AW: The Fall
So, vor ein paar Tagen habe ich The Fall endlich auch gesehen. Und wie man sieht habe ich ein paar Tage gebraucht, um mir eine Meinung zu bilden.
Mein erster Eindruck war: wow, was für ein visuelles Meisterwerk!!! Die Bilder sind unglaublich und es entsteht eine ganz wunderbare Fantasiewelt, in die man eintauchen kann. Und die Geschichte? Hm...weiß nicht.
Big fish kam mir in den Sinn und dass dort ebenfalls jemand eine fantastische Geschichte erzählt und jemand mit viel Vorstellungskraft sich die schönen Bilder dazu ausdenkt - und ich fand die Geschichte in Big fish besser - aber nur am Anfang. Denn eigentlich haben die beiden Filme nur die Vermischung von Realität und Fantasie gemein, sonst nichts.
Je länger ich über The Fall nachdenke, um so mehr fesselt mich der Film und zwar nicht die Fantasiegeschichte darin, sondern die reale Seite der Erzählung. Der Punkt war meine plötzliche Erkenntnis, dass Roy dem kleinen Mädchen nur eine Geschichte erzählt, um sie als Gegenleistung für seine Zwecke einzuspannen. Das merkt man, als er antestet, was Alexandria mag und seine Geschichte entsprechend anpasst (keine Piraten, denn die mag sie nicht). Sie soll ihm Morphium beschaffen, damit er sich umbringen kann. Und ich dachte: "das ist so was von mies! Der benutzt die Kleine nur...!" Aber warum? Und da wurde das Ganze für mich interessant, denn in der Erzählung tauchten dann Menschen aus der realen Welt auf, die Roy oder Alexandria kannten und Ereignisse, die beide irgendwie verarbeiten mussten. Alles vermischte sich und der Zuschauer erfährt so, worum es überhaupt geht. Roy verwebt darin seinen Liebeskummer, seinen Zorn und seine Todessehnsucht, Alexandria den Tod des Vaters und den Wert von Freundschaft. Und während Roy alles sterben lassen will, findet das Mädchen einen neuen Freund, den es zu retten gilt. In dem Selbstmitleid, in dem er zu ertrinken droht, lässt Roy seinen Helden unter gehen. Aber Alexandria zwingt ihn aufzustehen. Und am Ende weiter zu leben, das ist die Wiedergutmachung, die Roy leisten will/muss, dafür dass Alexandria den Unfall beim Beschaffen der Tabletten erlitten hat.
Und plötzlich weiß ich, was mir passiert ist: die wundervollen Bilder haben mich abgelenkt von der eigentlichen Geschichte. Für die brauchte ich ein paar Tage. Das ist die Gefahr bei diesem Film. Bilder um ihrer selbst willen, auch wenn sie noch so schön sind, können oberflächlich betrachtet Eindruck entstehen lassen, dass das schon alles war, es da sonst nichts gibt. Wenn man der eigentlichen Geschichte (und das ist NICHT die Fantasiegeschichte) dann keine zweite Chance gibt, versinkt der Film in der Kategorie "ganz nett". Man ist als Zuschauer gefordert, sich nicht zu sehr in den Bildern zu verlieren und immer wieder den Zusammenhang zu Realität herzustellen. Man muss folgendes bedenken: die von Roy erzählte Geschichte ist improvisiert. Er will das Mädchen damit ködern und denkt sich irgend etwas aus. Dass das keine bis ins kleinste Detail durchdachte Geschichte sein kann, ist klar. Und so beginnt sie mit Rachedurst und Zorn, denn so fühlt sich der Held momentan. Aber beim erzählen wird sie verändert durch das Mädchen, denn sie will sich damit nicht abfinden.
Davon abgesehen sind die Bilder aber eine ganz außergewöhnliche Umsetzung der blühenden Fantasie eines Kindes. Und da ich die Kurve ja noch gekriegt habe, weil der Film auch grade so im rechten Moment wieder in der Realität ankommt, gibt es 8/10