sich bei Mord - Sir John greift ein um Hitchcock´s ersten kompletten Tonfilm. Da Deutschland für ihn auch ein wichtiger Markt war, und damals die Synchronisation noch in den Kinderschuhen steckte hat er die Entscheidung getroffen den Film einfach mal 2x zu drehen, einmal für den englischsprachigen Raum und einmal für den deutschsprachigen Raum. Das alleine ist schon aufwendig genug gewesen. Leider sind aber zwei qualitativ sehr unterschiedliche Filme entstanden. Nun aber zu meinen beiden Theorien warum dem so ist.
Theorie 1:
Der wohl naheliegenste Aspekt und bestimmt auch mit der Hauptgrund, warum
Mary deutlich schlechter ausgefallen ist, wird das Budget gewesen sein. Ich kann mir halt nur schwer vorstellen das Hitchcock hierfür von dem Studio sehr viel Geld zur Verfügung gestellt bekommen hat um quasi den selben Film nochmals zu drehen, noch dazu da er weder in Großbritannien noch in den USA hätte je aufgeführt werden können. Aber er wollte ja offenbar auch das die neuste technische Errungenschaft im Kino, der Tonfilm, auch in seinem neusten Werk im deutschsprachigen Raum, Einzug hält, also war es auf jeden fall eine tolle Entscheidung von ihm. Dennoch gibt es ein paar Kleinigkeiten die mir bei der Sichtung aufgefallen sind, welche die Theorie 1 als einzigen Grund für mich ausschließt.
Theorie 2:
Wie alle Fans wissen war er ein Perfektionist und wollte immer das Beste aus seinen Filmen rausholen. Daher wirken hier einige Schnitte in diesem Film sogarnicht rund und passen absolut nicht zu Hitchcock. Wenn es nur
Mary geben würde, könnte man glauben das es einfach der Entstehungszeit geschuldet ist, aber da
Mord - Sir John greift zuerst gedreht wurde, sieht man ja das es auch 1930 schon anders ging. Daher stelle ich hier einfach mal die gewagte These in den Raum das einige Schnitte sogar pure Absicht waren um zu experimentieren wie diese beim Deutschen Kinopublikum ankamen. Den so schwer mir das fällt zu schreiben muss ich zugeben das
Mary vielmehr wie ein alter Film aussieht, die man so sonst aus dieser Zeit, gerade aus Deutschland kannte. Schlechte Schnitte, schlechte Kameraarbeit und häufig, gerade zu Anfrang ist mir das häufig aufgefallen das ein Schnitt quasi mitten im Ende des Dialoges gesetzt wurde und häufig sogar dadurch das Gespräch der Protagonisten häufig sehr apprupt endete.
Auch wenn man hier manche Szenen, die wirklich 1:1 vom Inhalt her, nur mit anderen Darsteller*Innen gedreht wurden, sich genauer betracht, fällt dies extrem auf. Am stärksten ist es mir in der Sequenz im Geschworenenzimmer aufgefallen. In
Mord - Sir John greift ist diese Szene wirklich sehr gut inszeniert worden und lies auch schon 1930 das spätere meisterliche Talent von Hitchcock durchblitzen. Und für diese Szene braucht man wahrlich kein großes Budget. Dennoch wirkt dieselbe Szene in
Mary viel schlechter, aber, wenn man mal genauer drüber nachdenkt, viel deutscher. Gerade wenn man sich alte deutsche Produktionen aus dieser Zeit anschaut wirken sie vom Schnitt und der Inszenierung her sehr ähnlich. Also ist hier wirklich meine Vermutung, das Hitchcock einfach versuchen wollte, damit seine deutsche Version des Filmes in Deutschland noch besser ankommt, den Film an aus seiner Sicht deutsche Sehgewohnheiten anzupassen. Wie gesagt es ist nur eine These von mir die ich nicht belegen kann, daher würde es mich einmal interessieren wie die anderen, die beide Filme kennen, dazu stehen.
Ein weiteres, wenn auch kleines Detail ist mir auch sofort aufgefallen da es eben direkt zu Anfang des Filmes ist. Wie bereits in meinen Zeilen zu
Mord - Sir John greift beschrieben ist mir sehr aufgefallen wie freizügig doch zu Anfang die junge Dame in ihrem Nachthemd mit ordenltich Dekolleté zu sehen war. In Mary, mal davon abgesehen das besagte Dame hier nicht mehr so attraktiv wirkte, was natürlich nur eine subjektive Beobachtung meinerseits ist, sieht man hier deutlich weniger von ihr und sie trägt ein, für damalige Verhältnisse deutlich angemesseners Outfit in der Szene nämlich einen Pyiama. Aus heutiger Sicht kein großes Ding, aber wir reden über über die 1930er und offenbar hatte hier Hitchcock schon mehr Angst dasselbe Outfit wie in seiner britischen Version zu nehmen. Oder war es vielleicht eine Entscheidung der Darstellerin in Verbindung mit der Requisite? Auf jeden Fall ist es mir extrem aufgefallen, da mir das in seiner britischen Version des Filmes auch aufgefallen war.
Wer einen guten Thriller bzw. Kriminalfilm sehen will, sollte definitiv das Original vorziehen, denn zwischen beiden Filmen liegen - aus qualitativer Hinsicht - Welten.
Abschließend kann ich mich diesem Satz von Dir lieber Willy nur anschließen. Ich bin ehrlich, genial finde ich auch
Mord - Sir John greift nicht, aber die Chance das der nochmal im Player landet ist weitaus größer als das ich
Mary mir nochmals anschaue. Aber natürlich, gerade weil es sich um etwas besonderes handelte das er hier zwei Versionen des selben Filmes inszenierte, musste ich natürlich auch einen Blick auf Beide werfen!