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Romanverfilmungen sind immer ein schwieriges Unterfangen, da sie die Leser des Romans nicht zu sehr enttäuschen dürfen, aber auch - die Nichtkenner müssen die Geschichte nachvollziehen können und der Film muss auf irgendeine Weise auch unterhaltend sein, damit es nicht zu sehr nach wie eine Kopie des Romans wirkt und vielleicht sogar zu kopflastig erscheint. Leider schaffte es Volker Schlöndorff mit seinem Filmdebüt nur zum Teil, wobei ich dazu sagen muss, dass ich mich intensiv mit dem Roman „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß" von Robert Musil (was ebenfalls das Debüt von Musil darstellt) befasst habe und so war ich automatisch auf eine analytischen Ebenen beim Sichten des Films. Eine kurze Erläuterung der Handlung sollte genügen, um meine nachfolgende Kritik an der Umsetzung des Romans besser zu verstehen. Basini wird eines Diebstahles in einer Militärschule durch drei Mitschüler überführt. Törleß einer dieser Zöglinge will es sofort der Schule melden, aber seine Kameraden Beineberg und Reiting wollen lieber die Situation nutzen, um Basini zu quälen, wobei jeder seine eigenen Interessen verfolgt, denn es geht ihnen nicht um die Zufügung der bloßen Gewalt, sondern sie wollen sich an das Oper Basini schulen und Erfahrungen machen. Den Schauplatz und auch die Atmosphäre der Militärschule wurde sehr gut eingefangen und auch die Inszenierung ist sehr geglückt, aber leider kommt die Botschaft des Buches nicht deutlich genug hervor. Die elementar wichtigen inneren Monologe des Romans wurde überhaupt nicht im Film berücksichtigt, wobei es doch so einfach gewesen wäre dem Hauptdarsteller innere Monologe zu spendieren, denn dadurch wäre die ganze Rolle von Törleß für den Zuschauer schlüssiger und das teils schlechte Schauspiel von Mathieu Carrière wäre kompensiert worden. Auch durch die kurze Laufzeit von nur 84 Minuten fehlen dem Film Schlüsselszenen des Romans, welche das Verhältnis zwischen den Zöglingen deutlich anders darstellen, als sie im Film anzunehmen sind. Auch die Wandlung von Törleß innerhalb des Films wird zu schnell erzählt, sodass weder der Keim der Verwirrung noch die „Auflösung“ intensiv geschildert wird. Die Einführung der Geschichte ist leider, wie auch im Roman zu kurz geraten und hätte auch deutlich mehr Zeit benötigt, damit der Zuschauer die Handlungen der Protagonisten besser nachvollziehen kann. Schlöndorff versucht im Verlauf des Films die Charaktere Reiting und Beineberg durch kleine Details (Szene mit der Ratte), welche im Buch nicht vorhanden sind, zu verdeutlichen, was ich als sehr gelungen empfand, aber leider hätte dieses noch intensiviert werden müssen. Auch die Darstellung der Gewalt im Film zeigt deutlich, im welchem Jahr dieser Film entstanden ist (1966), da sie heute kaum noch erschreckend ist, was einmal mehr beweist, wie abgestumpft der Zuschauer von heute geworden ist. Aus diesen Gründen könnte ich es mir äußerst interessant vorstellen, wenn dieser Roman eine Neuinterpretation bekäme. Schlöndorff hat keine schlechte Arbeit geleistet, aber es ist noch deutlich mehr Potenzial in diesem wichtigen Werk der deutschen Literatur und vielleicht würde auch dann mehr die besondere Sprache des Romans in dem neuen Film berücksichtigt werden.