Boah, neun Jahre Funkstille im Thread. Hier ist ja weniger los als im Keller der Blair-Hexe. Nun denn...
Blair Witch
Fast zwanzig Jahre nach dem Verschwinden von Heather Donahue in den Wäldern um Burkittsville im US-Staat Maryland startet ihr Bruder James eine erneute Suche nach ihr. Der Grund dafür ist ein im Internet aufgetauchtes Video, auf dem er für einen kurzen Moment seine Schwester zu erkennen glaubt. Begleitet wird er von ein paar Freunden, einem ganzen Berg Kameras inklusive Drohne und den zwei Einheimischen, die das Video im Wald gefunden haben wollen...
1999 brachte „The Blair Witch Project“ den Found Footage-Stil ins Mainstreamkino. Seit diesem Zeitpunkt wird man als Horrorfan regelmäßig von verwackelten und verrauschten Bildern heimgesucht, die mehr andeuten als zeigen und qualitativ wahrlich nicht immer zu überzeugen wissen. Denn oftmals dürfte die berüchtigte Wackelkamera nicht allein als Stilmittel, sondern ebenso zur Verschleierung eines niedrigen Budgets gedient haben. Auf „Blair Witch“ trifft das nicht zu, der Film gehört optisch zur „Found Footage-Luxusklasse“. Die Ear-Cameras der Protagonisten sorgen für stimmungsvolle Bilder aus der First Person-Perspektive und dank Drohne gibt’s sogar ein paar (wenn auch seltene) Luftaufnahmen. Insbesondere das rasante letzte Filmdrittel bietet einen guten Mix aus Found Footage-Look und klassischem Horrorfilm, mit dem besonders Klautrophobiker ihren Spaß haben werden.
Die Handlung entspricht weitgehend der des ersten Films. Peters unsinnig erscheinende Suche nach seiner lang verschollenen Schwester dient quasi nur als Vorwand, keine 1:1-Kopie des Originals abzuliefern. Es wurde zwar ein halbherziger Erklärungsversuch eingebaut und kräftig „an der Uhr gedreht“, sehr überzeugend wirkt das aber nicht. Ein großer Storytwist á la Shyamalan bleibt ebenfalls aus. Was nicht unbedingt schlecht sein muss - heutzutage fahren viele Filme ja den ein oder anderen Schlenker zuviel auf.
Die Darstellerriege macht ihre Sache recht gut, wirklich herausstechen kann aber niemand. Einen richtigen Sympathieträger sucht man vergeblich. Dementsprechend ist es relativ egal, wenn ein Teil der Leute nach diversen Jumpscares und Kreischeinlagen verschwinden oder relativ geknickt zurückbleiben. Keine guten Voraussetzungen für ein aufrichtiges Mitfiebern seitens des Zuschauers.
Fazit: Irgendwie erinnert mich „Blair Witch“ an das „Evil Dead“-Remake: Es möchte größer, härter und besser sein, atmet aber irgendwie nicht den Geist des Originals. Denn nicht selten machen gerade die kleinen Unzulänglichkeiten und aus der Not geborenen Eigenheiten den Charme eines Films aus. „Blair Witch“ orientiert sich zwar stark am Original, stellt sich aber durch die professionelle Machart selbst ein Bein. Wie ein räudiger Punksong mit Hochglanzproduktion wrrkt er irgendwie nicht authentisch.. Objektiv gesehen sicherlich kein schlechter Film, bleibt er aber atmosphärisch meilenweit hinter dem Klassiker zurück. Wer gegen eine zeitgemäßere, mainstreamigere Blair-Hexe nichts einzuwenden hat, kann aber durchaus mal reinschauen.
6/10 Punkte