Koyaanisqatsi
Koyaanistqasi ist der erste Film einer Trilogie von Godfrey Reggio. Den Inhalt zu beschreiben, dürfte sich wegen seiner Außergewöhnlichkeit als schwierig erweisen. Der gesamte Film besteht im Prinzip fast nur aus Landschafts- und Stadtaufnahmen – mal im Zeitraffer, mal in Zeitlupe; er kommt also völlig ohne Schauspieler und Kulissen aus. Untermalt wird das Ganze mit der großartigen Musik von Philip Glass. Wer ihn nicht kennt: er ist einer der wichtigsten Komponisten der Gegenwart und Vertreter der Minimal Music. Viele adaptieren seinen Sound, einige Stücke werden aber auch im Original genutzt. ‚Pruit Igoe‘ (gehört zum Score von Koyaanisqatsi) fand beispielsweise im GTA IV-Trailer Verwendung, aber auch in Filmen, z.B. Watchmen, kann man das Stück hören.
Die ersten Minuten zeigen ruhige, meditative Szenen von Felslandschaften, die von Wolkenbergen zu bewaldeten Hügeln und ruhigen Seen übergehen, bis schließlich große Strommasten die Idylle optisch zerschneiden. Der Film wechselt in die Stadt und visualiert mit wirksamer Mithilfe der Musik (The Grid) deren Systematik. Nach einem aufschlussreichen Finale klären Zitate von Hopi-Indianern einen Teil der Bedeutung des Films. Der Name Koyannisqatsi heißt übersetzt ungefähr „Leben im Ungleichgewicht“ (Life out of Balance).
Reggios Meisterwerk ist einer der besten Filme, die ich je gesehen hab. Ich liebe Philip Glass’ Musik, die hier perfekt in den Film eingebunden wird. Autos fahren beispielsweise exakt im Rhytmus von ‚The Grid‘ ins Bild, die durch Langzeitbelichtung entstehenden Streifen der Rücklichter in der Nacht scheinen mit der Geschwindigkeit der Musik zu tanzen, der Verkehr stoppt und läuft, wie im steten Takt des Lieds. Zudem begeistern die (wahrhaftig) atemberaubenden Bilder: Ein gigantischer Truck stößt mit seiner maschinellen Kraft in die Szene und schon im nächsten Moment strömt eine riesige tiefschwarze Wolke aus dem Boden, die das komplette Bild einhüllt. An anderer Stelle fallen unter hektischen Tönen riesige Gebäude in sich zusammen oder es explodieren Atombomen. Die Szenen, jede einzelne, auch die Landschaftsaufnahmen, sind derart gewaltig und schön, dass ich manchmal sogar tränende Augen hatte. Jedoch wird man vom Inhalt dieser Szenen wachgerüttet, der total im Kontrast zur ihrer Schönheit steht. Im letzten Kapitel trauert man deswegen umso mehr; ich werde den Mann mit der Schiffermütze nie vergessen. Das Finale ist, lässt man sich auf den Film ein, wie ein Schlag mit dem Hammer. Und das wohlgemerkt ohne Dialog, nur mit Bildern und Musik.
Über den moralischen Hintergrund lässt sich streiten. Mir ist das egal, da zum ersten der Film einfach sensationell ist und zum zweiten der Film genug Interpretationsraum bietet. Daher kann ich ihn jedem empfehlen. So etwas ist echt selten!
10/10