Memento
ACHTUNG, die folgende Kritik enthält Spoiler über Handlung und Erzählweise des Films!
Lange war es her, als ich den zweiten Film von Christopher Nolan zum ersten und bis dato letzten mal sah. Ich weiß noch genau welchen Hype den Film damals schon umgab, aufgrund der sehr unkonventionellen Erzählweise. Umso erfreuter war ich, als ich eher zufällig entdeckte, dass er wieder im TV ausgestrahlt wurde.
Der Film beginnt mit einer Tötungssequenz dessen „Ergebnis“ mit einer Polaroid-Kamera festgehalten wird. Das Intro gibt hierbei durch die umgekehrte Reihenfolge direkt die Richtung an, die der Film einschlägt. Das farbige Polaroid-Foto wird blass, wird in die Kamera gezogen, Patronenhülsen, die eben noch auf dem Boden lagen, fliegen in umgekehrter Richtung wieder in die Pistole, aus der im nächsten Moment der Schuss zu sehen ist.
Worum geht es überhaupt? Es geht um den Angestellten Leonard, der eines Nachts durch ein Geräusch erwacht und entdeckt, dass seine Frau in den Fängen eines maskierten Mannes in seinem Badezimmer ist. Durch einen Kopfschuss kann er diesen ausschalten, wird aber im nächsten Moment, von einem zweiten Maskierten, niedergeschlagen. Ab dieser Stelle leidet Leonard am Verlust seines Kurzzeitgedächtnisses, das letzte woran er sich erinnern kann ist der Tod seiner Frau und einer Tätowierung mit dem Hinweis auf den zweiten Einbrecher, „John G:“
Mit Hilfe dieses Hinweises will er nun versuchen dem Täter auf die Spur zu kommen um sich zu rächen. Um einen Ablauf in sein Leben zu bringen beginnt er nun sich alle relevanten Informationen aufzuschreiben, als eigens beschriftete Polaroid-Fotos zu sammeln oder sich wichtige Fakten auf seinen Körper zu tätowieren (lassen).
Klingt alles recht einfach, ist es im Prinzip auch, damit Leonard aber nicht alleine ist mit seiner anterograden Amnesie, darf der Zuschauer durch die ungewöhnliche Erzählweise an seinem Leiden teilhaben.
So beginnt der Film nach dem beeindruckenden Intro mit einer Schwarz-Weiß-Szene, in welcher Leonard mit einem unbekannten Anrufer über seinen früheren Job spricht. Seine Aufgabe war es, für eine Versicherung sogenannte Versicherungsbetrüger zu entlarven. Er berichtet von einem Mann, welcher ebenfalls unter dem Verlust seines Kurzzeitgedächtnisses leidet, sowie dessen Frau, welche mit der Krankheit ihres Mannes nicht zurecht kommt.
Diese Schwarz-Weiß-Szenen erstrecken sich bis zu einem ganz bestimmten Punkt des Films, und laufen bis dorthin chronologisch ab. Diese Szenen sind über den gesamten Film verteilt eingestreut und geben in den Telefongesprächen die Erinnerungen von Leonard wieder.
Im Gegensatz dazu stehen die Farbszenen, welche die eigentliche Geschichte des Filmes erzählen, diese ergeben auf den ersten Blick keinen Sinn, sieht man hier doch eine Aktion, von welcher man überhaupt nicht weiß, warum sie überhaupt passiert, was der Auslöser, was die Vorgeschichte dazu ist. Zumindest bis zur nächsten Szene, welche direkt vor der vorangegangenen spielt, und exakt an der Stelle aufhört, an der die vorangegangene Szene anfing.
Durch diesen Kniff wird dem Zuschauer das gleiche Leiden vermittelt, welches Leonard mit seinen Zetteln, seinen Fotos und seinen Tätowierungen bezwingen will. Man ist genau wie er auf die spärlichen Informationen angewiesen, bis zum Schluss kann man sie nicht richtig zusammensetzen und deuten. Man bekommt es ständig mit zwielichtigen Gestalten zu tun, nie weiß man wirklich ob man diesen Personen trauen kann, oder nicht. Wähnt man sich in einem Moment noch sicher, was die Intentionen der anderen Charaktere angeht, so wirft die nächste Szene wieder alles über den Haufen. Dabei fällt auf, dass wir in jeder Farbszene einen Gedächtnisverlust von Leonard miterleben, welcher circa in der Mitte der Szene stattfindet.
Diese beiden Erzählweisen wechseln sich bis kurz vor Ende des Films immer wieder ab. Das Finale beginnt nun mit einer Schwarz-Weiß-Szene, Leonard beendet das Telefongespräch und macht sich auf den Weg den Mörder seiner Frau zu schnappen. Er erschlägt nun den mutmaßlichen Mörder und knipst zur Erinnerung mit seiner Kamera ein Foto der Leiche. In dem Moment, in dem sich das Polaroid-Foto quasi selbst entwickelt wechselt die Szenerie zum Anfang der Farbszenen, optisch dargestellt durch den sanften Übergang von Schwarz-Weiß zu Farbe.
In diesem Moment ist das Kapitel abgeschlossen und für Leonard beginnt ein Neues, das Kapitel, dessen Ende wir bereits im Vorspann zu sehen bekamen.
Fazit
Ein großartiger Film, der zwar im ersten Moment verwirrt, bei genauerer Betrachtung aber in sich vollkommen schlüssig ist. Man fiebert mit Leonard mit, will dem Geheimnis auf die Spur kommen. Durch die geschickte Erzählweise kann man sich wunderbar in die Hauptfigur versetzen.
Ein Film, der meines Erachtens zu Recht den 1. Preis beim Sundance Film Festival gewonnen hat, sowie für den Oscar und den Golden Globe in der Kategorie „Bestes Originaldrehbuch“ nominiert war.
9/10